Annette Groth, MdB
Menschenrechtspolitische
Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag
Rede auf den 8.
Europäischer
Palästinenserkongress
in Berlin
Unsere
Heimkehr ist gewiss.
- Freiheit für
unsere Gefangenen
Grußwort
Tempodrom Berlin -
8.
Mai 2010
Sehr
geehrte Damen und Herren,
ich
danke Ihnen für die Gelegenheit, auf dieser
Konferenz mit Ihnen zu diskutieren. Gerne nehme ich
die Einladung war, um Ihnen die Positionen der
LINKEN im Israel-Palästina Konflikt vorzustellen.
Am
20. April hat DIE LINKE ihr Positionspapier zum
Nah-Ost-Konflikt beschlossen.
Für
DIE LINKE gilt, dass Deutschland wegen der
furchtbaren Verbrechen der Deutschen an den Jüdinnen
und Juden während des Nationalsozialismus eine
besondere Verantwortung gegenüber Israel und gegen
jede Art von Antisemitismus, Rassismus,
Unterdrückung und Krieg hat. Diese Verantwortung ist
nicht relativierbar; sie schließt das Bemühen um
einen palästinensischen Staat und die Garantie des
Existenzrechts Israels ein.
Daher sehen wir uns in einer Doppelverantwortung .
DIE
LINKE ist der Meinung, dass der
israelisch-palästinensische Konflikt nur mit
friedlichen Mitteln gelöst werden kann. Wir
verurteilen jegliche Gewaltanwendung und appellieren
an Israelis und Palästinenser, Abstand von Gewalt zu
nehmen.
Die
Politik der LINKEN basiert auf der Achtung des
Völkerrechts und der Menschenrechte. Diese
internationalen Normen leiten unsere politischen
Positionen. Sie müssen somit auch für den
Nah-Ost-Konflikt Geltung finden. Bisherige
Friedenskonferenzen mussten scheitern, da sie
versuchten, das Völkerrecht zu umgehen. Mit meiner
Fraktion streite ich für die Durchsetzung des
Völkerrechts in der Region. Menschenrechte müssen
von allen Seiten eingehalten werden, von der
israelischen Regierung wie von Hamas und anderen
Gruppen. Das zu betonen ist mir persönlich sehr
wichtig.
Die
Regierungen der USA und der Bundesrepublik sowie die
EU und die UNO haben jahrelang zur
völkerrechtswidrigen Politik der israelischen
Regierung geschwiegen. Ich bin froh, dass nun
zunehmend kritische Stimmen, auch in den USA, laut
werden. Das Schweigen zur völkerrechtswidrigen
Politik und Praxis der israelischen Regierung
widerspricht der Pflicht der Vertragsstaaten der
Vierten Genfer Konvention zum Schutz von
Zivilpersonen in Kriegszeiten von 1949. Die
Mitgliedstaaten der EU, auch Deutschland, sind
Vertragsparteien dieser Konvention. Daher haben sie
die Rechtspflicht, die grundlegenden Menschenrechte
der palästinensischen Bevölkerung zu schützen.
Sowohl der Siedlungsbau in den besetzten Gebieten,
die Annektion Jerusalems, die Mauer durch die West
Bank und die Blockade Gazas als „Kollektivstrafe“
der Bevölkerung sind – um nur einige Beispiele zu
nennen – gravierende Verletzungen des humanitären
Völkerrechts, die die internationale Gemeinschaft
nicht länger hinnehmen darf. So lange Israel nicht
seinen völkerrechtlichen Pflichten nachkommt, ist
aus unserer Sicht daher eine Aufwertung der
europäisch-israelischen Beziehungen im Rahmen des
Assoziationsabkommens der EU mit Israel genauso
problematisch wie der in unmittelbarer Zukunft
anstehende Beitritt Israels zur OECD. Nur wenn sie
das Völkerrecht zur Grundlage ihrer Politik macht
und alle Konfliktparteien einbindet, kann die
internationale Staatengemeinschaft einen
wesentlichen Beitrag zur Lösung des Konflikts
leisten.
Sehr
geehrte Damen und Herren,
DIE
LINKE ist der Auffassung, dass eine endgültige,
gerechte und dauerhafte Lösung des
israelisch-palästinensischen Konflikts nur mit der
Umsetzung der Zwei-Staaten-Lösung zu erreichen ist.
