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Nakba-Tag

Aktivisten machen die arabische Geschichte Jerusalems lebendig
Neta Alexander, Haaretz, 15.5.06

 

Neta Rotem, eine 23 jährige Studentin, steht neben der Kasse des Jerusalem-Theaters. Dutzende eilen an ihr vorbei, um an der Feier zur Preisverleihung der Schriftstellerin Nurit Zarhi (Yehuda Amihai lifetime achievement-Preis) teilzunehmen. Rotem verteilt Broschüren . Auf einer der Seiten steht: “Erinnerst du dich an die Kakteen, die du bei Wanderungen gesehen hast? Sie waren die Hecken rund um die palästinensischen Dörfer.“ Auf der anderen Seite findet man einen Überblick über die arabische Geschichte des Ortsteils (von Jerusalem) Talbieh, wo das Theater heute steht.

 

„Wir  setzen  Flugblätter, Filme, Bilder und Zeugnisse ein, um die arabische Geschichte des Ortsteils lebendig zu machen,“ erklärte sie. „Heute ist Talbieh eine der reichsten Stadtteile der Stadt. Fünf Minuten von hier ist der  Wohnsitz des Ministerpräsidenten; der belgische Konsul lebt  hier, auch das Goethe-Institut ist nahebei. Aber diese Gegend hat noch eine andere Geschichte: Mitte Februar 1948 kam die Hagana (Vorgänger der isr. Armee) in dieses Viertel und rief alle Bewohner, meistens Palästinenser, dazu auf, ihre Häuser zu verlassen. Einige flohen nach Ost-Jerusalem, in den Libanon oder nach Ägypten. Ihre Wohnungen wurden an Juden  gegeben. Leider wollen nur wenige Israelis diese simplen Fakten anerkennen, und einige wissen nicht einmal, dass ganze Dörfer zerstört wurden.

 

Rotems Aktivität ist ein Teil des „Nakbah 60-Projektes“ eine Verbindung von fünf jüdischen und palästinensischen Organisationen, die vor anderthalb Jahren gegründet wurden. „Das Projekt hat zum Ziel, das Bewusstsein  für die Nakba ( Katastrophe, der palästinensische Terminus für Israels Unabhängigkeitstag)  im Zusammenhang mit dem 60. Jahrestag der Ereignisse im Mai 2008 zu wecken,“ erklärt Lotan Raz, einer der Aktivisten.

 

Eine Initiative hielt an verschiedenen Jerusalemer Örtlichkeiten, wo verlassene Dörfer standen,  Veranstaltungen ab: am neuen Zentralbahnhof in der Nähe von Lifta, in Emek Refaim ( früher Bakaa) am Theater  und in Ein Kerem, sagte Raz. All diese  Aktivitäten geschehen in der Woche zwischen dem israelischen Unabhängigkeitstag  und dem Nakba-Tag (15.5.) Außer diesen Straßen-Events hatten wir in dieser Woche eine Fahrt  nach Lifta zu den noch verbliebenen palästinensischen Häusern gemacht.

 

Letzten Mittwoch sammelten sich Aktivisten am Theater rund um einen Diaprojektor und zeigten Dia von Talbie’s arabischen Häusern und die Ruinen von anderen arabischen Dörfern, einschließlich von Lifta und Deir Yassin ( heute Givat Shaul). Auf diesem Hintergrund las Raz Zeugenaussagen von Palästinensern vor, die 1948  gingen, einschließlich etwas von Edward Said aus seinem Buch „Orientalismus“; er hatte 1998 noch einmal das Haus seiner Kindheit besucht.

 

Die Reaktionen  liefen von Zorn bis Apathie. „Emigriert doch, wenn es euch nicht gefällt,“ schrie eine Frau und verschwand im Theater. Andere nahmen die Broschüre mit.

 

„Das Bewusstsein zu verändern, braucht sehr lange Zeit,“ sagte das Mitglied Tamar Avraham,

„wir arbeiten gegen ein sehr starkes Narrativ, das den Unabhängigkeitstag als  etwas darstellt, das nur positive Seiten hat. Ich befasse mich bei meiner Arbeit in Yad Vashem  mit dem jüdischen Gedenken. So war das eine natürliche Folge. Einige Leute sagen sehr schnell, die Nakba und der Holocaust sind nicht dasselbe – wobei ich nie behauptet habe, sie seien ähnlich. In Israel hat man Angst davor, sobald man sich mit der Nakba befasst, würde die Erinnerung  an den Holocaust darunter leiden. Wir versuchen, die Angst zu nehmen.“

 

Die Koalition wurde von EPER, der Vereinigung Schweizer protestantischer Kirchen, gegründet, die sich um Koexistenz in 45 von Krieg zerrissenen  Ländern wie den Sudan und Sri Lanka bemühen.

 

Die Polizei war weniger an uns interessiert. Nach einer Stunde kam ein Polizeiwagen mit Alarmlicht zum Theater  hoch. Raz schaltete schnell das Mikrophon und den Diaprojektor aus.  Die Polizei forderte die Leute auf, zu gehen. Bemühungen, zu erklären, dass es sich um eine „kulturelle Veranstaltung“ handelt, schlugen fehl. Die Aktivisten  eilten davon.

 

(dt. Ellen Rohlfs)

 

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