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Wer wird irregeleitet?
Mettew A.
Taylor14.11.10
Als sich
nordamerikanische Juden in der letzten Woche in New
Orleans zu ihrer Hauptversammlung (GA) trafen,
deckte das jüdische Mainstream-Establishment eine
neue Initiative auf, um der wachsenden
internationalen Verurteilung von Israels
Besatzungspolitik und Landdiebstahl entgegen zu
wirken. Der große Plan: die Delegitimer zu
delegitimieren.
Die jüdischen Verbände
Nordamerikas (JFNA) verkündigten bei der Konferenz
an, dass sie im Laufe der nächsten drei Jahre $ 6
Millionen investieren wollen, um ein israelisches
Aktionsnetzwerk aufzubauen. Auf die Kommentare der
GA gegründet, scheint die Strategie die zu sein,
alle die „zu teeren und zu federn“, die jede Form
von Boykott, Divestment oder Sanktionen als „Delegitimierer
unterstützen, und so an einem vermuteten Komplott
„Israel zu zerstören“ teilnehmen. Statt Millionen
dafür auszugeben und Israel davon zu überzeugen
einen anderen Weg zu gehen, bevorzugt die JFNA, den
Botschafter zu erschießen.
Ein paar Tage vor der
Versammlung hat sich die in den US sitzende
Fürsprache-Gruppe der Jüdischen Stimme für Frieden (JVP),
eine Versammlung junger Juden aus den USA und
Israel einberufen, um schwierige Fragen zu
sondieren, die die Mainstreamführung eifrig zu
vermeiden versucht. Wie z.B. Wie delegitimiert die
Besatzung Israel? Wenn Israel palästinensische
Häuser zerstört, Olivenbäume ausreißt, Straßen nur
für Siedler bestimmt, stimmt das mit den jüdischen
Werten überein, in denen es heißt: respektiere
deinen Nachbarn?
Diese junge Gruppe
jüdischer Aktivisten scheint eine Verkörperung von
Peter Beinarts Essay aus letzter Zeit zu sein ( in
New York Review of Books), in dem er untersucht,
warum junge amerikanische Juden Israels
unterdrückerische Politik befremdend empfinden.
„(Viele amerikanische Juden) haben einige der
festgelegten Werte der amerikanischen politischen
Kultur aufgenommen … Skepsis gegenüber
militärischer Gewalt, Engagement für die
Menschenrechte … es war ihnen nicht klar, dass sie
diese Werte ablegen, sobald es sich um Israel
handelt,“ schrieb Beinart in seinem Artikel „ Das
Versagen des amerikanisch jüdischen Establishments“.
Von der Haltung des
Mainstream der amerikanisch-jüd. Führung: „Israel:
right or wrong“ sich trennend, haben die
Teilnehmer der JVP-Versammlung, das junge jüdische
Führungsinstitut, eine Vision für ein Engagement im
Israel-Palästina-Problem: „Wir wollen keine
kostenlosen Ferien und Stipendien. Wir wollen nicht
die Logik kaufen, dass Morden Sicherheit bedeutet,“
schrieb die Gruppe in ihrer Erklärung (youngjewishproud.org).
Bei einem Forum der GA
mit dem Titel „ Gegen Israels Delegitimierer“ sprach
Julie Bernstein vom jüdischem Gemeindebeziehungsrat
in San Franzisco darüber, wie man Delegitimer
delegitimiert: „Wir müssen BDS zum Thema machen,
nicht Israel; was herausfordernd ist, sind die
jungen Juden, die für BDS sind, die wirklich für
Frieden sind und den Palästinensern helfen wollen.
Sie haben gute Absichten und sie wissen nicht, dass
sie wesentliche Schachfiguren in diesem Spiel sind,
die Israel zu Fall bringen.“
Im Gegenteil, die
jungen jüdischen Progressiven sehen BDS als eine
gewaltfreie Strategie an, die Israels Verhalten
ändern kann und eine gerechte und faire Lösung für
den israelisch-palästinensischen Konflikt bringt.
