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„Aber der Holocaust!“
Über den Umgang mit einer schwierigen Blockade bei der Palästina-Solidaritätsarbeit

Wohl alle, die sich aktiv um einen gerechten Frieden zwischen Israel und den Palästinensern bemühen, kennen diesen Einwand: „Ja, aber wir als Deutsche sollten uns wegen `unserer Vergangenheit´ da raushalten!“ Ich habe Verständnis für diese Argumentation, lehne sie aber trotzdem ab und möchte das hier begründen.

      1)            Ich gehöre zu den Deutschen, die in den vergangenen Jahrzehnten einen intensiven, schmerzhaften Besinnungs- und Lernprozeß durchgemacht haben. Bin ich doch ein Kind der Nazizeit-Generation, die unglaublich lange brauchte, bis sie die entsetzlichen Verbrechen von Deutschen an Juden überhaupt an sich herangelassen hat.

      2)            Wohl mein Leben lang wird mich die Scham begleiten, zu einem Volk und zu einer Kirche zu gehören, die es in ihrer Mehrheit gewissen Nazi-Schichten - zumindest emotional - ermöglicht hat, schließlich solch einen Völkermord zu begehen. Meine Familie gehört durchaus in dieses Geflecht des irgendwie Schuldiggewordenseins mit hinein.

      3)            Auch aus diesem Grund akzeptiere ich als unvermeidliche Konsequenz  die Existenz eines Judenstaates auf dem Boden Palästinas. Allerdings auf der Basis des UNO-Teilungsplans in zwei Staaten (und einem neutralen Jerusalem) von 1947.

      4)            Ich akzeptiere, wenn auch widerwillig, die Grenzziehung, die der  israelische Sieg von 1949 mit sich gebracht hat – eben die „Grüne Linie“. Sie ist seit langem die international anerkannte Verhandlungsbasis für einen gerechten Frieden; anerkannt von der Welt – aber nicht von Israel, das schon immer das Land bis zum Jordan so oder so annektieren will.

      5)            Indem ich das ausspreche, spüre ich den Druck des „Holocaust-Syndroms“! Ich soll quasi eine nie verjährende, nie sich verringernde „Schuld“  begleichen, die man in einer bestimmten „Währung“ von mir verlangt. Und die heißt:  „Halt deinen Mund!“ und „Israels Politik hat immer recht!“  Anders gesagt: Ich soll zur Gruppe der Träger des „Nazi-Kainszeichens“ gehören, die das „Mörder!“-Brandmal nie mehr los wird.

      6)            Nein! So nicht! Niemand hat das Recht, dauernd  mein Gewissen mit Vorkommnissen unter Druck zu setzen, die – von mir bereut, für mich bereinigt und abgeschlossen – inzwischen zwei Generationen weit in der Vergangenheit zurückliegen. Sicher, es bleibt meine Scham! Aber Scham über längst Vergangenes. Meine Gegenwart ist davon frei! Das heißt: Ich habe das moralische Recht, den Staat Israel von heute zu kritisieren und von ihm für die Palästinenser Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit einzufordern.

      7)            Und das umso mehr, als von interessierten Kreisen das „Holocaust – Syndrom“ ganz massiv auch als politische Waffe eingesetzt wird. Dient es doch täglich zur Rechtfertigung der kriminellen Politik des Staates Israel gegenüber den Palästinensern. Das sagen übrigens auch die israelischen Friedensgruppen, mit denen ich sympathisiere.

      8)            Diese betonen, dass so gerade die Holocaust-Opfer manipuliert und zur politischen Manövriermasse erniedrigt werden. Ja, die Terroraktionen der israelischen Armee in den besetzten Gebieten sind auch für mich eine Beleidigung all derer, die in der „Yad-Vashem“-Gedenkstätte in Jerusalem geehrt werden.

      9)            Hatten wir nicht alle einmal gehofft, das Holocaust-Gedenken werde zur Quelle einer neuen politischen Moral im Umgang mit „den Anderen“?  Aber genau diese Hoffnung macht die Palästina-Politik des jüdischen Staates kaputt. Will das das israelische Volk wirklich? Erkennt denn die weltweite jüdische Israel-Lobby nicht, dass sie mit der kritiklosen Unterstützung dieser unhaltbaren Politik sich langfristig selbst schadet; nämlich durch die Züchtung eines immer stärker werdenden „neuen“ Antisemitismus?

  10)            Aus all diesen Gründen sehe ich es als meine Pflicht – als Deutscher, Demokrat und Christ -  mich aktiv für das Menschen- und Völkerrecht der Palästinenser einzusetzen. Auch ich möchte so mithelfen, langfristig das Überleben und die Wohlfahrt des Staates Israel in einer guten Nachbarschaft mit einem Staat „Palästina“ zu  sichern und zu fördern.

Dieter Helbig  1/07
evang. Pfarrer i.R

 

 

 

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