
Liste der
durchgesickerten israelischen Ziele: Tel Aviv befürchtet das
Schlimmste bei der Untersuchung von Kriegsverbrechen durch den IStGH
Ramzy Baroud - 30. Juli 2020 - Übersetzt mit DeepL
Palästina-Chronik: Als
der Ankläger des Internationalen Gerichtshofs (IStGH), Fatou
Bensouda, im vergangenen Dezember bestätigte, dass der Gerichtshof
über reichlich Beweise verfügt, um eine Untersuchung von
Kriegsverbrechen im besetzten Palästina durchzuführen, reagierte die
israelische Regierung mit der üblichen Rhetorik, beschuldigte die
internationale Gemeinschaft der Voreingenommenheit und bestand auf
Israels "Recht, sich selbst zu verteidigen".
Neben den Plattitüden und dem typisch israelischen Diskurs wusste
die israelische Regierung nur zu gut, dass eine Untersuchung von
Kriegsverbrechen in Palästina durch den Internationalen
Strafgerichtshof recht kostspielig sein könnte. Eine Untersuchung
stellt an sich schon eine Art Anklage dar. Wenn israelische
Einzelpersonen wegen Kriegsverbrechen angeklagt würden, wäre das
eine andere Geschichte, da es zur rechtlichen Verpflichtung der
IStGH-Mitglieder würde, die Kriminellen festzunehmen und sie dem
Gericht zu übergeben.
Israel blieb öffentlich gefasst, auch nachdem Bensouda im
vergangenen April ihre Entscheidung vom Dezember in einem
60-seitigen Rechtsbericht mit dem Titel "Situation im Staat
Palästina" näher ausgeführt hatte: Antwort der Staatsanwaltschaft
auf die Beobachtungen von Amici Curiae, Rechtsvertretern der Opfer
und Staaten".
In dem Bericht ging der IStGH auf viele der Fragen, Zweifel und
Berichte ein, die in den vier Monaten nach ihrer früheren
Entscheidung vorgelegt oder aufgeworfen wurden. Länder wie
Deutschland und Österreich u.a. hatten ihre Position als amici
curiae - "Freunde des Gerichts" - genutzt, um die Gerichtsbarkeit
des IStGH und den Status Palästinas als Land in Frage zu stellen.
Bensouda bestand darauf, dass "die Anklägerin davon überzeugt ist,
dass es eine vernünftige Grundlage für die Einleitung einer
Untersuchung der Situation in Palästina nach Artikel 53(1) des
Römischen Statuts gibt und dass der Geltungsbereich der
territorialen Zuständigkeit des Gerichtshofs das Westjordanland,
einschließlich Ost-Jerusalem, und Gaza ("besetzte palästinensische
Gebiete") umfasst".
Bensouda nannte jedoch keine endgültigen Zeitvorgaben für die
Untersuchung; stattdessen bat sie die Vorverfahrenskammer des IStGH,
"den Umfang der territorialen Zuständigkeit des Gerichtshofs in
Palästina zu bestätigen", ein zusätzlicher Schritt, der kaum
erforderlich ist, da der Staat Palästina, ein Unterzeichner des
Römischen Statuts, derjenige ist, der den Fall tatsächlich direkt an
die Staatsanwaltschaft verwiesen hat.
Vor allem der Bericht vom April war der Weckruf für Tel Aviv. Von
der ersten Entscheidung im Dezember bis zur Veröffentlichung des
letztgenannten Berichts hat Israel an vielen Fronten Lobbyarbeit
betrieben, die Hilfe von IStGH-Mitgliedern in Anspruch genommen und
seinen größten Wohltäter, Washington - das kein IStGH-Mitglied ist -
angeworben, um den Gerichtshof zu schikanieren, damit er seine
Entscheidung rückgängig machen kann.
Am 15. Mai warnte der US-Außenminister Mike Pompeo den IStGH davor,
die Untersuchung fortzusetzen und insbesondere Bensouda wegen ihrer
Entscheidung, Kriegsverbrecher in Palästina zur Rechenschaft zu
ziehen, ins Visier zu nehmen.
Am 11. Juni verhängten die USA beispiellose Sanktionen gegen den
IStGH: Präsident Donald Trump erließ eine "Durchführungsverordnung",
die das Einfrieren von Vermögenswerten und ein Reiseverbot gegen
IStGH-Funktionäre und ihre Familien genehmigt. Die Anordnung sieht
auch die Bestrafung anderer Personen oder Organisationen vor, die
den IStGH bei seinen Ermittlungen unterstützen.
Die Entscheidung Washingtons, Strafmaßnahmen gegen den Gerichtshof
selbst durchzuführen, der einzig und allein zu dem Zweck
eingerichtet wurde, Kriegsverbrecher zur Rechenschaft zu ziehen, ist
sowohl empörend als auch verabscheuungswürdig. Sie entlarvt auch die
Heuchelei Washingtons - das Land, das behauptet, die Menschenrechte
zu verteidigen, versucht, die rechtliche Rechenschaftspflicht
derjenigen, die die Menschenrechte verletzt haben, zu verhindern.
Nachdem Israel es nicht geschafft hatte, die rechtlichen Verfahren
des IStGH bezüglich seiner Untersuchung von Kriegsverbrechen zu
stoppen, begann es, sich auf das Schlimmste vorzubereiten. Am 15.
