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Der Generalstabschef der israelischen Armee, Aviv Kochavi
 

Israels Armeechef droht nach dem Ausbruch aus dem Gilboa-Gefängnis mit einer "groß angelegten Operation" in Dschenin

16. September, 2021 - Übersetzt mit DeepL

Der israelische Armeechef erklärte, dass seine Streitkräfte bereit seien, die besetzte Stadt Dschenin im Westjordanland anzugreifen, die Heimatstadt von sechs palästinensischen Männern, die aus einem israelischen Gefängnis ausgebrochen sind.

Israel hat Pläne für einen Angriff auf die besetzte Stadt Jenin im Westjordanland, sagte der Chef der israelischen Armee am Mittwoch, nachdem Tel Aviv eine schwere Blamage erlitten hat, als eine Gruppe von Palästinensern aus einem Hochsicherheitsgefängnis entkommen ist.

Zwei der sechs palästinensischen Ausbrecher sind immer noch auf der Flucht, nachdem sie aus dem Gilboa-Gefängnis in Nordisrael ausgebrochen waren. Alle sechs stammen aus Dschenin.

Generalstabschef Aviv Kochavi schwor, dass die beiden Männer gefasst werden würden, und erklärte gegenüber dem israelischen Fernsehen, dass das Verhör des bekanntesten der entflohenen Gefangenen, Zakaria Al-Zubaidi, ergeben habe, dass Dschenin ihr gewünschtes Ziel sei. Einer oder beide der noch auf der Flucht befindlichen Gefangenen könnten sich nun in Dschenin versteckt halten, so Kochavi, so dass "die Möglichkeit besteht, eine groß angelegte Militäroperation in Dschenin zu starten".

"Die Pläne sind fertig", sagte Kochavi dem Sender Channel 12 in Tel Aviv. "Wenn die Situation eskaliert, werden wir eine Operation starten, wann immer es nötig ist."
"[Wenn] die Zahl der Angriffe, die von der Stadt Jenin im Allgemeinen oder dem Flüchtlingslager im Besonderen ausgehen, zunimmt, kann es unvermeidlich sein, einen Angriff zu starten".

Kochavi sagte, der Angriff werde sich gegen "die terroristischen Zellen in diesen Gebieten" richten.

Der Ausbruch von sechs palästinensischen Männern aus dem Gilboa-Gefängnis Anfang des Monats löste bei vielen Palästinensern Jubel und bei israelischen Beamten Bestürzung aus.

Fünf der Männer gehören dem Palästinensischen Islamischen Dschihad (PIJ) an, einer bewaffneten Gruppe, die vor allem im belagerten Gaza-Streifen aktiv ist. Am vergangenen Mittwoch verpflichteten sich die PIJ-Kämpfer, alle israelischen Truppen zu bekämpfen, die in das Flüchtlingslager Jenin eindringen.

Kochavi schwor, Israel werde die Ausbrecher schließlich in die Finger bekommen, auch wenn es mehrere Monate dauern sollte. Der Armeechef erklärte außerdem, Tel Aviv könne den belagerten Gazastreifen angreifen, wenn von dort aus Raketen abgefeuert würden. "Wir werden mit Gewalt angreifen, wenn die Souveränität verletzt wird oder Bürger zu Schaden kommen."

Und das, obwohl die israelischen Aktionen in der belagerten Enklave in der Regel einen weitaus größeren zivilen Schaden anrichten als die Aktionen der Gaza-Gruppen gegen Israel.


Bei der letzten schweren Eskalation im Mai wurden bei einer tödlichen 11-tägigen israelischen Bombenkampagne mehr als 260 Palästinenser in Gaza getötet, während aus dem Gazastreifen abgefeuerte Raketen 13 Menschen in Israel töteten.

Vor den Machthabern des Gazastreifens erklärte Kochavi, Israel werde "so viel Gewalt wie möglich anwenden, um der Hamas zu beweisen, dass es keinen Sinn hat, uns anzugreifen".

