
Eingesperrt ohne Ende: Leben im Gaza-Streifen
Luca Hubschmied - 11. Mai 2017
10 Tage Aktionen zu 10 Jahren Gaza-Blockade: Mit einer
Veranstaltungsreihe ruft das Forum für Menschenrechte in
Israel/Palästina eine kaum beachtete humanitäre Katastrophe in
Erinnerung. – Gespräch mit der Co-Organisatorin Valentina Maggiulli.
Zehn Aktionstage zu zehn Jahren Gaza-Blockade – was erhofft sich das
organisierende Forum für Menschenrechte in Israel/Palästina von der
Aktion?
Es gibt zwar einen Kreis von Leuten, die sich für die ungelöste
Palästinafrage im Allgemeinen und die Blockade des Gaza-Streifens im
Speziellen engagieren. Mit diesen Aktionstagen möchten wir Leute
über diesen Kreis hinaus interessieren dafür, was es zur
Gaza-Blockade über die auch aus politischen Gründen zurückhaltende
Medienberichterstattung hinaus zu erfahren gibt, wenn Leute reden,
die in Gaza leben oder Gaza aus eigener Anschauung kennen.
Gleichzeitig dienen die Tage zur Lancierung eines Offenen Briefes an
Bundesrat und Parlament mit klaren Forderungen – ein Beitrag, der
über die Aktionstage hinaus wirken soll.
«Es ist eine riesige humanitäre Katastrophe im Gang und niemand
macht etwas.»
Welches sind die Programmschwerpunkte der Aktionstage?
Unsere Ausgangsfrage war: Was sind die wichtigsten Aspekte dieser
Blockade? Vom humanitären Standpunkt aus betrachtet sind es die
Wasserknappheit im Gaza-Streifen, die grossen Probleme der
Gesundheitsversorgung und der schleppende Wiederaufbau der
Infrastruktur nach dem Krieg von 2014. Dann gibt es die
wirtschaftlich-politische Frage der Rüstung. Warum ist die
israelische Waffenindustrie so erfolgreich? Weil ihre Waffen
kriegserprobt sind. Das ist ein starkes Verkaufsargument, an dem
sich zum Beispiel auch die schweizerische Rüstungsindustrie
orientiert. Als dritten Schwerpunkt bieten wir mehrere kulturelle
Veranstaltungen, die auch ein jüngeres Publikum ansprechen könnten.
Sie erwähnen die jüngeren Leute. Ist es nicht so, dass sie den
Konflikt zwischen Israel und Palästina kaum zur Kenntnis nehmen –
vielleicht, weil sie sich sagen, es sei dort ja schon immer so
gewesen?
Es stimmt, in der Schweiz interessieren sich weniger jüngere Leute
für diese Thematik, im Gegensatz etwa zu England oder Italien. Die
Interessierten in der Schweiz sind meist älter, Leute, die die
Region aus eigener Anschauung kennen, die vielleicht früher einmal
in einem Kibbuz waren und sich so auch für die palästinensische
Sicht zu interessieren begannen. Zwar gibt es schon auch junge, die
sich engagieren, auch in der Kerngruppe, die die Aktionstage
organisiert. Aber es wäre schön, wenn wir gerade auch junge Leute
ansprechen könnten. Ich selber arbeite nun seit 13 Jahren an diesem
Thema und ich muss sagen: Es gibt keinen spannenderen
politisch-religiösen Konflikt um Land als den zwischen Palästina und
Israel. Er ist eine grosse Tragödie, aber auch von faszinierender
Komplexität.
Sie sind eben von einer Reise aus Gaza-Stadt zurückgekommen. Wie ist
die Situation im Moment?
Ich habe zwischen 2011 und 2014 in Palästina gelebt und bin seit
2015 immer wieder für Kurzbesuche im Gazastreifen. Ein grosses
Problem ist momentan die extreme Knappheit an Elektrizität, pro Tag
hat man nicht mehr als drei Stunden Strom. Das macht nicht nur den
Alltag sehr schwierig. Die Wirtschaft liegt völlig darnieder, auch
weil Benzin für die Generatoren zu teuer ist. Auch die Spitäler
haben ein Riesenproblem damit, ihre Apparaturen am Laufen zu halten.