Juli berichtete die israelische Tageszeitung Haaretz über eine
"Geheimliste", die von der israelischen Regierung erstellt worden
war. Die Liste enthält "zwischen 200 und 300 Beamte", von Politikern
bis hin zu Militär- und Geheimdienstbeamten, die im Ausland
verhaftet werden können, sollte der IStGH die Untersuchung von
Kriegsverbrechen offiziell eröffnen.
Die Namen beginnen an der Spitze der israelischen politischen
Pyramide, darunter Premierminister Benjamin Netanjahu und sein
derzeitiger Koalitionspartner Benny Gantz.
Die schiere Zahl der israelischen Beamten auf der Liste ist ein
Hinweis auf den Umfang der Untersuchung des IStGH und irgendwie eine
Selbstanklage, da unter den Namen ehemalige israelische
Verteidigungsminister - Moshe Ya'alon, Avigdor Lieberman und Naftali
Bennett; derzeitige und ehemalige Generalstabschefs der Armee - Aviv
Kochavi, Benny Gantz und Gadi Eisenkot sowie derzeitige und
ehemalige Leiter des internen Geheimdienstes, des Shin Bet - Nadav
Argaman und Yoram Cohen, aufgeführt sind.
Respektierte internationale Menschenrechtsorganisationen haben all
diesen Personen bereits wiederholt schwere
Menschenrechtsverletzungen während Israels tödlichen Kriegen im
belagerten Gazastreifen vorgeworfen, angefangen mit der so genannten
"Operation Gegossenes Blei" in den Jahren 2008-9.
Die Liste ist jedoch weitaus umfangreicher, da sie "Personen in
weitaus jüngeren Positionen umfasst, darunter niedrigrangige
Militäroffiziere und vielleicht sogar Beamte, die an der Ausstellung
verschiedener Arten von Genehmigungen für Siedlungen und
Siedlungsaußenposten beteiligt sind".
Israel ist sich also voll und ganz der Tatsache bewusst, dass die
internationale Gemeinschaft nach wie vor darauf besteht, dass der
Bau illegaler Kolonien im besetzten Palästina, die ethnische
Säuberung der Palästinenser und die Überstellung israelischer
Staatsbürger auf besetztes Land völkerrechtlich unzulässig und
gleichbedeutend mit Kriegsverbrechen sind. Netanjahu muss enttäuscht
sein, wenn er erfährt, dass alle Zugeständnisse Washingtons an
Israel unter Trumps Präsidentschaft die Position der internationalen
Gemeinschaft und die Anwendbarkeit des Völkerrechts in keiner Weise
verändert haben.
Darüber hinaus wäre es keine Übertreibung zu argumentieren, dass die
Verschiebung des Plans Tel Avivs, fast ein Drittel des
Westjordanlandes illegal zu annektieren, in direktem Zusammenhang
mit der Untersuchung des Internationalen Strafgerichtshofs steht,
denn die Annexion hätte die Bemühungen der Freunde Israels, die
darauf abzielten, die Untersuchung jemals zu verhindern, völlig
zunichte gemacht.
Während die ganze Welt, insbesondere Palästinenser, Araber und ihre
Verbündeten, immer noch gespannt auf die endgültige Entscheidung der
Vorverfahrenskammer warten, wird Israel seine offene und verdeckte
Kampagne zur Einschüchterung des IStGH und aller anderen
Einrichtungen fortsetzen, die darauf abzielen, israelische
Kriegsverbrechen aufzudecken und israelische Kriegsverbrecher vor
Gericht zu stellen.
Auch Washington wird sich weiterhin bemühen, dafür zu sorgen, dass
Netanjahu, Gantz und die "200 bis 300" anderen israelischen Beamten
niemals vor Gericht landen.
Die Tatsache, dass es eine "geheime Liste" gibt, ist jedoch ein
Hinweis darauf, dass Tel Aviv versteht, dass diese Ära anders ist
und dass das Völkerrecht, das die Palästinenser seit über 70 Jahren
im Stich lässt, ausnahmsweise einmal für ein kleines Maß an
Gerechtigkeit sorgen kann.
- Ramzy Baroud ist Journalist und Herausgeber des Palestine
Chronicle. Er ist Autor von fünf Büchern. Sein jüngstes ist "Diese
Ketten werden zerbrechen": Palästinensische Geschichten von Kampf
und Missachtung in israelischen Gefängnissen" (Clarity Press,
Atlanta). Dr. Baroud ist ein nicht ortsansässiger Senior Research
Fellow am Zentrum für Islam und globale Angelegenheiten (CIGA),
Istanbul Zaim University (IZU). Seine Website lautet
www.ramzybaroud.net.
Quelle |
Rückzieher, Toben und Geschwätz
Omar Karmi - 22 Juli 2020
(...) Israels
Premierminister, Benjamin Netanjahu, ist der offensichtlichere
Angeber. Er versprach, den Diebstahl bereits besetzten
palästinensischen Landes durch die "Annexion" von bis zu 30 Prozent
des Westjordanlandes staatlich abzusegnen.
Doch er tat es nicht. Zumindest hat er es nicht getan. Bis jetzt hat
er es nicht getan.
Aber das ist nicht der Hauptpunkt. Offensichtliches Getöse bedeutet,
dass man etwas tun und dann nicht zu Ende führen wird. Dessen ist er
schuldig, klar. Aber, und vielleicht am unverzeihlichsten für
diejenigen, die Karriere gemacht haben, indem sie sich für Israel
als "Leuchtturm der Demokratie" in einer "harten Nachbarschaft" oder
ähnlichem Kauderwelsch eingesetzt haben, Netanjahu hat Israel mit
seinem Geschwätz auffliegen lassen.