Israel verhängte 2007 eine verheerende Blockade über den Gazastreifen, die die Bewohner in einem "Freiluftgefängnis" gefangen hält. 
Quelle

 

PCHR: Wöchentlicher Bericht über die israelischen Menschenrechtsverletzungen in dem besetzten palästinensischen Gebiet

Zusammenfassung vom 9. – 15. Sept. 2021 - 16. September 2021

Palästinensisches Zentrum für Menschenrechte (PCHR) - 16. 9. 2021

Israelische Streitkräfte begingen weiterhin Verbrechen und vielschichtige Verstö gegen palästinensische Zivilpersonen und ihr Eigentum, unter anderem Razzien in palästinensischen Städten, die von exzessivem Einsatz von Gewalt, Übergriffen, Missbrauch und Angriffen gegen Zivilpersonen gekennzeichnet sind und die Westbank in isolierte Blöcke von Land verwandelt hat.  Israelische Siedlungsexpansion auf palästinensischem Eigentum und Land geht weiter. Inzwischen tritt der Gazastreifen in sein 15. Jahr unter der Blockade ein, wodurch die humanitäre Krise in dem Gebiet noch verschärft wird.

Schießereien und Verstöße gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit durch die Armee:

Israelische Streitkräfte erschossen einen palästinensischen Mann. Sie hatten ihn zunächst verbluten lassen, nachdem ein israelischer Polizeioffizier ihn angeschossen hatte, weil er angeblich versucht hatte, einen Messerangriff in Jerusalem zu verüben. Des Weiteren wurden 9 Palästinenser verletzt, darunter ein Kind, eine Frau und ein Journalist bei anderen Angriffen der Armee in der gesamten Westbank. Am 10. September 2021 tötete die Armee den 51-jährigen Arzt, Hazem M. Al-Joulani. Angeblich habe er einen Angriff mit dem Messer versucht. Sie ließen ihn verbluten, nachdem ein israelischer Polzist ihn in der Nähe von Bab al-Majlis, einem der Tore der al-Aqsa Moschee, angeschossen hatte. Al-Joulani war zu Boden gefallen. Ein Soldat setzte seinen Fuß auf ihn, kniete dann auf ihm, ohne ihm erste Hilfe zu leisten, und ließ ihn verbluten.

Außerdem schoss die Armee in der Westbank auf neun andere und verletzte sie. Ein Journalist wurde in Hebron von Tränengaskanistern getroffen; 4 wurden bei Angriffen der Armee gegen friedliche Demonstrationen in Kafr Qaddum und Azzun, Qalqilya verletzt; 2 wurden in Bethlehem verletzt, einer wurde eines versuchten Messerangriffs beschuldigt; 2 in Jerusalem verletzt, darunter eine Frau.

Im Gazastreifen starteten israelische Kampfflugzeuge mehrere Luftangriffe, die eine Geflügelfarm zerstörten und landwirtschaftliche Gebiete beschädigten.

Übergriffe und Verhaftungen palästinensischer Zivilpersonen durch die Armee:

Die Armee verübte 122 Übergriffe auf die Westbank, einschließlich des besetzten Ostjerusalems. Diese Übergriffe schlossen Razzien in Häusern von Zivilpersonen sowie Schießereien ein, entfachten Furcht unter den Bürgern, und viele von ihnen wurden angegriffen. Bei den Übergriffen dieser Woche wurden 105 Palästinenser verhaftet, darunter 6 Kinder und 4 Frauen.

Im Gazastreifen führte die Besatzungsarmee zwei begrenzte Angriffe aus.

Zerstörungen:

PCHR-Feldarbeiter dokumentierten 1 Verstoß;

Salfit: 3 Baufahrzeuge konfisziert.

Siedler-Angriffe:

Hebron: zwei Häuser palästinensischer Eigentümer angegriffen.

Bethlehem: 50 Olivenbaum-Setzlinge ausgerissen.

