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 From: "Angelika Schneider" <anka.sch(at)gmx.net To: <Brief-aus-Israel(at)yahoogroups.de Subject: [Brief-aus-Israel] Aktuelles aus den besetzten Gebieten  

 

Brief aus Israel 11.11.06
 

Liebe FreundInnen,

die palästinensischen Frauenorganisationen haben gemeinsam einen Brief an Kofi Annan geschrieben mit der Bitte, die Vollversammlung einzuberufen, um den Kämpfen in Gaza ein Ende zu bewirken und die vielen UN Resolutionen bezüglich Palästinas wirksam werden zu lassen.

(Leider ist nicht zu erkennen, wo Annan die Macht dazu hernehmen soll.) Mir selber wird immer dringlicher klar, dass Deutschland als Verhinderer einer wirksameren Nahostpolitik der EU eine wichtige Rolle zukommt.

Mich treibt dauernd die Frage um, wie wir effektivere Öffentlichkeitsarbeit leisten können und vor allem eindeutig mit dem Problem des Antisemitismus einerseits und der Instrumentalisierung dieses Begriffs andererseits umgehen können. Die bisherige deutsche Haltung - Solidarität mit Israel zugleich mit Hilfe (bis zur Hamaswahl) an beide Seiten ist in sich widersprüchlich und bestärkt diejenigen, für die jede Israelkritik Antisemitismus darstellt, indem es sich von der nötigen Kritik gleich zurückhält. Wie können wir unseren Landsleuten klar machen, dass wir beiden Seiten gegenüber Verantwortung tragen?

Die Jewish Voice for Peace in USA fordert eindeutig von ihrer Regierung die Einstellung von Hilfe an Israel. Am wichtigsten aber ist m.E. eine klare Entsolidarisierung mit der Politik Israels und eine Bestätigung seines Existenzrechts nur in den Grenzen von 1967. Wie kommen wir in der Richtung bloß weiter? Ich fahre zur StopptdieMauer Konferenz nächsten Samstag - ich hoffe, dass auch einige von euch dort sein werden - und versuche vor allem in diese Richtung zu wirken.

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Human Rights Watch fordert eine umfassende und unabhängige Untersuchung der Aktion der israelischen Armee gegen Beit Hanun. Nach dem Völkerrecht sind alle Angriffe, die hauptsächlich Zivilisten treffen und kein eindeutiges militärisches Ziel haben verboten. Auch die Qassamraketen der Palätinenser, die überhaupt nicht genau zu zielen sind, verletzten das Völkerrecht. Die Tatsache, dass ein Tag zuvor von einem bestimmten Wohngebiet aus Raketen gegen Israel gefeuert wurden kann nicht als Legitimation dienen, dieses Gebiet zum Ziel eines umfangreichen gezielten Raketenangriff zu machen. "Die israelische Regierung muss sich fragen, ob die Tragödie von Beit Hanun ein Versehen oder ein vorhersehbares Resultat der Politik der IDF war, Artillerie gegen dicht bevölkerte Wohngebiete zu richten."

Unicef berichtet, dass in Gaza im November bisher 17 Kinder getötet wurden, dazu 2 in der Westbank, weitere 300 wurden verletzt. Der Bericht hebt die Langzeitwirkung der Situation für die Kinder, die die Tötung von Familienmitglieder erlebt haben und darüber hinaus ans Haus gebunden sind ohne Lebensmittel, Wasser oder Strom verharren müssen. Die Auswirkung kann man sich allerdings noch klarer ausmalen an Hand dieser Worte eines Mitglied der Al Atamna Familie die 16 Mitglieder verloren hat, aus einem Bericht in Haaretz. Er wurde von seinem Bruder angerufen, das Heim der Familie sei bombardiert worden. Er raste nachhause. Und sagt, "Ihr versteht gar nicht. Es ist unmöglich, diesen Anblick zu vergessen. Kinder ohne Hände, ohne Füße, in jede Ecke geschmettert, enorme Zerstörung. Unsere ganze Familie lebt dort. Das Treppenhaus war völlig zerstört und ein Verletzter oder Toter in jeder Ecke. Blut und abgerissene Glieder lagen überall. Sogar die Nachbarn, die zu Hilfe eilten, wurden durch die letzten Geschosse verletzt." Das Haus wurde von mindestens sieben Artilleriegeschosse getroffen. "Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Es sind fünf Kinder hier, die ernsthaft verletzt sind, mir ist nicht klar ob sie die Nacht überleben.