Schließlich tut Israel das, was es am besten kann, im Stillen.
Wann immer eine Rakete ein Nachbarland trifft, ein Feuer auf
mysteriöse Weise eine Fabrik verschlingt, jemand in einem einsamen
Hotelzimmer ermordet wird oder es darum geht, wer in der Region
Massenvernichtungswaffen besitzt, ist Israels Standardantwort, weder
zu bestätigen noch zu leugnen.
Es ist eine Win-win-Strategie. Wenn Sie es getan haben und in
eklatanten Kriegshandlungen oder unter Missachtung der
Atomwaffen-Proliferationsverträge gegen das Völkerrecht verstoßen
haben, können Sie Ihre Hände hochhalten und sagen: Ich war es nicht.
Wenn Sie es nicht getan haben, glauben die Leute immer noch, dass
Sie es waren, und wirken so als ultimative billige Abschreckung.
So annektiert Israel seit 50 Jahren in aller Stille und doch ganz
sichtbar immer mehr besetztes Land und baut eine ganze Infrastruktur
von Siedlungen, um die Entstehung einer unabhängigen Einheit zu
verhindern.
Diese Siedlungen basieren auf Plänen, die nicht nur vor der
Besetzung des Westjordanlandes und des Gazastreifens im Jahre 1967,
sondern auch vor der Gründung des Staates Israel selbst entstanden
sind. All dies beweist unwiderlegbar, dass Israel es mit einer
Zweistaatenlösung, einem "Friedensprozess", nie ernst meinte oder
sich auch nur ein bisschen um die palästinensischen Bestrebungen
scherte.
Es ist alles gut, solange man es nicht öffentlich macht. - Auf
palästinensischer Seite ist das Problem ein Problem, das sich aus
Ängstlichkeit und mangelnder Phantasie ergibt.
Selbst den Unterzeichnern - allen voran Mahmoud Abbas, dem Chef der
Palästinensischen Autonomiebehörde und ihrer Regierungspartei Fatah
- ist seit langem klar, dass der Oslo-Prozess ein Fehlschlag war.
Dennoch benutzte die palästinensische Führung im Westjordanland
weiterhin dieselbe Sprache in derselben Weise für dasselbe Ziel.
Es hat einige Veränderungen in der Herangehensweise gegeben. Anstatt
die Verhandlungen abzuwarten, um dies zu ermöglichen, ging die PA zu
den Vereinten Nationen, um Staatlichkeit anzustreben, und gewann
2012 mit überwältigender Mehrheit in der Generalversammlung
begrenzte Anerkennung.
Dies wiederum hat es ihr ermöglicht, dem Internationalen
Strafgerichtshof beizutreten und ihrer Diplomatie eine neue
Dimension zu verleihen.
Zu Hause ist die PA ein halbwegs funktionierendes Statelet, das
einige Erfolge in den Bereichen Bildung und Innovation verbuchen
kann. Aber die PA zeigt eine immer autokratischere Neigung, wenn sie
wegen ihres Mangels an Strategie oder sogar wegen Wassermelonen
herausgefordert wird.
Noch wichtiger ist, dass ihre Existenzberechtigung - ein
vollwertiger Staat zu werden - auf Schritt und Tritt untergraben
wurde. Eine Annexion wäre die formale Bestätigung dafür gewesen,
dass ein solcher Ehrgeiz einfach nicht mehr möglich war.
Beamte und Gesandte der Palästinensischen Autonomiebehörde brachten
dies nachdrücklich und lautstark zum Ausdruck. Abbas kündigte an,
dass die zuvor mit Israel unterzeichneten Vereinbarungen null und
nichtig seien, einschließlich der vielgepriesenen
Sicherheitskoordination.
Sie wiesen auch darauf hin, dass die Annexion eigentlich nur ein
Ablenkungsmanöver von der Beendigung der Besatzung sei.
Doch gerade als es den Anschein hatte, als käme die palästinensische
Botschaft durch, begannen hochrangige Beamte, einen Rückzieher zu
machen. Tatsächlich begannen sie fast von Anfang an einen Rückzieher
zu machen, wobei ein hochrangiger Beamter klarstellte, dass die PA
zwar die Sicherheitskoordinierung - aus israelischer Sicht der
Eckpfeiler der Osloer Abkommen - beendet hatte, ihre
Sicherheitskräfte aber weiterhin so agieren würden, als hätte sie
das nicht getan.
Jetzt ist die Palästinensische Autonomiebehörde wieder bereit für
Verhandlungen mit Israel, auch wenn es keinen Rückzieher der
israelischen Regierung gegeben hat, sondern nur eine unerklärliche
Verzögerung.
Warum? Ist der Zeitpunkt günstig? Ja, große Teile der Welt - mit der
sehr bemerkenswerten Ausnahme der USA, wo Präsident Donald Trump
einen Plan ausgearbeitet hat, in dem er Israel das Land anbot, das
es annektieren wollte - haben sich gegen den einseitigen Schritt
ausgesprochen.
Aber die Länder der Welt boten keinen gangbaren Weg an, um ihn zu
verhindern, was darauf hindeutet, dass die Botschaft der PA nur eine
geringe Wirkung gehabt hätte.
Der israelische Rückzug hat weniger mit einer diplomatischen
Verurteilung zu tun, auf die wahrscheinlich nie eine wirkliche
Sanktion folgen würde, sondern vielmehr mit einer weltweiten
Wiederausbreitung der Pandemie im Land, und das spielt auch einer
US-Regierung, die sich auf eine Wahl im November vorbereitet, übel
mit.
