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Gemeinsame Erklärung Bundestagsfraktionen wollen israelische Annexionspläne verurteilen

Union, SPD, FDP und Grüne im Bundestag planen nach SPIEGEL-Informationen eine gemeinsame Erklärung gegen die israelische Annexion von Teilen des Westjordanlandes. Um die Wortwahl wird noch gerungen.
Von Christoph Schult - 19.06.2020

In einer gemeinsamen Erklärung wollen die Fraktionen von Union, SPD, FDP und Grünen die geplante Ausweitung der israelischen Souveränität auf Teile des Westjordanlands als Verstoß gegen das Völkerrecht rügen. Über die genaue Wortwahl wird noch gestritten, aber die vier Fraktionen haben sich darauf verständigt, die neue israelische Regierung in einer gemeinsamen Erklärung vor den Folgen einer Annexion im Westjordanland zu warnen.

Union, SPD, FDP und Grüne sind sich einig, dass sie sich eindeutig hinter die Zweistaatenlösung stellen wollen. Ein lebensfähiger und territorial zusammenhängender palästinensischer Staat, so sehen es die Experten aller vier Fraktionen, würde durch die Einverleibung aller jüdischen Siedlungen, des Jordantals und weiterer Gebiete mit palästinensischer Bevölkerung kaum noch möglich sein.  (...)

Strittig ist noch, wie scharf die Annexion palästinensischer Gebiete in der Erklärung verurteilt werden soll. SPD und Grüne würden gern von einem klaren Bruch des Völkerrechts sprechen. Schließlich sehen mehrere Resolutionen des Uno-Sicherheitsrats vor, dass im Westjordanland ein palästinensischer Staat entstehen soll.

FDP und Teile der Union wollen eine mildere Formulierung, um Forderungen nach Sanktionen entgegenzutreten. >>>

 

Kirchen äußern Kritik an Annexionspläne Israels
Anfang Juli will die israelische Regierung Teile der palästinensischen Gebiete im Westjordanland annektieren. Evangelische und katholische Kirchenvertreter sorgen sich um den Frieden in Nahost.
19.06.2020

Vertreter der beiden großen Kirchen in Deutschland sorgen sich um den Frieden in Israel und Palästina. Die stellvertretende Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, kritisierte die Pläne der israelischen Regierung zur Annexion palästinensischer Gebiete scharf. Eine solche Annexion sei ein Verstoß gegen das Völkerrecht, erklärte Kurschus am Freitag in Bielefeld unter Hinweis auf die Position der Evangelischen Mittelost-Kommission der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die katholische Deutsche Bischofskonferenz sorgt sich um die Situation der Christen in Israel und Palästina. Die israelische Regierung hatte Anfang Juni angekündigt, Gebiete im Westjordanland zu annektieren.

Bischof Ludwig Schick (Bamberg) und Weihbischof Udo Bentz (Mainz) warnten davor, dass die arabischen Christen in der Region einmal mehr zwischen die Fronten geraten. "Sie werden in einer Konfrontation, die auch mehr und mehr religiös aufgeladen wird, kaum noch die Chance haben, vermittelnde Positionen zur Geltung zu bringen", >>>

 

 

 

Präses Kurschus kritisiert Annexionspläne Israels
Die westfälische Präses Annette Kurschus hat die Pläne der Regierung Israels zur Annexion palästinensischer Gebiete scharf kritisiert.

19.06.2020Eine solche Annexion sei ein Verstoß gegen das Völkerrecht, erklärte Kurschus am Freitag in Bielefeld unter Hinweis auf die Position der Evangelischen Mittelost-Kommission der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die israelische Regierung hatte Anfang Juni angekündigt, Gebiete im besetzten Westjordanland zu annektieren.

Die Ankündigungen der israelischen Regierung würden den "radikalen Positionen in Israel und Palästina zuarbeiten" und die Gewalt neu aufflammen lassen, warnte Kurschus in einem Brief an den Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land, Sani Ibrahim Azar. Ein solches Vorhaben gefährdet nach ihren Worten den Frieden, den Wohlstand und die Entwicklung der Gesellschaften im Nahen Osten.  >>>

"Wer weiß, welcher Krieg noch kommt"
Der Historiker Tom Segev ist angesichts der geplanten Annexion des Westjordanlands sicher: Eine Zwei-Staaten-Lösung ist keine Option mehr.
Interview von Alexandra Föderl-Schmid  - 19. Juni 2020

Der israelische Historiker Tom Segev, 75, hat ein Buch über den Sechs-Tage-Krieg 1967 geschrieben, zuletzt ist seine Biografie über Staatsgründer Ben Gurion erschienen. Segevs Eltern flohen 1933 aus Deutschland und ließen sich 1935 in Palästina nieder.