Wir fordern daher die Schaffung eines souveränen
palästinensischen Staates mit völkerrechtlich
verbindlichen, von allen Beteiligten anerkannten,
sicheren Grenzen, mit einem zusammenhängenden
Territorium im Westjordanland auf der Grundlage der
Grenzen von 1967, dem Gaza-Streifen und Ostjerusalem
als Hauptstadt, einschließlich der Möglichkeit eines
einvernehmlichen Gebietsaustausches mit Israel. Der
palästinensische Staat muss über wirtschaftliche und
soziale Lebensfähigkeit und über die Kontrolle der
eigenen Landesgrenzen und Ressourcen, wie Land und
Wasser sowie frei zugängliche Verkehrswege zwischen
dem Westjordantal und dem Gaza-Streifen verfügen.
DIE LINKE fordert auch die Anerkennung eines
sicheren Existenzrechts Israels und eines
palästinensischen Staates in völkerrechtlich
verbindlich festgelegten Grenzen. Auch eine
umfassende Regelung für alle palästinensischen
Flüchtlinge auf der Grundlage der Resolution Nr. 194
der UNO-Generalversammlung muss gefunden werden.
Unsere Forderungen sind:
-
sofortiger Stopp des Siedlungsbaus und der
Landkonfiskation in den besetzten Gebieten,
einschließlich Ost-Jerusalems
-
sofortiges Ende des palästinensischen
Raketenbeschusses auf israelisches Territorium und
der israelischen militärischen Angriffe auf
palästinensisches Gebiet
-
Öffnung der Grenzen zum Gaza-Streifen und Aufhebung
der über 650 Checkpoints
-
Sofortiger Stopp des Mauerbaus auf palästinensischem
Territorium und Abbau oder Rückbau auf israelisches
Gebiet entsprechend dem Gutachten des
Internationalen Gerichtshofes von 2004
-
Freilassung der palästinensischen politischen
Gefangenen in Israel und des israelischen Soldaten
Gilat Schalid
-
Einbeziehung der Hamas in politische Gespräche und
Aufhebung ihres Boykotts
-
Internationale Untersuchungen der Kriegsverbrechen
im Gaza-Krieg
Sehr
geehrte Damen und Herren,
Als
menschenrechtspolitische Sprecherin der Fraktion DIE
LINKE setze ich mich dafür ein, dass der
„Goldstone-Bericht“ im Deutschen Bundestag
debattiert und seine Forderungen umgesetzt werden.
Die Vorwürfe der Kriegsverbrechen müssen
entsprechend internationaler Standards untersucht
werden. Dies schulden wir den zivilen Opfern.
Strafrechtliche Verfolgung ist aber auch notwendig,
um weiteren Aggressionen vorzubeugen und einem Klima
der Straflosigkeit in der Region entgegenzuwirken.
Ich bin der Meinung, dass Frieden und Gerechtigkeit
zusammengehören. Ohne Gerechtigkeit ist auch kein
dauerhafter Frieden möglich.
Von
der Bundesregierung fordern wir auch, Israel und
andere Staaten der Region nicht länger mit Waffen zu
beliefern und politisch für einen atomwaffenfreien
Nahen Osten sowie für die Nichtverbreitung atomarer
Waffen einzutreten.
Ebenso fordern wir von der Bundesregierung sich
innerhalb der EU für die gegen den Gaza-Streifen
verhängte Blockade einzusetzen. Dafür engagiere ich
mich auch persönlich mit meiner Teilnahme an der „Free
Gaza Bewegung“. “Free Gaza“ ist eine internationale
Bewegung, die mit Schiffen die Blockade durchbrechen
will. Für Ende Mai ist eine Flottille mit sechs
Schiffen nach Gaza geplant. Die Flottille nach Gaza
soll mit ihren Hilfsgütern aber nicht nur die
Blockade von Gaza überwinden, sondern auch durch
entsprechende Öffentlichkeitsarbeit dem Schweigen in
den Medien entgegenwirken und Druck auf die
internationale Politik entfalten, sich deutlich
gegenüber Israel für ein Ende der Blockade
einzusetzen. Die Flottille ist auch ein Plädoyer für
die Achtung menschenrechtlicher und
völkerrechtlicher Normen, ohne deren Durchsetzung
ein dauerhafter und gerechter Frieden in der Region
noch lange Utopie bleiben wird.
Vielen Dank.
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