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Ein sensibler Israeli, Benny Ziffer, schreibt Worte in Haaretz, die tief unter die israelische Haut gehen müssen - und vielleicht auch unsere durchdringen müsste: Die Toten - im Libanon, in Gaza - sind nach wenigen Tagen vergessen. "Keiner kannte sie als sie lebten und gewiss nicht jetzt, wo sie tot sind..." Was bleibt dann, nachdem das alles bald vergessen ist? "Meiner Meinung nach ist das, was übrig bleibt, eine Art Sediment, ein Rückstand, der sich bei denen, die töten, bildet, auch wenn es ein Versehen war. Dieser Rückstand sammelt sich im Blut. Wir, die wir uns selber davon überzeugen dass wir einen existentiellen Krieg führen, vergiften uns in wirklichkeit - langsam, langsam... Jeder solcher Fehler, der den Tod Unschuldiger zur Folge hat ... fügt unserm Blut ein paar Milliliter dieses Giftes zu... Ich glaube nicht, dass wir Nazis sind und ich glaube, dass niemand in der Armee einfach PalästinenserInnen töten will. Aber das ändert nichts an der Tatsache dass sich dieser Rückstand im Blut sammelt und wir eines Morgens aufstehen werden und feststellen, dass wir tot sind. Nicht physisch, aber in unserem Menschsein. Wir werden in den Spiegel schauen und statt unseres eigenen Gesichts das zerschlagene Gesicht eines von denen, die aus Versehen getötet wurden.... Wenn wir Kaffee kochen, wird aus dem Hahn Blut fließen ... geht und überlegt euch, was ihr im Kühlschrank finden werdet...

"Ich sehe schon besorgniserregende Zeichen dieser Vergiftung unter vielen Menschen hier... Man sieht Menschen, die fast in der Lage sind, dich umzubringen wenn du dich vordrängst in der Schlange an der Post.

Jeder in seiner eigenen Luftblase eingeschlossen.... Jeder will in Ruhe gelassen werden... Dafür ist er bereit einen ständig höher werdenden Preis zu zahlen, ein Preis der die Müllabfuhr und das Leitungswasser einschließt aber auch das versehentliche Töten von PalästinenserInnen. 

Und das nicht versehentliche... Es ist ein ungeschriebener Vertrag (aber trotzdem gültig) zwischen unserem Staat und seinen BürgerInnen. Ein Vertrag des destillierten Egoismus. Tel Aviv stellt die Essenz davon dar. Hier beklagt man am meisten, was in Beit Hanun passiert ist, beschuldigt die Armee und die Besatzung und will so schnell wie möglich zur ersehnten Ruhe zurück kehren. Hier hat die größte Zahl ihre Herzen unter diesen geheimen Vertrag gesetzt, ihr Einverständnis, dass es nicht so schlimm ist dass Leute in Gaza versehentlich getötet werden, solange es in Tel Aviv relativ ruhig ist und relativ möglich, Kopfhörer aufzusetzen und Musik zu hören."

"Die beste Metapher dafür ist Ariel Sharon in seiner gegenwärtigen, vegetativen Lage. Geist und Seele sind am Arsch und keine Operation kann sie zurückgeben. Was bleibt ist der Körper, der weiter lebt...

Wir sind ein Staat geworden, der nur aus einem physischen Leib besteht. Ein Körper hat keine schlechtes Gewissen und hinterfragt sich nicht..."

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