Vor wenigen Tagen habe
ich an einer Tagung der Christlichen Bildungsstätte
DIE HEGGE teilgenommen. Es ging um den ewigen und
leidigen palästinensisch-israelischen Konflikt
und seine trüben Friedensaussichten.
Lockvögel der
Veranstaltung waren Felicia Langer und andere
prominente Referenten: Dr. Rupert Neudeck, Prof. Udo
Steinbach und Dr. Bettina Marx. Alle sind
hervorragende Nahostkenner. Ich habe dort viel
gelernt.
Wer erwartet hat, dass
Felicia Langer mit ihren 80 Jahren alt und müde
geworden ist, sah sich schnell getäuscht. Dies
wünschen vielleicht ihre Gegner in Israel und
Deutschland, aber ihre Freunde in der Hegge wollten
die angesehene Autorin – fünf Bücher standen
zum Verkauf da - , die Gewinnerin des Alternativen
Nobelpreises und des Bundesverdienstkreuzes,
persönlich kennen lernen.
Sie hielt einen Vortrag
von etwa einer Stunde, und die Moderatorin Dorothee
Mann schlug vor, eine kurze Pause zu machen.
Protestierend sagte Frau Langer: ich brauche noch
zehn Minuten. Für eine Pause ist es zu früh. Ich
brauche noch keine Pause.
Unermüdlich ist diese
Frau, die mit einem hebräisch-polnischen Akzent
klares Deutsch redet.
Außerdem hat sie viel
zu sagen, und sie kann jede Minute gebrauchen, um
über ihre lange Tätigkeit als Anwältin in
Israel/Palästina zu berichten, wo sie Dutzende
von palästinensischen Gefangenen verteidigt hatte.
Sie sprach über die grausamen Foltermethoden und den
gerechten Kampf der Palästinenser für ihre
Unabhängigkeit.
Ihre Solidarität mit
dem palästinensischen Volk ist nicht zu übersehen:
Sie ist für die Errichtung eines palästinensischen
Staates in der Westbank und im Gazastreifen. Sie
lässt gleichzeitig keinen Zweifel darauf kommen,
dass Israel auch ein Existenzrecht hat. Sie wird
wahrscheinlich mit Willi Brandt übereinstimmen, der
einst gesagt hatte: „ Wir lieben Israel, aber nicht
seine Expansionen!“
Vor etwa 30 Jahren traf
ich das erste Mal Felicia Langer auf einer Tagung in
Frankfurt. Sie hielt auch damals einen
hervorragenden Vortrag. Ich schrieb dazu einen
Artikel in der palästinensischen Zeitschrift
„Schiuon Falalatinja“ (Palästinensische
Angelegenheiten), die von dem einstigen
palästinensischen Forschungsinstitut in Beirut
herausgegeben wurde, das von der israelischen Armee
während des Libanon-Krieges (1982) völlig zerstört
und ausgeraubt wurde.
Ich kann mich an einen
einzigen Satz genau erinnern, den ich vermutlich im
Jahre 1980, also vor 30 Jahren, schrieb: Felicia
Langer, so hieß es in meinem Artikel, spricht
den arabischen Dialekt unserer Mütter. Sie führte
bis 1990 unermüdliche Gespräche mit ihnen über
ihre inhaftierten Kinder. Sie wollte sie trösten und
von ihnen einiges über die politischen Gefangenen
erfahren und lernte dabei fleißig den von mir so
geliebten palästinensischen Dialekt.
Bevor ich mich von ihr
in der Hegge verabschiedete, stellte ich ihr eine
einzige Frage, da ich ihren O-Ton für ein Interview
brauchte: „ Dürfen die Deutschen Israel nach
Auschwitz kritisieren?“ Ihre Antwort: „ Sie dürfen
nicht, sie müssen, denn es geht doch um die
Menschenrechte, die für alle gelten!“
Liebe Frau Felicia
Langer, ich bin so unreligiös wie Sie, aber
dennoch möchte ich Ihnen zum 80 Geburtstag sagen:
GOTT SEGNE SIE.
Hakam Abdel-Hadi
Köln , 11. 12. 2010