Der Punkt ist, dass die Zeit für die Art von
Zwei-Staaten-Kompromiss, an dem die PA festhält, vorbei ist. Israel
hat ihn nie gewollt und lange daran gearbeitet, ihn zu untergraben.
Die Welt gibt nur Lippenbekenntnisse ab.
Jetzt, da sogar Jordanien beginnt, über diesen speziellen Rahmen
hinauszudenken, ist es an der Zeit, dass die palästinensischen
Führer eine glaubwürdige Kreativität an den Tag legen.
Quelle |
VIDEO - What’s behind the violent anti Netanyahu
protests rattling Israel's youth

Polizei
soll verdeckt agieren, Spezialkräfte mobilisieren als rechtsextreme
Kräfte die Opposition gegen die für Donnerstag geplante
Anti-Regierungs-Kundgebung
Josh Breiner, Nir Hasson, Bar Peleg - 30. 7.
2020
Die israelische Polizei
"wird keine Gewalt gegen Demonstranten, Zivilisten oder Offiziere
zulassen", sagte der amtierende Kommissar Motti Cohen am Donnerstag
vor geplanten Anti-Regierungsdemonstrationen in Jerusalem und Tel
Aviv. Ähnliche Kundgebungen sind auf eine zunehmend härtere Reaktion
der Polizei sowie auf Angriffe rechtsextremer Aktivisten auf
Demonstranten gestoßen.
"Wir werden weiterhin Demonstrationen im ganzen Land zulassen,
unabhängig von ihren Botschaften oder der Identität der
Demonstranten", sagte Cohen und versprach, "Ausschreitungen" zu
unterbinden.
Ihm zufolge "ist die Polizei keine politische Körperschaft ... Wir
werden die Rede- und Protestfreiheit jedes Bürgers im Rahmen des
Gesetzes gewährleisten. Die Mehrheit protestiert rechtmäßig, und wir
als Polizeibeamte müssen sicherstellen, dass sie ihre Rechte ausüben
können.
Von der Polizei wird erwartet, dass sie ihre Präsenz verstärkt, da
Gruppen aus dem rechtsextremen Lager, vor allem der La
Familia-Fanclub der Fußballmannschaft Beitar Jerusalem, die
Mitglieder aufgefordert haben, herauszukommen und
regierungsfeindlichen Demonstranten zu zeigen, dass "sich die
Spielregeln geändert haben".
La Familia - der Name der Gruppe wurde aufgrund ihrer Verbindung zur
Mafia bewusst gewählt - , hat bereits an zwei Gegendemonstrationen
in Jerusalem teilgenommen, und ihre Mitglieder wurden beschuldigt,
Protestierende angegriffen zu haben. Nun wies die Gruppe ihre
Mitglieder in einem Facebook-Posting an, sich am Donnerstagabend in
Jerusalems erstem Stationskomplex zu versammeln, unweit des
Protestzentrums in der Nähe des Amtssitzes von Premierminister
Benjamin Netanjahu.
Die Erklärung fuhr fort: "Achten Sie auf linke Weicheier: Die
Spielregeln haben sich von nun an geändert", so die Erklärung
weiter.
Berichte, die Haaretz erhalten hat, zeigen, dass Mitglieder von La
Familia von Netanjahus Likud zu Protesten eingeladen wurden, die die
Partei organisiert hatte. In einem Video, das Haaretz erhalten hat,
ist einer der Pro-Netanjahu-Protestler zu hören, der sie als "eine
Gruppe von Helden" bezeichnet und sagt, dass die "Linke erledigt
ist". Er ist auch zu hören, wie er die Zuschauer dazu aufruft, "zu
erzählen, wie La Familia hierher kam, und dies wird ihr Ende sein".
Während des Protests wurde ein junges Mitglied von La Familia ans
Mikrofon gerufen und nannte linke Demonstranten "die Schlimmsten des
Abschaums" und fügte hinzu: "Sie sind keine Juden, sie sind keine
Juden, dies ist ein Religionskrieg, einfach ein Religionskrieg, und
ihr seid ein Haufen Hurensöhne".
Die israelische Polizei bereitet sich darauf vor, ihre Präsenz bei
den Protesten am Donnerstagabend angesichts des Aufrufs von La
Familia zu verstärken. Aufgrund der Befürchtung, dass die Gruppe
versuchen wird, Demonstranten anzugreifen, und aufgrund der
gewaltsamen Übergriffe auf Demonstranten bei einer Demonstration in
Tel Aviv am Dienstagabend wird die Polizei wahrscheinlich mehr
Beamte in den Komplex der Ersten Station und die Residenz des
Premierministers schicken, einschließlich Undercover- und
Spezialeinheiten an beiden Orten.
Sie haben auch die Gruppe "Protest Watch" gegründet, die eine Reihe
von Zielen verfolgt: Bewachung der Demonstranten auf ihrem Heimweg,
Aufspüren der Provokateure und Verhinderung von Vandalismus. "Wenn
ein einziger Stein geworfen wird, ist der Protest zerstört, und ein
einziges Plakat von Netanjahu in SS-Uniform zerstört ihn auch",
sagte Dvir Kariv, ein Mitglied von Protest Watch. Kariv arbeitete 33
Jahre lang im Shin-Bet, fast 20 davon als Teil der Einheit, die
gegen jüdische Extremisten ermittelt. Kariv war auch der erste, der
Yigal Amir befragte, nachdem er Premierminister Yitzhak Rabin
ermordet hatte.