Israelische Absperrpolitik und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit:

Die israelischen Besatzungsbehörden verboten weiterhin die Einfuhr dutzender Güter, darunter Baumaterialien, als Kollektivstrafe-Maßnahmen gegen den Gazastreifen. Die israelische Blockade, die dem Gebiet auferlegt worden war, geht in ihr 15. Jahr, ohne dass ein Ende in Sicht wäre, dass das Recht der Palästinenser erfüllt, ihre wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu genießen. In der Zwischenzeit teilten die Besatzungsbehörden weiterhin die Westbank in separate Kantone, deren Hauptstraßen seit der Zweiten Intifada von der israelischen Besatzung bis heute durch temporäre und permanente Kontrollpunkte gesperrt sind, an denen die Bewegung der Bevölkerung eingeschränkt ist und wo sie Verhaftungen ausgesetzt sind, besonders an dem al-Karama-Grenzübergang entlang der palästinensisch-jordanischen Grenze.       mehr >>>          (übersetzt von Inga Gelsdorf)

Dr. Hazem Al-Joulani. Quelle: Twitter, 2021.
 


 

Die Tötung von Palästinensern wird erleichtert, weil sie durch die israelischen Medien ihrer Menschlichkeit beraubt werden

Die israelischen Medien entmenschlichen die Palästinenser*innen, indem sie eine andere Terminologie verwenden, wenn sie über Palästinenser*innen und Jüd*innen schreiben und dabei die offiziellen Verlautbarungen von Militär und Polizei übernehmen, ohne sie zu hinterfragen. Die Folge dieser Methode: Sie ermöglicht es den israelischen Streitkräften, Gewalt gegen die palästinensische Zivilbevölkerung anzuwenden, ohne dass dies Konsequenzen nach sich zieht.

Dr. Hazem Al-Joulani, 50 Jahre alt, war Direktor der al-Rayyan Hochschule für alternative Medizin in Ost-Jerusalem. Am Freitag, den 10. September, wurde er von israelischen Grenzpolizisten in der Nähe der Al-Aqsa-Moschee angeschossen und getötet. Auf dem Überwachungsvideo ist zu sehen, wie Al-Joulani auf einen der Grenzpolizisten zustürmt und seine linke Hand auf den Arm legt, während er in seiner rechten Hand ein Messer hält. Einige Sekunden lang macht er keine Anstalten, den schwer gepanzerten Grenzpolizisten zu erstechen. Die Grenzpolizisten schossen auf ihn, und einer von ihnen wurde durch einen Querschläger verletzt, aber das Messer blieb unbenutzt.

Dieses Ereignis ist leider ein ganz normales und alltägliches Ereignis in den besetzten Gebieten. Bis zum 9. August dieses Jahres haben die israelischen Streitkräfte 299 Palästinenser in den besetzten Gebieten getötet. 

Die Polizeiversion des Vorfalls lautet, Hazem Al-Joulani habe versucht, die Grenzpolizisten zu erstechen. Daher gilt er in der israelischen Öffentlichkeit als Terrorist. Sobald ein Palästinenser derartig definiert wird, ist sein Leben verwirkt, und er wird nicht mehr als Mensch behandelt. Kein israelischer Medienkanal stellte die Version der Polizei, nach der die Grenzpolizisten in „Selbstverteidigung“ gehandelt haben, in Frage. Die Zeitung Israel Today berichtete, Hazem Al-Joulani sei an seinen Verletzungen „gestorben„. Vergleichen Sie dies mit der Berichterstattung der gleichen Zeitung über die Ermordung von Esther Hogan im Jahr 2020. Dort lautete der Zeitungstitel „Mutter von sechs Kindern bei offensichtlichem Terroranschlag getötet“. Die Ermordung der jüdischen Mutter wurde umgehend als Verhinderung eines Terroranschlages bezeichnet, ohne dass es dafür Beweise gab.

Der israelische Blogger Yossi Gurvitz deckte in seinem Blog die diskriminierende Berichterstattung von Kan News auf (Quelle auf Hebräisch)Kan ist die offizielle Rundfunkanstalt Israels, vergleichbar mit der BBC: Hazem Al-Joulani wurde durch die Tötung „neutralisiert“. mehr >>>

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VIDEO - Trailer »Zeit der Verleumder« - Premiere am 10. Oktober 2021
 

 

Es geht darum, den letzten Widerstand zu brechen“


Im Februar 2018 fand in Berlin eine internationale Konferenz statt. Thema war die Instrumentalisierung von Juden, dem Judentum und der jüdischen Katastrophe für die Legitimierung von rechter Machtpolitik, Antikommunismus, Geschichtsrevisionismus und (antimuslimischem) Rassismus.Von der Konferenz berichtet nun ein vielversprechender Dokumentarfilm.

