Alle
Israelis sind schuldig:
Brandanschlag auf palästinensische
Familie - Es
ist einfach unmöglich, dem
Brigadegeneral zuzujubeln, dass er
einen palästinensischen Teenager
erschoss und dann schockiert ist,
wenn Siedler einen Brandanschlag auf
ein bewohntes Haus ausüben - Gideon
Levy - 2.August, 2015
Israelis gehen mit
Messern gegen Schwule in der
Love-Parade vor und verbrennen
Kinder. Da gibt es nicht einen Deut
von Verleumdung, und auch nicht die
geringste Übertreibung bei dieser
trockenen Beschreibung. Es stimmt
zwar, dass dies nur Aktionen von ein
paar Extremisten sind. Es stimmt
auch, dass ihre Zahl wächst; es
stimmt, dass jeder einzelne von
ihnen – all die Mörder, jeder, der
Brandanschläge macht, der mit
Messern angreift, der Bäume ausreißt
– dass all diese zum selben
politischen Lager gehören. Aber das
Gegenlager ist mitschuldig.
All jene, die
dachten, es wäre möglich, Inseln des
Liberalismus im Meer des
israelischen Faschismus aufrecht zu
erhalten, wurde dies – ein für alle
Mal - an diesem Wochenende gezeigt.
Es ist einfach nicht möglich, einem
Brigadegeneral, der einen Teenager
erschießt, zuzujubeln und dann über
Siedler geschockt zu sein, die einen
Brandanschlag auf eine Familie
machen; die Rechte der Schwulen zu
unterstützen und dafür eine
Gründungskonferenz in Ariel zu
halten. Das Böse kennt keine
Grenzen; es beginnt an einem Platz
und verbreitet sich schnell in alle
Richtungen.
Der erste Nährboden
für jene, die einen Brandanschlag
auf eine Familie verüben, war die
IDF (israelische
Verteidigungsarmee), auch wenn die
Täter nicht in ihr gedient haben.
Wenn das Töten von 500 Kindern im
Gazastreifen legitimiert wird und
keine Debatte oder eine moralische
Abrechnung auslöst- was ist dann so
schrecklich, ein Haus samt ihren
Bewohnern in Brand zu stecken. Was
ist schließlich der Unterschied
zwischen dem Werfen einer Brandbombe
und dem Abwerfen einer Bombe. Es
gibt keinen Unterschied in der
Absicht,
Wenn das Erschießen
von Palästinensern zu einem fast
täglichen Vorfall wird – schon
wieder wurden seit dem Brandanschlag
getötet: einer in der Westbank, ein
anderer an der Grenze des
Gazastreifens – wer sind wir, dass
wir über die Brandstifter in Duma
Beschwerde führen? Wenn das Leben
der Palästinenser offiziell von der
Armee genommen werden darf, so ist
ihr Blut in den Augen der
israelischen Gesellschaft billig,
dann ist es Siedler-Milizionäre auch
erlaubt, sie zu töten. Wenn es der
Ethik der IDF im Gazastreifen
erlaubt ist, alles zu tun, um einen
einzigen Soldaten zu retten, wer
sind wir dann, dass wir uns über
Baruch Marzel vom rechten
Flügel beschweren, der mir an diesem
Wochenende sagte, es wäre
zulässig, Tausende von
Palästinensern zu töten, um ein
einziges Haar auf dem Kopf
eines Juden zu retten. Dies ist
die Atmosphäre, und dies ist die
Folge. Die ursprüngliche
Verantwortung dafür liegt bei der
IDF.
Nicht weniger
anzuklagen sind natürlich die
Regierungen und Politiker, die mit
einander darüber konkurrieren, wer
sich am meisten bei den Siedlern
einschmeichelt. Wer auch immer ihnen
für ihre Gewalt in der Siedlung Beit
El 300 neue Wohneinheiten gibt, sagt
ihnen nicht nur, dass Gewalt erlaubt
ist, sondern dass es sich bezahlt
macht. Es ist schon schwierig, eine
Linie zwischen dem Werfen von
Plastiktüten voller Urin gegen
Polizisten und dem Brandanschlag in
Wohnungen zu ziehen. Natürlich sind
auch die Behörden anzuklagen, die
das Recht durchsetzen sollen –
fangen wir mit der Distrikt-Polizei
von Judäa und Samaria an, der
lächerlichsten und skandalösesten
von allen Polizei-Distrikten –und
nicht zufällig. Auf neun
palästinensische Wohnungen wurde –
nach B‘tselem - in den letzten drei
Jahren ein Brandanschlag ausgeübt.
Wie viele Leute sind strafrechtlich
verfolgt worden? Keine. Was geschah
also am Freitag in Duma? Das Feuer
war in den Augen der Brandstifter
und ihrer Lakaien einfach besser.
Ihre Lakaien
schließen auch die ein, die
schweigen und vergeben und jene, die
denken, das Übel wird auf immer
innerhalb der Westbank bleiben. Ihre
Lakaien schließen auch die Israelis
ein, die davon überzeugt sind, dass
das Volk Israel das „auserwählte
Volk“ und ihm deshalb alles erlaubt
sei, auch Brandanschläge auf
Wohnungen von Nicht-Juden mit ihren
Bewohnern auszuführen.
Viele von denen, die
von diesem Akt schockiert waren,
einschließlich derjenigen, die die
Opfer im Sheba Medical-Center,
außerhalb Tel Aviv besucht haben –
der Präsident, der
Ministerpräsident, der
Oppositionsführer und ihre
Mitarbeiter haben mit der
Muttermilch das rassistische,
ärgerliche „Du hast uns von allen
Völkern ausgewählt“ eingesaugt.
Am Ende eines
schrecklichen Tages ist es dies, das
uns zum Verbrennen von Familien
führt, die Gott nicht ausgewählt
hat. Kein Prinzip ist in der
israelischen Gesellschaft
zerstörerischer oder gefährlicher
als dieses Prinzip noch mehr
verbreitet. Falls man näher
untersucht, was unter der Haut der
meisten Israelis verborgen ist,
würde man „das auserwählte Volk“
finden. Wenn dies ein fundamentales
Prinzip ist, dann wird der nächste
Brandanschlag nur eine Zeitfrage
sein.
Ihre Lakaien sind
überall und die meisten drücken ihre
Betroffenheit über das aus, was
geschah. Aber was geschah, war von
den Belangen der Realität diktiert,
der Realität Israel und seinem
Wertesystem. Was geschah, wird
wieder geschehen, und keiner wird
geschont. Wir alle waren die
Brandstifter der Dawabsheh-Familie.
(dt. Ellen Rohlfs) |