"Wenn wir eine Provokation und einen Provokateur entdecken, der ihre
Aktionen trotz unserer Bitten nicht einstellt, umgeben wir sie mit
israelischen Flaggen und rufen die Polizei", sagte Kariv. Er
berichtet, dass einer Frau bei einem Protest in Jerusalem eine
Flasche an den Kopf geworfen wurde. Der Vorfall wurde nie gemeldet,
weil sie nicht verletzt wurde, sagte er, aber "es schafft ein
Phänomen, bei dem die Menschen Angst haben". Das Ziel der Gruppe ist
es also, diese Angst zu zerstreuen, indem sie den Demonstranten eine
Eskorte zur Verfügung stellt und die Polizei ruft, wenn die Spannung
steigt.
In einem anderen Projekt, das von der politischen Aktivistin und
Fernsehmoderatorin Emilie Moatti ins Leben gerufen wurde, sammelten
linke Aktivisten Geld, um eine Sicherheitsfirma zum Schutz der
Demonstranten zu beauftragen. Ein Teil des Geldes wird verwendet, um
Körperkameras für Freiwillige zu kaufen. "Ich bin heute Morgen mit
vielen Nachrichten über Freunde aufgewacht, die bei dem Protest in
Tel Aviv Schläge einstecken mussten", sagte Moatti. "Am Anfang
twitterte ich, dass wir vielleicht etwas Sicherheit für diese
Menschen organisieren sollten. Danach dachte ich, wir sollten es
tun, anstatt darüber zu schreiben." Innerhalb von drei Stunden,
nachdem sie den Spendenlink weitergegeben hatte, sammelte sie 30.000
Schekel.
Die Organisatoren raten den Demonstranten, in großen Gruppen
teilzunehmen und Notfall-Telefonnummern griffbereit zu halten. "Im
Gegensatz zu der Person, die des kriminellen Fehlverhaltens
beschuldigt wird (Netanjahu), kümmern wir uns um einander", sagte
Roee Peleg, eine der Organisatoren. "Ich höre von Menschen, die
davon abgehalten werden, teilzunehmen, aber sie haben keine Angst.
Die Menschen wollen ihr demokratisches Recht ausüben, aber sie sind
nicht gekommen, um sich erstechen oder mit Pfefferspray besprühen zu
lassen. Jeder Schlag, den ein Demonstrant erlitten hat, ist die
Schuld der israelischen Polizei und auch des Angeklagten.

Polizeiquellen haben kritisiert, wie die israelische Polizei mit dem
Anti-Polizei-Brutalitätsprotest am Dienstagabend in Tel Aviv
umgegangen ist, der vor dem Haus des Ministers für öffentliche
Sicherheit, Amir Ohana, stattfand. Die Quellen kritisierten die
unzureichende Planung der Veranstaltung und wie es den Demonstranten
gelang, die öffentliche Ordnung zu stören. Die Polizei von Tel Aviv
zeigte sich dagegen zufrieden, dass sie die Demonstranten nicht
daran gehindert hat, zu demonstrieren.
Die israelische Polizei untersucht einen Vorfall, bei dem
Protestierende von Fans der Fußballmannschaft Maccabi Tel Avivs
angegriffen wurden, während sich die Polizei in unmittelbarer Nähe
aufhielt. Eine Polizeiquelle sagte, dass sie bei einem über die
Stadt verteilten Protest nicht ständig anwesend sein könne und dass
die Polizei sofort reagierte, als sie den Anruf erhielt.
Dvir Kariv sagte, es sei nur eine Frage der Zeit, bis es einen
weiteren politischen Mord gebe, und nicht unbedingt den eines
Politikers. "Wir sind Wochen von dem politischen Mord an einem
Protestierenden entfernt. Aufgrund von Gesprächen, die ich auf rein
professioneller Basis geführt habe, ist die Situation jenseits
meiner Ansichten sehr reif für einen Mord", sagte er.
"Die Reaktionen der Politiker heute verstärken und beschleunigen den
Prozess nur noch. Der Geheimdienst der Polizei hat es sehr schwer,
jemanden zu vereiteln, der mit einer Granate zu einem Protest
kommt", sagte Kariv und fügte hinzu: "Es ist nicht Yigal Amir, der
kein einsamer Angreifer war, und das ist uns auch nicht gelungen".
Quelle
|
*Wut und
Widerstand*
Palestine Update Nr. 389 - 21.Juli 2020
Meinung - Ranjan
Solomon - Tyrannei hat ihre Grenzen. An dem Punkt, wo die
Grausamkeit alle tolerierbaren Grenzen überschreitet, werden die
Unterdrückten eine Grenze ziehen. Der Unterdrücker mag eine große
Zahl von Menschen zerstört haben, und auf bösartigste Weise. Der
Geist einer Revolution und der Widerstand durch ein Volk, das durch
unüberlegte Folterer in Wut versetzt wurde, egal, wie mächtig deren
Kriegsausrüstung ist, wird Waffen und Uniformen in welcher Weise
immer vernichten, um die Unterdrückung auszumerzen …
Subcomandante Marcos, identifiziert als Rafael Sebastián Guillén
Vicente, der 1994 im Staate Chiapas eine Rebellion anzettelte, die
später als politische Bewegung zur Verteidigung der Rechte der
einheimischen Bevölkerung auftrat, sagte die berühmt gewordenen
Worte: „Enteignung von Land und Boden der Einheimischen, und Gewalt
gegen jedermann, der dem im Wege steht, sind Teile des Krieges des
Kapitalismus“. Chiapas gehörte jahrhundertelang zu den vordersten
Frontlinien für solche Ressourcen- und Landkonflikte.