SZ: Benjamin Netanjahu ist als Regierungschef nun ein Jahr länger im Amt als Israels Staatsgründer David Ben Gurion. Er wird immer wieder mit Ben Gurion verglichen. Ist dieser Vergleich zutreffend?

Tom Segev: Ben Gurion hat den Staat 1948 gegründet, als Netanjahu noch gar nicht geboren war. Netanjahu findet einen ausgebauten Staat vor und muss ihn managen. Die Schwierigkeiten und Herausforderungen sind nicht die gleichen. Aber auch Netanjahu ist sehr zurückhaltend, was die Palästinenser betrifft.

Von Juli an will Netanjahu jedoch Teile des Westjordanlandes annektieren. Hat er seine Zurückhaltung aufgegeben?

Netanjahu hatte 13 Jahre Zeit, das Westjordanland zu annektieren. Er hatte Zeit, den Gazastreifen zu erobern. Er hat sich standfest gegen Minister gestellt, die das verlangt haben. Er hat das aus dem gleichen Grund nicht getan, wie Ben Gurion 1948 das Westjordanland, den Gazastreifen und Ostjerusalem nicht hat erobern lassen: Weil dort zu viele Araber leben.  >>>

Sagt nicht, Ihr hättet nichts gewusst!
Newsletter Juni 2020 - 19. Juni 2020

Alle Welt weiß, dass die israelische Regierung die Annexion großer Teile des palästinensischen Westjordanlandes plant. Dieser Plan soll in wenigen Wochen umgesetzt werden.

Jeder Mensch weiß: Diese Annexion verstößt gegen geltendes Völkerrecht.

Wer informiert ist, weiß: Die Annexion dient lediglich der ‘Legitimation’ der faktischen Besetzung und Beherrschung des Landes, das ein palästinensischer Staat hätte werden können. Die 53-jährige Besatzung, in Israel ‘temporärer militärischer Zustand’ genannt, soll als Ein-Staat-Lösung mit unterschiedlichen Rechten für Juden und Palästinenser legitimiert werden.

Wer zuhört, weiß: Netanyahu verspricht, es wird keinen palästinensischen Staat und keine Bürgerrechte für Palästinenser*innen geben. Was immer Abbas jemals angeboten oder vorgeschlagen hat, es bleibt ungehört und bedeutungslos, denn ein Knecht hat seinem Herrn nichts zu sagen.

Wer die Lage vor Ort kennt, weiß: Palästinenser*innen sind tagtäglich in allen Bereichen ihres Lebens extrem eingeschränkt, entrechtet, oft in Lebensgefahr. Leicht vorstellbar, wie es ihnen ergehen wird, wenn sie noch weiter zurückgedrängt werden. Kaum vorstellbar, welche Folgen das haben wird – nicht nur in Palästina, Israel und im Nahen Osten, sondern womöglich als Flächenbrand, der bis nach Europa reicht.

Wer die Geschichte kennt, weiß: Geredet wird permanent, sowohl zwischen Israelis und Palästinensern als auch in der internationalen Gemeinschaft – geschehen tut nichts (Gutes). Die palästinensische Administration arbeitet gezwungenermaßen eng mit Israel zusammen, ist von Israel abhängig, hat aber de facto nichts zu bestimmen. Ändern tut sich nichts – außer dass täglich mehr palästinensisches Land gestohlen wird und die Lebensumstände der Palästinenser*innen sich kontinuierlich verschlechtern. Die Aussichten auf einen eigenen Staat, der völkerrechtlich vorgesehen ist, schwindet zusehends.

Das alles weiß die deutsche Regierung. Doch bis auf Bekundungen von ‘Besorgnis‘,bestenfalls ‘Unmut’, bleiben alle Reaktionen ohne Folgen. Doch Deutschland muss jetzt handeln!