 Werner Erdmann
- 16. September 2021


Gegen Antisemitismus eingestellt zu sein – das ist eine Selbstverständlichkeit. Vor allem für fortschrittliche und linke Menschen. Aber was ist Antisemitismus? Die Bundesregierung gibt diese Antwort:

„Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Jüdinnen und Juden, die sich als Hass gegenüber Jüdinnen und Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen.“

Diese, von der Internationalen Allianz zum Holocaustgedenken (International Holocaust Remembrance Alliance, IHRA), formulierte „Arbeitsdefinition“ hat die deutsche Regierung im September 2017 für sich als verbindlich anerkannt.

Es ist eine weitreichende Definition. Immerhin zählt sie auch „Worte gegen das Eigentum nichtjüdischer Einzelpersonen“ als möglichen Ausdruck antisemitischer Haltungen auf. Ist etwa eine Kollegin, die sich darüber empört, dass ihr Arbeitgeber sich auf Kosten der Belegschaft bereichert, Antisemitin? Fortschrittliche Wissenschaftler haben die IHRA-Definition daher scharf kritisiert und in einer eigenen Definition (der „Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus“, JDA) betont, Antisemitismus sei nicht beliebig, sondern Diskriminierung, Vorurteil, Feindseligkeit oder Gewalt gegen Jüdinnen und Juden als Jüdinnen und Juden.

Trotz dieser Kritik hat die IHRA-Definition des Antisemitismus in Deutschland Geltung und Bedeutung. In vielen Bereichen des öffentlichen Lebens, zumindest auf Bundesebene, wird sie angewandt, erklärt der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus auf seiner Homepage. Vor allem bei Veranstaltungen und Publikationen der Bundeszentrale für politische Bildung, aber auch von Gedenkstätten, Dokumentationszentren und Geschichtsmuseen werde auf diese Definition zurückgegriffen – und bei der Ausbildung bei den deutschen Nachrichtendiensten, dem Bundeskriminalamt und der Bundespolizei. Viele Medien und Wissenschaftler, nicht zuletzt die sogenannten Antideutschen – ehemalige Linke, die ins Lager des Neoliberalimus gewechselt haben – stoßen in dasselbe Horn.  mehr >>>

 

 


2021 Jerusalemer Erklärung - Antisemitismus
2020 - Wissenschaftliche Dienst - BDS Beschluss

2019 - Gutachten zur «Arbeitsdefinition Antisemitismus»
2019  Bundestag gegen BDS
2018 - "Antisemitismusbeauftragter"
2018 - IHRA - Bestreiten jüdischen Selbstbestimmungsrechts

2118 - IHRA - Europäische Gewerkschaften
2017 - Bundesregierung  Antisemitismus-Definition
2016 - IHRA -   Arbeitsdefinition Antisemitismus
2012 - "Expertenkreis" Antisemitismus
2012 "Antisemitismusbericht"

2007 - Koordinierungsrat - Antisemitismus
2005 - EUMC Definition  Antisemitismus
2005 Dortmunder Erklärung

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Amerikanische Überlebende des Sabra-Shatila-Massakers spricht seit 39 Jahren darüber

Die Krankenschwester Ellen Siegel wäre bei dem Massaker von Sabra und Shatila, das am 16. September 1982 in Beirut begann, beinahe ums Leben gekommen. "Ich dachte, es ist okay, dass ich hier bin, weil ich das Richtige getan habe."

 Steve France 16. September 2021 - Übersetzt mit DeepL

"Sie führten uns im Gänsemarsch gegen eine von Kugeln durchlöcherte Ziegelwand. Es schienen etwa 40 Soldaten vor uns zu stehen. Ihre Gewehre waren auf uns gerichtet. Sie sahen aus wie ein Erschießungskommando. Einige meiner Kollegen aus dem Krankenhaus begannen zu weinen. Ich fragte mich, ob jemand erfahren würde, dass ich in diesem Flüchtlingslager gestorben war. "Aber ich dachte: Es ist okay, dass ich hier bin, weil ich das Richtige getan habe. Ich habe 'Here Comes the Sun' gesummt."