Sie sehen sich nicht als gutgläubige Idioten an, wie
Bernstein sagt, sondern als hochgebildete Juden, die
selbst Zeugen der Brutalität der Besatzung waren
und die nun eine moralische Verpflichtung haben und
handeln müssen.
Während des Frage-und
Antwort-Abschnittes beim GA-Forum drückte die
UCLA-Jurastudentin Rachel Roberts ihre Entrüstung
über Bernsteins Bemerkungen aus:
„Was sie über die
jungen Juden mit Gewissen sagt, die mit ihren
palästinensischen Kollegen bei der
Divestmentkampagne zusammenarbeiten, ist so unfair
und herablassend,“ sagte Roberts. Bevor sie ein
anderes Wort noch sagen konnte, wurde sie von
Diskussionsteilnehmern und Zuhörern unterbrochen und
beschimpft.
Diese Dynamik des
älteren Establishments, das sich so herablassend
gegenüber den Jüngeren verhält, war auch bei der
Rede vor der GA am Montag von Ministerpräsident
Netanyahu spürbar. Bevor Netanyahu nur das Wort
„delegitimieren“ aussprach, erhob sich eine von fünf
jungen Jüdinnen von ihrem Sitz und entfaltete ein
großes weißes Banner mit den Worten: „Der Treueeid
delegitimiert Israel“. Andere Protestierende folgten
mit „Die Belagerung des Gazastreifens delegitimiert
Israel“ … „Dissens zum Schweigen bringen,
delegitimiert Israel!“
Netanyahu hatte scharfe
Worte für die Protestierenden. Versuche unserer
Feinde und ihrer fehlgeleiteten Mitreisenden, um den
jüdischen Staat zu delegitimieren müssen bekämpft
werden,“ sagte er unter donnerndem Applaus.
Ich bin eine der fünf,
die hinausgeschleppt wurde und die ein Poster
umklammerte auf dem stand: „Die Besatzung
delegitimiert Israel.“ Wenn ich mir vorstelle, wie
Israel die Siedlungsausdehnung stoppt und in
Gleichheit mit den Palästinensern lebt – während
Netanyahus Regierung weiter palästinensisches Land
konfisziert und täglich noch mehr Siedlungen baut
--- da frage ich mich, wer hier in die Irre geht?
Die fünfte und letzte
protestierende Demonstrantin, Rae Abileah, eine
jüdisch amerikanische Aktivistin israelischer
Herkunft, stand auf und proklamierte: „Die
Siedlungen betrügen die jüdischen Werte.“ Mitglieder
der Zuhörermenge ergriffen sie, steckten ihr ein
Handtuch in den Mund und schrieen dann wie mit einer
Stimme „Bibi, Bibi, Bibi!“
Gandhi sagte: „ zuerst
ignorieren sie dich, dann lachen sie dich aus, dann
bekämpfen sie dich und zuletzt gewinnst du!“ Im
Falle Israels und dem tauben amerikanisch jüdischen
Establishment konnte man dieses Statement (Gandhis)
etwas revidieren: zuerst wird man ignoriert, dann
nennt man dich selbsthassenden Juden, dann nennt man
dich Delegitimierer und bekämpft dich mit 6Millionen
Dollar.
Was ist als nächstes
dran? Wir jungen Juden lassen uns nicht so schnell
einschüchtern. Unsere Zahl wächst, und wir werden
gewinnen. Israel wird sein grausames, selbst
zerstörerisches Verhalten ändern. Wir werden nicht
ruhen, bis Israelis und Palästinenser zusammen in
Gleichheit, Sicherheit und gegenseitigem Respekt
zusammenleben können.
(Matthew A. Taylor ist
ein Mitglied der Jüdischen Stimme für Frieden in
Berkeley, California)
(dt. Ellen Rohlfs)
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