Ermutigend sollte das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte EGMR wirken, das feststellt: die Durchsetzung der Kennzeichnungspflicht von Waren aus einem Besatzungsland, deren Herkunft absichtlich verschleiert wird, ist weder Hetze noch Hass und auch kein antisemitischer Akt, wie Israel es gerne darstellen möchte. Es ist ein Ausdruck freier Meinungsäußerung und in einer Demokratie erwünscht.

Deutschland täte gut daran, dem Urteil des EGMR zu folgen, insbesondere da Deutschland noch in diesem Jahr die Präsidentschaft der EU übernimmt und die Präsidentschaft der IHRA seit März innehat. Die Reaktion dieses Institutes zu der Annexion kann Deutschland in dieser Funktion maßgeblich mitgestalten. Folgt sie weiterhin der merkwürdigen und wissenschaftlich unhaltbaren Antisemitismus-Definition der IHRA, gibt sie der Landesjustiz Rückenwind nicht nur in Fällen von besagtem Boykott. Das Landgericht lässt auch zu, dass der Ruf renommierter Wissenschaftler und hoch geachteter Nahostexperten wie Dr. Reiner Bernstein durch den Antisemitismusvorwurf geschädigt wird.

Wenn die Haltung der deutschen Regierung zur geplanten Annexion „neutral“ bleibt, muss sie sich fragen lassen: Unterstützt Deutschland einen Staat, der unterschiedliche Rechte seiner Einwohner*innen je nach ethnischer Herkunft anwendet? Warum treibt Deutschland mit solch einem Staat Handel, akademischen, wissenschaftlichen und kulturellen Austausch? Wie weit muss Israels Politik gehen, wie viele Palästinenser*innen müssen vertrieben, inhaftiert, verletzt, getötet werden, bis Deutschland einlenkt? Wie laut müssen wir Jüdinnen und Juden in Deutschland noch werden, damit Ihr uns hört?

Wie lange es auch immer dauern mag: Sagt nicht, Ihr hättet nichts gewusst!

Für den Vorstand, Nirit Sommerfeld

 


Jüdische Siedler stürmen, verletzen palästinensischen Teenager bei Bethlehem
19. Juni 2020

Ein 15-jähriger palästinensischer Junge wurde heute mit Blutergüssen und Schnittwunden zurückgelassen, nachdem er laut der palästinensischen Nachrichtenagentur WAFA von jüdischen Siedlern in der Nähe der Stadt al-Khader, südlich der Stadt Bethlehem, angegriffen wurde.

Der örtliche Aktivist Ahmad Salah erzählte der WAFA, dass Wadi' Fadi Salah, 15, von einer Gruppe israelischer Siedler von einem hohen Platz aus gejagt und gestoßen wurde, während er sich in der Nähe seines Hauses im Stadtteil Abu Sud in der Nähe der nur für jüdische Siedler vorgesehenen Umgehungsstraße Road 60 aufhielt. Er erlitt Prellungen und Schnittwunden am ganzen Körper.

Salah wurde zur dringenden Behandlung in ein Krankenhaus in Bethlehem gebracht.

Gewalt von Siedlern gegen Palästinenser und deren Eigentum ist im Westjordanland Routine und wird von den israelischen Behörden nur selten strafrechtlich verfolgt.

"Die Gewalt der jüdischen Siedler sollte nicht getrennt von der Gewalt der israelischen Armee analysiert werden, sondern im größeren Kontext der gewalttätigen zionistischen Ideologie gesehen werden, die die israelische Gesellschaft vollständig beherrscht", schrieb der palästinensische Autor und Herausgeber des Palestine Chronicle, Ramzy Baroud.

"Die Gewalt der Siedler ist längst Teil des täglichen Lebens der Palästinenser unter der Besatzung geworden", so die Menschenrechtsgruppe B'tselem. "Israelische Sicherheitskräfte ermöglichen diese Aktionen, die palästinensische Opfer - Verletzte und Tote - sowie Schäden an Land und Eigentum zur Folge haben. In einigen Fällen dienen sie sogar als bewaffneter Geleitschutz oder beteiligen sich sogar an den Angriffen", so die Menschenrechtsgruppe B'tselem.