Für Marcos und die Zapatistas liegt die Hoffnung auf die Überwindung
von Unterdrückung bei Volksbewegungen. Seine Überzeugung war, dass
„große Umwälzungen nicht oben beginnen oder mit monumentalen und
weitläufigen Taten“, erklärte Marcos, „sondern mit Bewegungen, die
ganz klein sind und den Politikern und Analytikern von oben als
irrelevant erscheinen. Die Geschichte wird nicht umgeformt durch
vollgepackte Plätze und wütende Mengen, sondern, wie (der
Sozialwissenschaftler) Carlos Aguirre Rojas betont, durch das
organisierte Gewissen von Gruppen und Kollektiven, die einander
erkennen und von unten und links eine andere Politik machen.“
Es basiert auf der Überzeugung, dass Freiheit jetzt möglich ist und
sein wesentlicher Bestand-teil der ‚Optimismus des Willens‘ ist.
Ramzy Baroud fordert jene heraus, die ihre Hoffnung aufgegeben haben
und am status-quo festhalten, und die glauben, dass Veränderung ihre
eigene Zeit braucht und eine neue Generation, um die Veränderung
herbeizuführen. Er bezieht sich auf das, was er als den ‚Diskurs der
Hoffnungslosigkeit‘ bezeichnet, so Zustimmung heischend das klingen
mag wegen der existentiellen Wirklichkeit, angetrieben durch
Verzagtheit und Ablehnung. Seine Behauptung ist, dass „quer durch
die Geschichte jede große Erneuerung, die Freiheit und ein Maß an
Gerechtigkeit für irgendeine Nation gebracht hat, erreicht wurde
trotz anscheinend unübersteigbarer Hindernisse“. Er stellt die
prüfende Frage: „In der Tat, wer hätte gedacht, dass das algerische
Volk fähig sein würde, den französischen Kolonialismus zu besiegen,
als seine Instrumente für die Befreiung noch so rudimentär waren im
Vergleich zu den ehrfurchtgebietenden Kräften des französischen
Militärs und seiner Verbündeten?“ Die Behauptung von Baroud ist,
Freiheit ist möglich, aber sie fordert den ‚Optimismus des Willens‘.
Es geht darum, wie Wut und Widerstand gegen die Bosheit Freiheit
zusichern werden, was immer es kostet. Ranjan Solomon
*“Freiheit“ ist die Freiheit, kritisch nachzufragen und die Welt zu
verändern. Mit anderen Worten, Personen sind frei, wenn sie in der
Lage sind zu verstehen und ihre eigenen Bedingungen zu verändern …
Diese Art von Freiheit ist ein erstrangiges Ziel für alle Menschen,
„die unentbehrliche Bedingung für die Suche nach menschlicher
Vollendung.“
(Paulo Freire)*

(Bild:
Israelis kommen zusammen, um eine Protestdemonstration gegen den
israelischen Annexionsplan für die illegalen Siedlungen in der
Westbank und im Jordantal durchzuführen; in Tel Aviv, Israel, am 6.
Juni 2020 (Nir Keidar /Anadolu Agency) Israelis versammeln sich zu
einer Demonstration, um gegen Israels Annexionsplan für die
illegalen Siedlungen in der Westbank und im Jordantal zu
protestieren.
*Optimismus des Willens: ‚Palästinensische Freiheit
ist jetzt möglich‘*
Auszüge aus einem Artikel von Ramzy Baroud
ausgewählt von Ranjan Solomon
In einer kürzlich
stattgefundenen TV-Diskussion (abgedruckt in Middle East Monitor)
erklärte der bekannte pro-palästinensischer Journalist und Buchautor
Ramzy Baroud, dass, wenn ein positiver Wechsel oder eine
Transformierung in dieser tragischen palästinensischen Saga je
stattfinden würde, so geschähe dies sicher nicht jetzt; es würde
eine ganze neue Generation brauchen, um einen solchen
Paradigmen-Wechsel zustande zu bringen.
So harmlos diese Deklaration auch erschienen mag, sie bekümmerte
mich sehr. Ich habe diese Zeile wieder und wieder gehört, oft
wiederholt von wohlwollenden Intellektuellen, deren Erfahrungen in
Forschung und Schreiben über den sogenannten
‚Palästinensisch-israelischen Konflikt‘ einige von ihnen in den
Pessimismus getrieben haben, wenn nicht in die Verzweiflung.
Der ‚Diskurs über die Hoffnungslosigkeit‘ ist vielleicht verstehbar,
wenn man die fühlbar störende grundsätzliche Realität, die immer
mehr einschnürende israelische Okkupation, die geplante Annexion von
besetztem palästinensischen Land in der Westbank, die schändliche
arabische Annäherung an Israel, die taubmachende Stille der
internationalen Gemeinschaft und die Wirkungslosigkeit der
palästinensischen Quisling-Führung überprüft. Sich dieser Logik zu
verschreiben ist nicht nur selbstvernichtend, sondern ebenso
unhistorisch. Durch die ganze Geschichte wurde jede große
Errungenschaft, die Freiheit und ein Maß für Gerechtigkeit für jede
Nation gebracht hat, verwirklicht trotz anscheinend unübersteigbarer
Handikaps.