Ellen Siegel, heute 79 Jahre alt und Krankenschwester im Ruhestand in Washington, D.C., erzählt mir, was ihr 1982 passierte, als sie als eine von zwei freiwilligen amerikanischen Krankenschwestern im Krankenhaus im Shatila-Viertel von Beirut, Libanon, arbeitete, das die Palästinenser im Sabra-Flüchtlingslager versorgte.

Es war am frühen Morgen des 18. September, in den letzten Stunden eines dreitägigen Angriffs auf die unbewaffneten Lagerbewohner. Sie hatte dort seit dem 2. September gearbeitet und sich um verbrannte und durch Schüsse verletzte Palästinenser gekümmert. Als überzeugte Freundin der Palästinenser, obwohl sie als Jüdin in Baltimore aufgewachsen war und einige Zeit in einem israelischen Kibbuz verbracht hatte, hatte sie alle Hebel in Bewegung gesetzt, um in den Libanon zu gelangen und bei der Versorgung der Palästinenser zu helfen, die unter der israelischen Belagerung von Beirut gefangen waren. Die Soldaten, die ihre Gewehre auf sie richteten, waren libanesische Kataeb-Milizen, im Westen als Phalangisten bekannt und mit rechtsgerichteten, maronitisch-christlichen Verbündeten Israels verbunden.

Doch sie ließen ihre Waffen sinken. Später erfuhr Siegel von dem Ha'aretz-Kriegskorrespondenten Ze'ev Schiff, dass ein Offizier der israelischen Verteidigungsstreitkräfte ihnen befohlen hatte, das Feuer einzustellen.

Die Welt kennt den Amoklauf als das Massaker von Sabra und Schatila - der entscheidende Schrecken eines bahnbrechenden Ereignisses in dem, was Rashid Khalidi als den "Hundertjährigen Krieg gegen Palästina" bezeichnet hat. In seinem kürzlich erschienenen Buch schreibt Khalidi, dass der israelische Einmarsch in den Libanon mit seinen mörderischen Bombenangriffen und der Belagerung von Beirut "die erste signifikante und anhaltende negative Wahrnehmung Israels in Amerika und Europa seit 1948 hervorrief". Vor allem Sabra-Shatila war der Auslöser für die "vielleicht größte Demonstration im Nahen Osten" gegen den Krieg, die in Tel Aviv stattfand, um die neu entdeckte Wut und die Gewissensprüfung einer großen Zahl jüdischer Israelis zum Ausdruck zu bringen. Die Proteste ebbten schließlich ab, aber die Glut von Sabra-Shatila brennt noch immer und wird von einer nicht enden wollenden Serie von Massakern und Aggressionen genährt, die immer wieder auf die Palästinenser niederprasseln.

Siegels enge Verbindung zum Libanon begann 1972, als sie sich in Beirut aufhielt und palästinensische Flüchtlinge pflegte, die nach den Morden bei den Olympischen Spielen in München von israelischen Truppen angegriffen wurden. Sie kehrte im Laufe ihres Lebens immer wieder nach Beirut zurück.

In den vergangenen 39 Jahren hat sie immer wieder auf Israels kaltblütige Ermordung von mehr als 1.300 unbewaffneten Einwohnern von Sabra (nach Khalidis vorsichtiger Schätzung) hingewiesen, an der die Vereinigten Staaten in abgrundtiefer Weise beteiligt waren.

"Die schuldigen Regierungen haben ihren Opfern nie Gerechtigkeit widerfahren lassen und keinen Finger gerührt, um sich um die Überlebenden zu kümmern. Sie sind die vergessenen Flüchtlinge und leben immer noch unter schrecklichen Bedingungen", sagt Siegel, der an vielen der jährlich im Lager stattfindenden Gedenkfeiern teilgenommen und Spenden für ihre Unterstützung gesammelt hat. "Es scheint so hoffnungslos zu sein." Dennoch räumt Siegel ein, dass der anhaltende Wandel in der amerikanischen und weltweiten öffentlichen Meinung in Richtung Sympathie für die Palästinenser von Bedeutung ist.