Zwischen 500.000 und 600.000 Israelis leben völkerrechtswidrig in ausschließlich jüdischen Siedlungen im besetzten Ostjerusalem und im Westjordanland.  Quelle

 

Israel und die USA verstärken ihre Bemühungen zur Einschüchterung des Kriegsverbrechertribunals in Den Haag
Jonathan Cook - 11. Juni 2020 - Übersetzt mit DeepL

In den fast zwei Jahrzehnten, seit der Internationale Strafgerichtshof eingerichtet wurde, um die schlimmsten Verletzungen der internationalen Menschenrechtsnormen zu verhandeln, wurde er wegen seines äußerst selektiven Ansatzes bei der Frage, wer vor Gericht gestellt werden sollte, heftig kritisiert.

Man stellte sich vor, dass der 2002 geschaffene Gerichtshof als Abschreckung gegen die Aushöhlung einer internationalen Ordnung wirken würde, die eine Wiederholung der Gräueltaten des Zweiten Weltkriegs verhindern sollte.

Solche Hoffnungen überlebten nicht lange.

Der Gerichtshof, der seinen Sitz im niederländischen Den Haag hat, stand fast sofort vor einer schwierigen Prüfung: ob er es wagte, der führenden Supermacht der Welt, den Vereinigten Staaten, entgegenzutreten, da sie einen "Krieg gegen den Terror" auslösten.

Die Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs weigerten sich, die Schwierigkeiten zu begreifen, die die US-Invasionen in Afghanistan und im Irak mit sich brachten. Stattdessen wählten sie die einfachsten Ziele: Zu lange sah es so aus, als würden Kriegsverbrechen immer nur von Afrikanern begangen.

Jetzt scheint der Chefankläger des IStGH, Fatou Bensouda, endlich bereit zu sein, dem Gericht ein paar Zähne zu zeigen. Sie droht damit, gegen zwei Staaten - die USA und Israel - zu ermitteln, deren Handlungen dem Völkerrecht in der Neuzeit besonders schaden.

Das Gericht erwägt, weit verbreitete Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen, die von US-Soldaten in Afghanistan begangen wurden, sowie Verbrechen, die von israelischen Soldaten in den besetzten palästinensischen Gebieten, insbesondere in Gaza, sowie von den für das illegale Siedlungsprogramm Israels verantwortlichen Beamten begangen wurden.

Eine Untersuchung von beiden ist von entscheidender Bedeutung: Die USA haben sich eine Rolle als Weltpolizist geschaffen, während Israels flagrante Verletzungen des Völkerrechts seit mehr als einem halben Jahrhundert andauern.

Die USA sind der mächtigste Täter, und Israel ist der hartnäckigste.

Beide Staaten haben diesen Moment lange gefürchtet - der Grund, weshalb sie sich geweigert haben, das Römische Statut zu ratifizieren, mit dem der IStGH gegründet wurde. In der vergangenen Woche verstärkte US-Außenminister Mike Pompeo die Angriffe der USA auf den IStGH und erklärte, seine Regierung sei "entschlossen, zu verhindern, dass Amerikaner und unsere Freunde und Verbündeten in Israel und anderswo von diesem korrupten IStGH eingeholt werden".

Eine große, überparteiliche Mehrheit der US-Senatoren sandte Pompeo im vergangenen Monat einen Brief, in dem sie ihn eindringlich aufforderten, "energische Unterstützung" für Israel gegen den Gerichtshof in Den Haag sicherzustellen. Israel und die USA haben jeweils versucht, eine Befreiung vom Völkerrecht mit der Begründung zu fordern, dass sie dem Gericht nicht beigetreten sind.

Aber dies unterstreicht das Problem nur noch mehr. Das Völkerrecht ist dazu da, die Schwachen vor Missbrauch durch die Starken zu schützen. Das Opfer vor dem Tyrannen. Ein krimineller Verdächtiger hat nicht zu entscheiden, ob sein Opfer Anzeige erstatten kann oder ob das Rechtssystem ermitteln soll. Dasselbe muss im Völkerrecht gelten, wenn es eine sinnvolle Anwendung finden soll.

Selbst unter Bensouda hat sich der Prozess endlos hingezogen. Es hat Jahre gedauert, bis ihr Amt eine Voruntersuchung durchgeführt und wie Ende April festgestellt hat, dass Palästina unter die Gerichtsbarkeit des IStGH fällt, weil es sich als Staat qualifiziert.