In der Tat, wer hätte gedacht, dass das algerische Volk fähig
gewesen wäre, die französische Kolonisation zu vernichten, wo doch
deren Instrumente zur Befreiung so rudimentär waren im Vergleich zu
den ehrfurchtgebietenden Kräften des französischen Militärs und
seiner Verbündeten? Dieselbe Anmerkung gilt auch für andere moderne
historische Erfahrungen von Vietnam bis Südafrika und von Indien bis
Kuba. Palästina ist keine Ausnahme.
Dennoch, der „Diskurs über die Hoffnungslosigkeit“ ist nicht so
allgemein wie es den Anschein haben könnte. Er wird angetrieben
durch den ständigen Fehlschlag, die zentrale Lage des
palästinensischen Volkes – oder in unserem Falle jedes anderen
Volkes – in seiner eigenen Geschichte anzuerkennen. Zusätzlich nimmt
er an, dass die Palästinenser – gerade heraus gesagt – unfähig sind.
Interessanterweise hat das palästinensische Volk, während viele
Nationen noch mit dem Konzept der nationalen Identität ringen,
bereits ein verfeinertes Gefühl für moderne kollektive Identität und
nationales Bewusstsein entwickelt. Allgemeine Massenstreiks und
ziviler Ungehorsam, die das Britische Empire und die zionistische
Siedlerbewegung in Palästina herausforderten, begannen vor fast 100
Jahren und gipfelten in dem sechs Monate dauernden Generalstreik
1936. Seit damals war Volkswiderstand, der im Zusammenhang steht mit
einem bestimmten Gefühl für nationale Identität ein Hauptgegenstand
in der palästinensischen Geschichte. Er war ein prominentes Merkmal
der Ersten Intifada, des Volksaufstandes von 1987.
Die Tatsache, dass die palästinensische Heimat verloren war trotz
des verstärkten Bewusstseins der palästinensischen Massen zu dieser
Zeit, ist kaum hinweisend auf die Fähigkeit des palästinensischen
Volkes, politische Ergebnisse zu bewirken. Von Zeit zu Zeit haben
die Palästinenser rebelliert und mit jeder Rebellion alle Parteien
einschließlich Israel und die Vereinigten Staaten gezwungen, ihre
ganzen Strategien zu betrachten und zu überholen.
*Ein gewichtiger Punkt war die Erste Intifada* - Als am 8.
Dezember 1987 Tausende aus dem Jabaliya Flüchtlingslager, dem
dichtest bevölkerten und ärmsten Flüchtlingslager im Gazastreifen,
auf die Straße gingen, war die Zeit und der Ort ihrer Erhebung
bestens geeignet, vernünftig und notwendig. Am Beginn dieses Tages
fuhr ein israelischer Lastkraftwagen in einen Konvoy von Autos, die
palästinensische Arbeiter beförderten, und vier junge Männer tötete.
Für Jabaliya wie für den Rest von Palästina war dies der endgültige
Anpfiff. Die Antwort auf die Gesänge und Klagen der Trauernden in
Jabaliya war Gaza innerhalb von Tagen die Brutstätte für eine
wirkliche Revolution, die aus sich selbst angetrieben und
unerschütterlich war. Auf die Gesänge der Palästinenser im Streifen
antwortete die Westbank und das Echo erklang ebenso laut in den
palästinensischen Städten, wie auch jenen, die in Israel lagen.
Die ansteckende Energie erfasste sinnbildlich Kinder und junge
Erwachsene, die verlangten, die Identitäten ihrer Vorfahren
zurückzugewinnen, die innerhalb von Regionen, Ländern und
Flüchtlingslagern schauderhaft verunglimpft und zerbröselt worden
waren. Die Intifada – wörtlich das „Abschütteln“ – sandte eine
kräftige Botschaft an Israel, dass das palästinensische Volk am
Leben war und noch in der Lage, alle kolonialen Bemühungen Israels
über den Haufen zu werfen. Die Intifada konfrontierte auch das
Versagen der palästinensischen und arabischen Führungen, indem sie
auf ihre partei-eigenen und nach ihrem Selbst suchenden Politiken
bestand.
Tatsächlich waren die Madrider Gespräche 1991 zwischen
Palästinensern und Israelis gemeint als ein politischer Kompromiss
zwischen Israel und Amerika mit dem Ziel, die Intifada im Austausch
für die Anerkennung der „Palestine Liberation Organization“ (PLO)
als Repräsentant für das palästinensische Volk anzunehmen. Die
Osloer Übereinkommen, die von Yasser Arafat und Israel 1993
unterschrieben wurden, zerschlugen die Gewinne der Intifada und
ersetzten letztendlich die demokratischer aufgestellte PLO durch die
korrupte Palestinian Authority (PA).
Aber sogar dann blieb das palästinensische Volk am Zurückkommen und
forderte in seiner eigenen Art die zentrale Bedeutung in diesem
Kampf. Der Große Rückkehrmarsch in Gaza ist nur eine der vom Volk
angetriebenen Initiativen. Palästinas größte Herausforderung in der
Bewegung ist nicht der Fehlschlag des Volkes, sich als ein Faktor in
der Befreiung seines eigenen Landes einzutragen, sondern die
Unfähigkeit seiner Quisling-artigen Führerschaft, das riesige
Potential der Energien von Palästinensern wo immer einzusetzen, um
eine fokussierte und strategische, anti-koloniale Befreiungskampagne
auf den Weg zu bringen.