Die Mörder der Phalangisten ließen Siegel und die anderen ausländischen Krankenschwestern und Ärzte schließlich außerhalb des Lagers zurück, wo die IDF eine belebte Kommandozentrale auf dem Dach hatte. Drei Nächte lang hatten sie geholfen, die israelischen Leuchtraketen zu lenken, die die engen Gassen des Lagers beleuchteten, um den Mördern den Weg zu ebnen. Khalidi, ein palästinensischer Amerikaner, der damals an der Amerikanischen Universität von Beirut lehrte, schreibt, dass er die Leuchtraketen von der geliehenen Wohnung aus sah, in der er sich mit seiner Frau und seinen beiden kleinen Töchtern versteckt hielt. Sie waren "verblüfft", was die Israelis beleuchteten, da keine Kampfgeräusche zu hören waren. Im Gaza-Krankenhaus sagte Siegel, dass alles still war, als die Leuchtraketen explodierten. Sie dachte, es handele sich vielleicht um eine Art Feuerwerk.

Zwei Tage später wurden sie und andere Mitarbeiter aus dem Krankenhaus geführt und sahen auf den Straßen verstreute Leichen, viele von ihnen Frauen und Kinder, und sie hörten Schüsse. "Ich sah einen alten Mann mit Kopfwunden liegen", sagt sie. "Frisch getötet, war seine Leiche noch nicht blau angelaufen. Die Leute versuchten, uns zu folgen, aber sie wurden aufgehalten. Ein Palästinenser hatte einen Laborkittel angezogen und ging mit uns, aber er wurde zur Seite genommen. Sie kontrollierten seinen Ausweis, schlugen ihn damit und brachten ihn um die Ecke, und wir hörten einen Schuss."

Eine libanesische Milizionärin, die vor Ort war, war ebenso schön wie brutal, sagt Siegel. "Sie war in einem Jeep mit einem leicht verletzten palästinensischen Jungen vorgefahren. Sie goss Flüssigkeit auf seine Wunden, verband sie und sagte zu uns: 'Seht, wie nett wir den Feind behandeln.' Er bettelte um Gnade, aber sie fuhr mit ihm weg. Ich bin sicher, dass sie ihn erschossen haben."

Bulldozer rumpelten herum, um die Leichen mit Erde zu bedecken. "Wir mussten ihnen immer wieder aus dem Weg gehen." Sie sah einen mit einem großen hebräischen Buchstaben darauf.

"Als wir mit den Israelis zurückgelassen wurden, stellten sie uns keine Fragen über das, was passiert war, was wir dort taten. Sie ignorierten uns, aber es schien klar, dass sie das Sagen hatten. Als ein Phalange-Soldat versuchte, eine norwegische Krankenschwester in einem Jeep mitzunehmen, baten wir einen israelischen Offizier, ihn aufzuhalten, was auch gelang." Ein Soldat, der eine Jarmulka und einen Gebetsschal trug, bot einer der ausländischen Krankenschwestern einen in Folie eingewickelten Honigkuchen an, eine traditionelle Art, jemandem an Rosch Haschana ein süßes Jahr zu wünschen. "Das hat mich wirklich aufgeregt. Seine Mutter muss ihm diesen Honigkuchen geschickt haben, um ihm ein süßes Jahr zu wünschen. Wir haben an Rosch Haschana immer Honigkuchen gegessen, und hier ist dieser israelische Soldat an einem Ort, an dem Frauen und Kinder ermordet werden, und er schenkt den Kuchen einer jungen Frau für ein süßes Jahr."