Die Verzögerung machte wenig Sinn, da der Staat Palästina von den Vereinten Nationen anerkannt ist und er vor fünf Jahren das Römische Statut ratifizieren konnte. Das israelische Argument ist, dass Palästina nicht die normalen Merkmale eines souveränen Staates aufweist. Doch wie die israelische Menschenrechtsgruppe B'Tselem kürzlich feststellte, liegt das gerade daran, dass Israel das Gebiet der Palästinenser besetzt und Siedler illegal auf ihr Land gebracht hat.

Israel beansprucht eine Ausnahmeregelung, indem es genau die Verbrechen anführt, die untersucht werden müssen.

Bensouda hat die Richter des Gerichts gebeten, sich zu ihrer Auffassung zu äußern, dass sich die Zuständigkeit des IStGH auf Palästina erstreckt. Es ist nicht klar, wie bald sie ein Urteil fällen werden.

Pompeos Drohungen in der vergangenen Woche - er sagte, die USA würden bald deutlich machen, wie sie zurückschlagen werden - sollen das Gericht einschüchtern.

Bensouda hat davor gewarnt, dass ihr Büro "Fehlinformationen und Verleumdungskampagnen" ausgesetzt ist. Im Januar beschuldigte der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu das Gericht, "antisemitisch" zu sein.

Washington hat Bensouda in der Vergangenheit ein Reisevisum verweigert und gedroht, ihr und den Richtern des IStGH das Vermögen zu beschlagnahmen und sie vor Gericht zu stellen. Die USA haben auch geschworen, alle auf die Anklagebank gesetzten Amerikaner mit Gewalt zu befreien.

Es gibt Anzeichen dafür, dass die Richter jetzt nach einem Schlupfloch suchen. Sie haben Israel und die Palästinensische Autonomiebehörde gebeten, dringend auf die Frage zu antworten, ob die vor mehr als 25 Jahren unterzeichneten vorläufigen Abkommen von Oslo noch rechtsverbindlich sind.

Israel hat argumentiert, dass die fehlende Lösung des Oslo-Prozesses die Palästinenser daran hindert, Staatlichkeit zu beanspruchen. Damit bliebe Israel und nicht der IStGH für die Gebiete zuständig.

Am Montag soll Bensouda ihre Ansicht geäußert haben, dass die Abkommen von Oslo keinen Einfluss darauf haben sollten, ob eine Untersuchung durchgeführt wird. Mahmoud Abbas, der palästinensische Präsident, sagte letzte Woche vor dem Internationalen Strafgerichtshof, die PA sehe sich von ihren Oslo-Verpflichtungen befreit, da Israel unmittelbar bevorstehende Pläne zur Annexion von Teilen der palästinensischen Gebiete im Westjordanland angekündigt habe.

Die Annexion erhielt grünes Licht im Rahmen des "Friedensplans" von Präsident Trump, der Anfang des Jahres vorgestellt wurde.

Die Amtszeit von Bensouda als Staatsanwalt endet im nächsten Jahr. Israel darf hoffen, die Blockade fortzusetzen, bis sie nicht mehr da ist. Elyakim Rubinstein, ein ehemaliger Richter am israelischen Obersten Gerichtshof, rief im vergangenen Monat zu einer Kampagne auf, um sicherzustellen, dass ihr Nachfolger Israel mehr Sympathie entgegenbringt.

Sollte Bensouda jedoch grünes Licht erhalten, würden Netanjahu und eine Reihe ehemaliger Generäle, darunter sein Verteidigungsminister Benny Gantz, wahrscheinlich zum Verhör vorgeladen werden. Sollten sie sich weigern, könnte ein internationaler Haftbefehl erlassen werden, der theoretisch in den 123 Ländern, die den Gerichtshof ratifiziert haben, vollstreckbar wäre. Weder Israel noch die USA sind bereit, die Dinge so weit kommen zu lassen.

Sie haben wichtige Verbündete für den Kampf rekrutiert, darunter Australien, Kanada, Brasilien und mehrere europäische Staaten. Deutschland, der zweitgrößte Geldgeber des Gerichtshofs, hat gedroht, seine Beiträge zu widerrufen, falls der IStGH voranschreitet.

Maurice Hirsch, ein ehemaliger Rechtsberater der israelischen Armee, schrieb im vergangenen Monat eine Kolumne in Israel Hayom, einer Zeitung, die weithin als Sprachrohr Netanjahus angesehen wird, in der er Bensouda beschuldigte, ein "glückloses Bauernopfer palästinensischer Terroristen" zu sein.