Ein anderes aktuelles Thema ist, dass die palästinensische
Autonomiebehörde an die ehemaligen Staatsangestellten nicht mehr die
ganzen Gehälter auszahlt. Das bedeutet zum Beispiel, dass der Konsum
weiter zurückgeht, weil das Geld fehlt, was die Wirtschaft noch mehr
zurückbindet. Im Bereich der Wohnhäuser ist seit dem Krieg zwar
einiges wieder aufgebaut worden. Aber für grössere Anlagen,
Fabriken, Elektrizitätswerke, Kläranlagen fehlen die Baumaterialien.
Ich muss sagen, ich habe bei meinem jetzigen Besuch in Gaza vermehrt
Resignation und Hoffnungslosigkeit beobachtet.
2017 könnte man bei Veranstaltungen zu dieser Region auch 100 Jahre
Balfour-Deklaration, 70 Jahre Nakba oder 50 Jahre Sechstagekrieg zum
Thema machen. Warum setzt das Forum den Fokus auf 10 Jahre
Gaza-Blockade?
Einerseits, weil dieses Thema in der Öffentlichkeit vernachlässigt
wird, die Medien schauen auch aus politischen Gründen weg: Es ist
eine riesige humanitäre Katastrophe im Gang und niemand macht etwas.
Andererseits sind wir der Meinung, dass wir unseren
menschenrechtsbasierten Ansatz an diesem Thema am besten zeigen
können. Und abgesehen davon; Ich kenne auch andere palästinensische
Gebiete und bin der Meinung, dass es den Menschen nirgends
schlechter geht als in Gaza.
Was verstehen Sie unter dem menschenrechtsbasierten Ansatz?
Er bedeutet zum Beispiel, dass Israel – und selbstverständlich auch
Palästina – die einschlägigen UNO-Resolutionen und die
Menschenrechtscharta einhalten muss. Dazu kommt das humanitäre
Völkerrecht, von dem Israel behauptet, es greife im Gaza-Streifen
nicht, weil Israel dort keine Besatzungsmacht sei. Dagegen
appellieren wir an Israel anzuerkennen, dass eine faktische
Besatzung vorliegt, die Unrecht ist und enden muss.
Zehn Jahre Gaza-Blockade heisst auch, dass sich zehn Jahre lang
politisch kaum etwas bewegt hat. Geht das endlos so weiter?
Ich denke, es ist heute wichtig zu verstehen, dass die Leute in Gaza
wirtschaftlich erfolgreich leben könnten ohne diese Blockade. Es
gibt keinen Grund, warum sie sich nicht entwickeln könnten. Die
Leute dort sind sehr gut ausgebildet, weltoffen, motiviert,
resilient – nirgends habe ich resilientere Leute kennengelernt als
in Gaza! Wir dürfen die Menschen nicht nur zu Opfern machen, wir
müssen aufzeigen: Es gibt ein enormes Potential. Die humanitäre
Katastrophe im Gazastreifen ist «manmade», politisch gemacht. Das
ist die Tragödie: Junge Leute mit Master-Titel können aus ihrem
Leben nichts machen, sind seit ihrer Geburt noch nie aus dem
Gaza-Streifen herausgekommen, haben nicht einmal die Perspektive,
dass die Blockade in zwei Jahren vorbei ist. Eine Politik, die
Menschen ein solches Leben aufzwingt, kann man im 21. Jahrhundert
nicht aufrechterhalten. >>>

Mit einem
Fuß ... Die Verwundeten der israelischen Aggression, Dschihad
al-Ghoul, 28, verwandeln ein verlassenes Haus in Gaza in ein
Gemälde.
Gaza
Diaries: Drei Lebensgeschichten während der Coronavirus-Pandemie
"Obwohl ich 2012 und 2014 zwei Kriege als Arzt durchgemacht
habe, war die Angst vor dieser Erfahrung größer als die, die ich
zuvor durchgemacht habe. Die Bedingungen sind weitaus höher als ich
es mir vorgestellt habe."
Walaa Ghussein - 10. Juli 2020 - Übersetzt mit
Google

Palästinensische Künstler malen am 2. April 2020 in einer
Sensibilisierungskampagne über die Ausbreitung der
Coronavirus-Krankheit in Gaza-Stadt ein Wandbild mit dem Titel
"Zuhause bleiben" - Foto: Mahmoud Ajjour
Seit Jahrzehnten haben
Palästinenser in Gaza gelernt, gegen Kräfte zu überleben, die zwar
unsichtbar sind, aber von Menschen hergestellt werden. . . nicht die
Natur. Jetzt ist COVID-19 der tödliche Ausgleich. Die zwei Millionen
Einwohner von Gaza wurden eingeladen, an einer gleichberechtigten
globalen Geschichte teilzunehmen, in der das Virus alle betrifft,
egal wer sie sind oder wie selbstbestimmt und stark sie sonst sein
mögen.