Sobald sie sich von dem Ort des Geschehens entfernt hatte, versuchte sie, ihre Geschichte zu erzählen, die ihrer Meinung nach beweist, dass Israel das Massaker inszeniert hat. Zu ihren Hinweisen gehörte auch die unheimliche Bemerkung des IDF-Fahrers, der sie an der amerikanischen Botschaft abgesetzt hatte. Als er einige Soldaten der libanesischen Armee sah, sagte er, sie seien nutzlos. "Sie sind hier gewesen und haben nichts getan. Wir müssen die ganze Arbeit machen." Als er sagte, er gehe nicht gerne in Häuser mit Frauen und Kindern, fragte sie ihn, wie viele Menschen er getötet habe, worauf er nur antwortete: "Das ist keine Frage, die man jemandem stellt."

Siegel bekam ihre große Chance, sich zu äußern, als Israel beschloss, eine Kommission einzuberufen, die die angebliche israelische Beteiligung an dem Massaker untersuchen sollte. Sie und zwei Ärzte gaben Erklärungen ab und sagten vor der Kahan-Kommission unter dem Vorsitz des Richters am Obersten Gerichtshof Yitzhak Kahan aus. "Es war eine Vertuschung", sagt sie über die Untersuchung. "Aber ich bin froh, dass ich ausgesagt habe. Mir wurde gesagt, dass die Leute in Shatila mich im libanesischen Radio gehört haben. Die Leute nannten mich die Krankenschwester, die gegen Scharon ausgesagt hat." Ariel Sharon war der israelische Verteidigungsminister, der die Invasion plante und leitete.

Khalidi zitiert eine "vernichtende Kritik" von Noam Chomsky an den vielen Fehlern der Kommission. Nichtsdestotrotz, so Khalidi, habe der Abschlussbericht die "direkte und indirekte Verantwortung von [dem damaligen Premierminister Menachem] Begin, Scharon und hochrangigen israelischen Kommandeuren für das Massaker" festgestellt - und, so fügt er hinzu, diese Feststellung habe zumindest eine Zeit lang schwere negative Konsequenzen für sie gehabt. Aber der Hauptzweck der Übung war Schadensbegrenzung, wie man an der Art und Weise erkennen kann, wie der Bericht von 1983 versucht, Siegel als Zeuge herabzusetzen.

"Das Krankenhaus in Gaza . . wurde von Palästinensern und für Palästinenser betrieben", heißt es in einem Abschnitt über Siegel, und weiter: "Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass einer dieser Zeugen [des Krankenhauspersonals] besondere Sympathien für Israel hegt." Tatsächlich weist das Gremium darauf hin, dass es zu der Schlussfolgerung gezwungen war, dass "sie mit den Palästinensern sympathisieren". Als Reaktion auf Siegels Spekulation, dass es sich bei zwei gepflegten jungen Männern um sephardische Juden handelte, die am letzten Abend des Massakers ins Krankenhaus kamen und Arabisch und Deutsch sprachen, stottert der Bericht, dass "diese Annahme keine Grundlage in den Tatsachen hat und durch ihre Neigung erklärt werden kann." In der Überzeugung, dass es sich bei den Männern nicht um Israelis gehandelt haben kann, ließ das Gremium die erschreckende Frage, die die beiden Männer Siegel gestellt hatten, unerwähnt: "Kommt Kataeb [die Phalange] morgen um 9:00 Uhr, um den Kindern die Kehle aufzuschlitzen?"

Ein Hauptzweck des Berichts bestand eindeutig darin, zu beweisen, dass während des Massakers keine IDF-Soldaten das Lager betreten hatten; alle Tötungen wurden von den arabischen Phalangisten durchgeführt. Khalidis gründliche Recherchen und seine persönlichen Erfahrungen in Beirut im Jahr 1982 zeigen, dass der enge Fokus des Gremiums, das Verstecken wichtiger Beweise, die es selbst gesammelt hatte, indem es sie in geheimen Anhängen unterbrachte, und sein scheinbarer Mut, Israels Spitzenpolitiker zu tadeln, alle der Schadensbegrenzung dienten. Seine Darstellung stützt sich auf diese Anhänge, auf Dokumente, die 2012 vom israelischen Staatsarchiv freigegeben wurden, auf wichtige diplomatische Dokumente der USA und auf andere wissenschaftliche und journalistische Untersuchungen, um in einer straffen Erzählung Scharons leidenschaftliche Entschlossenheit, das Massaker zu inszenieren (mit der wertvollen Hilfe des jungen Offiziers Netanjahu), und die ständige verachtenswerte Nachgiebigkeit der US-Diplomaten gegenüber Scharon, wenn nicht gar ihre Zustimmung, darzustellen, wie sie der damalige Außenminister Alexander Haig zeigte, als er für jeden Aspekt der geplanten Invasion grünes Licht gab. Hätte der Gesandte des US-Präsidenten, Botschafter Philip Habib, der PLO nicht ein scheinbar feierliches Versprechen gegeben, dass die libanesische und die US-Regierung palästinensische Nichtkombattanten schützen würden, hätten die zähen PLO-Kräfte nicht zugestimmt, die Stadt zu verlassen.