Er schlug vor, dass andere Staaten damit drohen, ihre Beiträge zurückzuziehen, den Mitarbeitern des IStGH die für ihre Untersuchungen erforderlichen Reisevisa zu verweigern und sogar das Gericht zu verlassen. Das würde jede Möglichkeit zur Durchsetzung des Völkerrechts zunichte machen - ein Ergebnis, das sowohl Israel als auch die USA erfreuen würde.

Es würde den IStGH zu kaum mehr als einem Briefkasten machen, so wie sich Israel mit Unterstützung der USA darauf vorbereitet, die Annexion des Westjordanlandes voranzutreiben.   Quelle

 

Die Araber beginnen ihre diplomatische Offensive gegen Israels Annexionspläne
Jordanien und die Vereinigten Arabischen Emirate versuchen unter Hochdruck, die Annexion von Teilen des Westjordanlands und des Jordantals zu verhindern. Dabei wendet sich erstmals ein Vertreter der Emirate direkt an die Israeli.
Inga Rogg - 19.06.2020

Die Palästinenser lehnen Donald Trumps «Friedensplans» ab. Dieser ermöglicht Israel die Annexion von bis zu dreissig Prozent des besetzten Westjordanlands und des Jordantals. Die Aufnahme zeigt einen Protest am 25. Februar.

Die Palästinenser lehnen Donald Trumps «Friedensplans» ab. Dieser ermöglicht Israel die Annexion von bis zu dreissig Prozent des besetzten Westjordanlands und des Jordantals. Die Aufnahme zeigt einen Protest am 25. Februar.

In weniger als zwei Wochen kann der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu gemäss dem Koalitionsvertrag die geplante Annexion von Teilen des besetzten Westjordanlands und des Jordantals in Angriff nehmen. Sowohl die EU als auch die Uno und die arabische Welt lehnen das Vorhaben kategorisch ab, weil es nicht nur gegen internationales Recht verstossen, sondern auch einer Zweistaatenlösung mit den Palästinensern den Todesstoss versetzen würde. Die israelischen Befürworter der Annexion haben bisher alle Mahnungen in den Wind geschlagen – auch des Nachbarn Jordanien. Sie sind überzeugt, dass das haschemitische Königshaus Israel mehr brauche als umgekehrt. (...)
Damit die Botschaft bei allen Israeli ankommt, ergriff das emiratische Herrscherhaus einen ungewöhnlichen Schritt und wandte sich direkt an die israelische Öffentlichkeit. In einem auf Hebräisch verfassten Debattenbeitrag in «Yedioth Ahronoth», der grössten Tageszeitung des Landes, warb der Botschafter der VAE in Washington, Yousef al-Otaiba, erstmals offen für einen Ausbau der Beziehungen der beiden Länder.

Die VAE könnten für die Israeli ein «Tor in die Region und die Welt» sein, schrieb Otaiba. Die geplante Annexion würde Israels «Streben nach besseren Sicherheits-, Wirtschafts- und Kulturbeziehungen mit der arabischen Welt» jedoch ein Ende bereiten. Und in einem Video sagte er: «All die Fortschritte, der Austausch und Öffnung, würden mit einem einzigen Schritt untergraben.» >>>

Eine Annexion wäre ein ökonomischer Alptraum
Yarom Ariav warnt vor den ökonomischen Folgen einer Annexion.

Die Einverleibung der Westbank wird die Bürger mehrere Milliarden kosten, die «Annexions-Steuer» wird pro Person auf mehr als 2000 Shekel geschätzt – mitten in der Corona-Krise ist das wirtschaftlich nicht zu verantworten.

Das Versprechen im jüngsten Wahlkampf war klipp und klar. Am 1. Juli, wiederholte Premierminister Benjamin Netanyahu immer wieder, werde er jene Gebiete in der Westbank annektieren, die der sogenannte Jahrhundertplan von US-Präsident Donald Trump Israel zuschlägt. Dieser sieht vor, dass 30 Prozent der Westbank israelisches Staatsgebiet werden, einschliesslich der Siedlungen und des Jordantals.

Doch zwei Wochen vor dem Stichtag sind viele entscheidende Fragen ungeklärt. Eine Landkarte mit den neuen Grenzen ist noch nicht druckreif, die Armee ist über die künftig geltenden Grenzen nicht informiert, keiner weiss, in welchen Teilen der Westbank künftig israelisches Recht gelten soll.