Die Belagerung von Gaza gefährdet Patienten, da der von Israel
kontrollierte Erez-Übergang und die unter ägyptischer Kontrolle
stehende Rafah-Grenze für die meisten geschlossen bleiben. Obwohl
eine begrenzte Anzahl von Personen in den Gazastreifen einreisen
darf, müssen diejenigen, die dies tun, 21 Tage lang unter Quarantäne
gestellt werden.
Anfang März 2020 traf die globale COVID-19-Pandemie die besetzte
palästinensische Region, was den palästinensischen Premierminister
dazu veranlasste, den Ausnahmezustand zu erklären und Beschränkungen
einzuführen, um seine Ausbreitung zu unterdrücken.
Die ersten beiden Fälle von COVID-19 in Gaza wurden am 21. März in
Gaza-Stadt gemeldet. Seitdem ist die Gesamtzahl der Fälle in Gaza
auf 72 gestiegen, mit nur 11 aktiven Fällen des Virus am 10. Juli
und einem Todesfall nach Angaben des Gesundheitsministeriums im
Gazastreifen. Mittlerweile ist der Bezirk Hebron mit 4.155 aktiven
Fällen zum Epizentrum des Virus in Palästina geworden, was die
Gesamtzahl der bestätigten Fälle und die Zahl der Todesopfer in
Palästina auf 6.225 bzw. 30 erhöht.
Helfen Sie uns, unser Spendenziel zu erreichen!
Das Folgende sind drei Tagebücher von Palästinensern in Gaza. Sie
stammen aus verschiedenen Perioden des jüngsten Lebens in Gaza, kurz
vor der Pandemie und nach ihrem Ausbruch. Jedes Tagebuch teilt uns
seine persönlichen Erfahrungen mit und erklärt, was sich am Leben in
Gaza geändert hat und was nicht.
weiter in der Google Übersetzung >>> |

Peter Beinart glaubt nicht mehr an einen Jüdischen
Staat
10. Jul 2020
Der Publizist macht mit einer Multimedia-Kampagne seine Absage an
eine Zweistaaten-Lösung im Palästina-Konflikt bekannt.
Zehn Jahre nach seinem Essay «The Failure of the American Jewish
Establishment» – das 2012 Basis des enorm umstrittenen Buches «The
Crisis of Zionism» wurde, schlägt Peter Beinart einmal mehr Wellen
mit Positionen zu Israel und dem Palästina-Konflikt. Der Sohn
jüdischer Immigranten aus Südafrika hat den Spitzen
amerikanisch-jüdischer Organisationen damals blinde Gefolgschaft
gegenüber israelischen Hardlinern wie Benjamin Netanyahu
vorgeworfen. Dies torpediere eine in Oslo mit den Palästinensern
ausgehandelte Zweistaaten-Lösung, werde Israel zu einer
langfristigen Entrechtung der Palästinensern treiben und am Ende
jüngere und liberale Juden in den USA von Israel entfremden.
Nun hat der 49-Jährige offenkundig jede Hoffnung auf eine solche
Friedensregelung verloren. Beinart verkündet nunmehr, eine
Zweistaaten-Lösung sei angesichts israelischer Siedlungen und
Annexions-Pläne im Westjordanland nicht mehr realistisch.
Stattdessen plädiert Beinart für die Gleichberechtigung von Juden
und Arabern in einer Demokratie vom Mittelmeer bis zum Jordan.
Israel werde deshalb kein «jüdischer Staat» mehr sein können..
>>>

Essay - Yavne: Ein jüdischer Fall für
Gleichberechtigung in Israel-Palästina
Peter Beinart - 7. Juli 2020 - Übersetzt mit DeepL
WAS MACHT EINEN JUDEN -
nicht nur dem Namen nach ein Jude, sondern ein Jude mit gutem Ruf -
heute? In Haredi-Kreisen bedeutet ein echter Jude zu sein, sich an
religiöse Gesetze zu halten. In links-jüdischen Kreisen bedeutet es,
sich für progressive Anliegen einzusetzen. Aber diese Kreise sind
die Ausnahme. Im breiten Zentrum des jüdischen Lebens, in dem Macht
und Ansehen liegen, bedeutet Jude sein vor allem, die Existenz eines
jüdischen Staates zu unterstützen. In den meisten jüdischen
Gemeinden auf der Erde ist die Ablehnung Israels eine größere
Häresie als die Ablehnung Gottes.