Der Mangel an Vision geht zurück auf die späten 1970er, als sich die
palästinensische Führungsgruppe bemühte, sich politisch mit
Washington und anderen Regierungen im Westen zusammen zu tun,
kulminierend in dem durchdringenden Gefühl, dass die Palästinenser
ohne die politische Wertschätzung der USA immer marginal und
belanglos bleiben würden. Nach Jahrzehnten des Werbens nach den
Erwartungen und Diktaten von Washington kehrte die palästinensische
Führerschaft zuletzt mit leeren Händen zurück, wie der derzeitige
„Deal des Jahrhunderts“ der Administration von Donald Trump zuletzt
bewiesen hat.
Ich habe vor kurzem mit zwei jungen weiblichen palästinensischen
Aktivisten gesprochen: die eine hat ihre Lebensbasis in dem
belagerten Gaza, die andere in der Stadt Seattle. Ihr vorwärts
gerichteter Diskurs ist für sich selbst schon ein Zeugnis dafür,
dass der Pessimismus einiger Intellektueller das Denken dieser
jungen palästinensischen Generation nicht trifft, und es ist
überhaupt nicht nötig, die kollektiven Bemühungen dieser sprießenden
Generation dem Aufkommen einer ‚besseren‘ vorweg zu nehmen.
Malak Shalabi, Jus-Studentin in Seattle, bringt keine Botschaft der
Verzweiflung, sondern eine der Aktion. „Es ist wirklich wichtig für
jede/n Palästinenser/in und jede/n Menschen-rechtsaktivisten/in, die
palästinensische Sache mitzutragen, egal, wo sie sind, und es ist
gerade jetzt besonders wichtig“, erzählte sie mir. „Gerade jetzt
gibt es hier in den Vereinigten Staaten Wellen von sozialen
Bewegungen rund um die Zivilrechte für die Schwarzen und für andere
Themen, die gerade für den Mainstream brisant werden – Gleichheit
und Gerechtigkeit. Als PalästinenserInnen ist es uns wichtig, dass
wir die palästinensische Sache ebenso (zu den Anliegen des)
Mainstreams machen“, fügte sie hinzu.
„Es geschieht hier in den Vereinigten Staaten sehr viel unter
palästinensischen Aktivisten an der Basis, auf sozialem,
wirtschaftlichem und politischem Gebiet, um sicher zu gehen, dass
die Verbindung zwischen ‚Black Lives Matter‘ und Palästina
passiert“, fügte sie hinzu. Wafaa Aludaini in Gaza ihrerseits
erzählte von den unentwegten Bemühungen ihrer Organisation – der
‚Gruppe vom 16. Oktober‘ – Gemeinschaften in aller Welt anzuspornen,
ihren Teil beizutragen zur Enthüllung von Kriegsverbrechen in Gaza
und um die sich hinziehende Belagerung im verarmten Streifen zu
beenden.
„Palästinenser und Aktivisten für Palästina draußen sind wichtig,
denn sie machen unsere Stimmen außerhalb von Palästina hörbar, zumal
die Mainstream-Medien nicht (die Wahrheit) darüber berichten, was
hier passiert“, sagte sie mir. Damit alle diese Bemühungen Erfolg
haben, „müssen wir alle uns vereinigen“, versicherte sie und bezog
sich auf die palästinensischen Leute zu Hause und in der Diaspora,
und genauso die ganze pro-palästinensische Solidaritätsbewegung
überall. Die Worte von Malak und Wafaa werten die wachsende
Solidarität mit Palästina in der BLM-Bewegung (Black Lives Matter)
auf ebenso wie mit vielen anderen Bewegungen für Gerechtigkeit in
der ganzen Welt.

Am 28. Juni twitterte die UK-Stelle des BLM, dass sie „stolz“ zu der
Solidarität mit den Palästinensern steht und die Pläne Israels,
große Gebiete der Westbank zu annektieren, zurückweist. BLM ging
noch weiter und kritisierte die britische Politik als „sich mundtot
machen zu lassen in der Kritik des Zionismus und Israels
siedler-koloniales Vorgehen“. Die Forderung wiederholend, dass eine
ganze neue Generation die derzeitige ablösen müsse, damit eine
Veränderung in Palästina stattfinden könne, ist eine Beleidigung –
obwohl manchmal unbeabsichtigt – für Generationen von
Palästinensern, deren Kampf und Opfer in jedem Aspekt
palästinensischer Existenzen gegenwärtig sind. Einfach, weil die
gegen die Freiheit der Palästinenser angehäuften Handicaps momentan
als zu groß erscheinen, rechtfertigt das nicht die Abwertung einer
ganzen Nation, die so viele Kriege, sich hinziehende Belagerungen
und nicht beschriebene Härten überlebt hat. Darüber hinaus ist die
nächste Generation nur eine Weiterentwicklung des Bewusstseins der
derzeitigen. Sie können nicht auseinandergenommen und separat
analysiert werden.
In seinen „Tagebüchern aus der Gefangenschaft“ prägte der
anti-faschistische Intellektuelle, Antonio Gramsci, den Begriff
„Pessimismus des Intellekts – Optimismus des Willens“. Während die
logische Analyse der Situation den Intellekt zur Verzweiflung führen
kann, muss das Potential für soziale und politische Revolutionen und
Transformationen uns alle motiviert halten, den Kampf
weiterzuführen, egal, welche Handicaps im Wege stehen.
Quelle
Quelle
Update (Übersetzung: Gerhilde Merz)
|