Israels ultimatives Ziel, schreibt Khalidi, war es, "die Situation in Palästina zu verändern". Die Führer glaubten, dass "die militärische Zerstörung der PLO und die Ausschaltung ihrer Macht im Libanon auch der Stärke des palästinensischen Nationalismus im besetzten Westjordanland, im Gazastreifen und in Ostjerusalem ein Ende setzen würde." Mit der Verjagung der PLO aus dem Libanon, mit Unterstützung der USA und der faktischen Duldung der arabischen Staaten, hatte Scharon sein Hauptziel erreicht; Sabra-Shatila war das Sahnehäubchen auf dem Kuchen. Khalidi weist jedoch darauf hin, dass Scharons Glaube an Gewalt und Gewalt allein nicht voraussah, wie sich als Reaktion darauf "der Schwerpunkt der palästinensischen Nationalbewegung" von den benachbarten arabischen Ländern weg und "zurück nach Palästina" verlagern und bald in der Ersten Intifada explodieren würde.
Ellen Siegel (r) mit Ghada Karmi 1973, vor der israelischen Botschaft in London.

Eine ähnliche Verschiebung auf dem Spielbrett hat sich in jüngster Zeit vollzogen, als Israels dreiste und brutale Führung rücksichtslos die letzten Fetzen des palästinensischen Widerstands zerschlagen hat. Wie 1982 scheint eine Art Pyrrhus-Paradoxon zu wirken, bei dem das Auslöschen jeglicher Hoffnung auf einen palästinensischen Staat, die völlige Demütigung der Palästinensischen Autonomiebehörde, die Beschlagnahmung Ost-Jerusalems und bald vielleicht auch von Al Aqsa, die grundlose Verwüstung des Gazastreifens und die offene Allianz mit korrupten Führern der arabischen Staaten die gesamte palästinensische Gemeinschaft weltweit, einschließlich der Flüchtlinge, eint und Israel die Beine unter der unverzichtbaren Unterstützung Amerikas und des Westens abschneidet.

Ellen Siegel verfolgt aufmerksam das Drama im Großen und Ganzen, aber ihre Gedanken kreisen um all die palästinensischen Freunde, die sie im Laufe der Jahrzehnte gewonnen hat, und um all die Patienten und Familien, mit denen sie als Krankenschwester gearbeitet hat. So sucht sie zum Beispiel immer noch nach dem wunderbaren Baby Layla (das heute 40 Jahre alt wäre), das Anfang September 1982 mit schweren Verbrennungen ins Krankenhaus von Gaza kam, sich aber unter der Obhut von Um Layla und Schwester Ellen wunderbar entwickelte. Und sie hat alte Freunde in der ganzen Welt. Sie besteht darauf, die individuelle Größe vieler ihrer Krankenhauskollegen im Jahr 1982 im Detail zu beschreiben. In der Tat hat der unbezwingbare Heilungsgeist dieser freundlichen, kämpferischen, aber jetzt etwas gebrechlichen Frau der palästinensischen Gemeinschaft geholfen, in ihren Herzen stark zu bleiben, trotz aller Wunden und Schrecken, die ihre Verfolger immer wieder zufügen. Wenn es ein hebräisches Wort für sumoud gibt, dann ist sie die Verkörperung davon.  Quelle

 

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