Henryk M. Broder schreibt ein Tagebuch: Das ist ja Irre! - Abi Melzer - (...) Broder trägt diese Angst mit sich, wie es viele Juden gibt, die zwar nicht mehr im Getto leben, das Getto aber in ihnen lebt. Und wie viele Juden ihre Angst auf Kinder und Kindeskinder übertragen, so versucht Broder seine Angst auf uns alle zu übertragen und hat deshalb Angst vor solchen Juden, die keine Angst haben. Er drückt dann seine Angst durch Häme, Verachtung, Diffamierung und Hass aus und schreib darüber wie jemand, der sich in einem dunklen Wald durch pfeifen Mut macht.

Broder und ich haben gleichzeitig unsere mediale Karriere begonnen. Als ich 1962 die jüdische Jugendzeitschrift KONTAKTE herausbrachte und 1965 Henryk M. Broder in die Redaktion eintrat. Damals begann unser gemeinsamer Marathonlauf. Eine Zeitlang liefen wir gemeinsam bis er eines Tages verschwand. Eben noch hat er geschrieben „Und wenn zugleich ein hoher israelischer General erklärt, die in Israel lebenden Araber seien „Krebsgeschwüre“, dann muss ich befürchten, dass es ein paar Politiker und Militärs in Israel gibt, die bereits eine Form der Endlösung der Araberfrage ins Auge gefasst haben.“ Es war im September 1979. Und kaum zehn Jahre danach waren die Palästinenser für Broder selbst ein Krebsgeschwür. Plötzlich fand ich ihn auf der anderen Seite der Barriere. Plötzlich schien es, als wolle er die Endlösung der Araberfrage.


1989 schrieb er noch sein Zionismus lächerlich machendes Buch „Die Irren von Zion“. Dazu sagt er: „Ich hätte mir gewünscht, dass Israel zu seinem 50. Geburtstag Frieden mit den Palästinensern sucht. Stattdessen ist die Westbank zu einem Abenteuerspielplatz für Verrückte geworden – unter den Siedlern befinden sich kaum gebürtige Israelis, sondern eingewanderte Spätbekehrte aus Frankreich und den USA. Der arbeitslose Lehrer aus Arizona, der eben erst nach Gaza umgezogen ist und jetzt den um die Ecke geborenen Palästinensern weismachen will, dies sei alles sein Land und sie sollten abhauen – das ist ein Prototyp des Irren von Zion.“ Wenn ich nicht sicher wäre, dass Henryk M. Broder das gesagt hat, dann hätte ich noch geglaubt, dass es von mir stammt. >>>