Rücksicht auf Koalitionspartner
- Weil sich eine Verzögerung der Annexion abzeichnet, sucht Netanyahu nach einem Sündenbock. Mit Rücksicht auf seinen Koalitionspartner Blauweiss müsse er bei der Annexion schrittweise vorgehen, sagte Netanyahu diese Woche einer Gruppe von ehemaligen Offizieren. Die Annexion dürfe er laut Trump-Plan nur im Einverständnis mit Benny Gantz vollziehen. Im Gegensatz zu Netanyahu will Gantz den Annexionsplan nicht einseitig umsetzen. Die «Applikation des israelischen Rechts», wie Netanyahu die Annexion nennt, setzt deshalb noch harte interne Verhandlungen voraus. Die Annexion werde deshalb wohl erst im August oder im September erfolgen, sagte neulich ein Likud-Minister in einem Radio-Interview. Wobei der Umfang der Annexion nach wie vor offen ist. Inzwischen versucht US-Botschafter David Friedman, in der Annexionsfrage zwischen den beiden Koalitionspartnern Netanyahu und Gantz zu vermitteln.

Umstrittenes Timing
- Timing und Umfang der Annexion sind auch bei der politischen Rechten umstritten. Einerseits fordern Befürworter der Einverleibung mehr Tempo und sprechen von einer «historischen Chance», die ihnen Trump eröffnet habe. Sie befürchten, dass nach den US-Wahlen ein Präsident ins Weisse Haus einziehen könnte, der nichts von Trumps Jahrhundertplan wissen will. Andererseits lehnt ein Teil der Siedler Trumps Plan ab, weil er nicht nur die Annexion vorsieht, sondern auch die Gründung eines Staates Palästina auf 70 Prozent der Westbank.

Kontrovers wird der Plan auch von Sicherheitsexperten bewertet. Die Annexion des Jordantals sei für Israel notwendig, meint zum Beispiel Yossi Kuperwasser, der ehemalige Chef des militärischen Geheimdienstes. Bei anderen ranghohen Ex-Offizieren stösst die einseitig vollzogene Annexion indes auf scharfe Kritik. Zu ihnen gehört Avi Mizrahi. Als Generalmajor war er von 2009 bis 2012 zuständig für den Zentralabschnitt, zu dem das Militär auch die Westbank zählt. «Ein Friedensvertrag ist die beste Sicherheitsgarantie für Israel», sagt er. Es sei klar, dass Israel an einem Kompromiss mit den Palästinensern nicht vorbeikomme. «Wir Israeli werden hier bleiben. Wir haben keinen anderen Ort. Auch die Palästinenser werden nirgendwo hingehen. Sie sind hier, und wir sind hier. Niemand wird uns nach Europa holen.»

Die wirtschaftlichen Folgen
- Doch es gibt, losgelöst von jeder Ideologie und Sicherheitsstrategie, auch wirtschaftliche Bedenken gegen eine einseitig vollzogene Annexion der ganzen Westbank. «Das wäre ein ökonomischer Alptraum», sagt Yarom Ariav. Der ehemalige Generaldirektor des Finanz-ministeriums gehört zu den wenigen, die die Folgekosten ausgerechnet haben, die eine einseitige Annexion der Westbank nach sich ziehen würde. Dabei geht er davon aus, dass die palästinensische Autonomiebehörde nicht mehr für die Versorgung der Bevölkerung aufkommen würde. Damit müsste Israel die Kosten für das Schulsystem, die Gesundheitsversorgung, die öffentliche Ordnung oder das Abfallwesen übernehmen.

Zusammen mit hochkarätigen Wirtschaftswissenschaftern kalkulierte Ariav vor zwei Jahren, dass die Annexion den staatlichen Haushalt Jahr für Jahr mit 52 Milliarden Shekel oder umgerechnet mit rund 14 Milliarden Franken belasten würde. «Das sind», sagt Ariav, «12,8 Prozent des Budgets.» Hinzu kämen noch einmalige Kosten für den Ausbau der Infrastruktur der Armee, der nötig wäre – zum Beispiel, um die isolierten Siedlungen zu schützen.

Er glaube nicht, dass sich die Regierung über die Kosten einer einseitigen Annexion im Klaren ist, meint Ariav,  >>>

 

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