Der Grund dafür wird nur selten genannt, meist, weil er als
offensichtlich gilt: Sich einem jüdischen Staat zu widersetzen
bedeutet, einen zweiten Holocaust zu riskieren. Er bringt das
jüdische Volk in existenzielle Gefahr. In früheren Epochen wurden
exkommunizierte Juden als apikorsim, Ungläubige, bezeichnet. Heute
nennt man sie Kapos, Nazi-Kollaborateure. Durch einen historischen
Taschenspielertrick, der Palästinenser zu Nazis macht, hat die Angst
vor der Vernichtung definiert, was es bedeutet, ein authentischer
Jude zu sein.
Ich bin mit diesen Annahmen aufgewachsen, und sie umgeben mich immer
noch. Sie durchdringen die Gemeinschaften, in denen ich bete,
schicken meine Kinder zur Schule und finden viele meiner engsten
Freunde. Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, in diesen Räumen zu
leben und gleichzeitig Israels Handeln öffentlich in Frage zu
stellen. Aber Israels Existenz als jüdischer Staat in Frage zu
stellen, ist eine andere Art der Beleidigung als Menschen, die ich
liebe, ins Gesicht zu spucken und Institutionen zu verraten, die
meinem Leben Sinn und Freude geben. Außerdem ist die jüdische
Staatlichkeit auch für mich seit langem kostbar. Deshalb habe ich
bestimmte rote Linien respektiert.
Leider hat die Realität das nicht getan. Mit jedem Jahr, das
verstreicht, wird klarer, dass jüdische Staatlichkeit die ständige
israelische Kontrolle über das Westjordanland einschließt. Mit jeder
neuen Wahl, unabhängig davon, welche Parteien in die Regierung
eintreten, subventioniert Israel weiterhin die jüdische Ansiedlung
in einem Gebiet, in dem es den Palästinensern an Staatsbürgerschaft,
ordnungsgemäßen Verfahren, Freizügigkeit und dem Recht fehlt, die
Regierung zu wählen, die ihr Leben beherrscht. Israel hat Autobahnen
für diese jüdischen Siedler gebaut, damit sie leicht über die Grüne
Linie - die selten auf israelischen Landkarten erscheint - reisen
können, während ihre palästinensischen Nachbarn an Kontrollpunkten
schmachten. Das Westjordanland beherbergt einen der mächtigsten
Politiker Israels, zwei seiner obersten Richter und seine neueste
medizinische Fakultät.
Nun hat Premierminister Benjamin Netanjahu geschworen, Teile des
Landes zu annektieren, das Israel seit Jahrzehnten brutal und
undemokratisch kontrolliert. Und während ich all dies beobachte,
frage ich mich zum ersten Mal in meinem Leben, ob der Preis für
einen Staat, der Juden gegenüber Palästinensern bevorzugt, nicht zu
hoch ist. Schließlich sind es Menschen - alle Menschen - und nicht
Staaten, die b'tselem Elohim nach dem Bilde Gottes geschaffen
werden.
weiter in der Übersetzung mit Google >>>
Quelle und englischer Text
Auch hier in der Google
Übersetzung:
Peter Beinart unterstützte die Zwei-Staaten-Lösung
- jetzt nicht mehr - Ben Sales - Jerusalem Post - 10. 7.
2020 - In einem Artikel mit 6.700 Wörtern, der am Dienstag
veröffentlicht wurde, sprach sich Beinart für einen binationalen
jüdisch-palästinensischen Staat in dem Gebiet aus, das derzeit
Israel, das Westjordanland und Gaza umfasst. >>> |
VIDEO -
Westjordanland: Europas zweideutige Sprache

Deutschland, Frankreich sowie Israels Nachbarländer Ägypten und
Jordanien warnen die Regierung Netanjahu vor einer Annexion von
Teilen des besetzten Westjordanlands.
Journalist : Marie-Charlotte Roupie - Stéphane Amar - 2020
Wird sich Israel von der
Umsetzung des US-amerikansichen Friedensplans abbringen lassen?
Unser Beitrag zeigt, dass die Signale Europas an die Palästinenser
nicht so robust sind, wie es die Vierstaatenerklärung vermuten
lässt.
Quelle |