Mörderische
Selbstverteidigung bis zum bitteren Ende
Evelyn
Hecht-Galinski - Düsseldorf, Samstag, den 3. Januar
2009, eine Großdemonstration mit anschließender
Kundgebung gegen die Aktion „Gegossenes Blei“ der
Israelis gegen das palästinensische Volk.
Es ist beeindruckend, wie
viele Tausende von Menschen sich trotz klirrender Kälte
vom Friedrich-Ebert-Platz in Düsseldorf zum Rheinufer in
Bewegung gesetzt haben, um dort bei der
Abschlusskundgebung dabei zu sein. Ein Großaufgebot von
Polizei zeigt Präsenz mit Einsatzwagen und
Hubschraubern, um etwaige Gegendemonstrationen zu
verhindern und notfalls einschreiten zu können. Es war
mir ein Bedürfnis auf Einladung des Vorsitzenden der
palästinensischen Ärzte- und Apothekervereinigung, Dr.
Walid Ayad, auf der Kundgebung sprechen zu können. Für
mich als deutsche Staatsbürgerin, jüdisch, ist es eine
Herzensangelegenheit eine Solidarität mit dem
palästinensischen Volk zu zeigen. Diese Solidarität
vermisse ich leider bei den meisten deutschen Bürgern,
der evangelischen und katholischen Kirche, den
Gewerkschaften und anderen Verbänden, ganz zu schweigen
von den Parteien, die ständig hin und her lavieren und
keine klare Aussage hinsichtlich der wahren Ursachen für
den Palästinakonflikt machen. Dieses Leid, das die
israelische Mordmaschinerie verursacht hat - beflügelt
durch die so genannten Kriegserfolge - wird benutzt, um
den Wahlkampf nochmals aufzuheizen. Der jüdische Staat
befindet sich durch eigene Überhöhung und
propagandistische Euphorisierung der Kampfesstärke als
fünftgrößte Militärmacht der Welt, angestachelt und
bestärkt durch die USA und insbesondere auch durch die
deutsche Regierung in einem nationalen kollektiven
Blutrausch. Gestärkt wird Israel mit seinen
Luftangriffen, wie auch der israelische
Regierungssprecher Mark Regev betont, durch die
Tatsache, dass weder in Paris, London und Berlin eine
Träne geweint wird. Besonders schuldig – und das
beschämt mich als Deutsche außerordentlich – macht sich
unsere Bundeskanzlerin und unser Außenminister, wenn sie
sofort und nachhaltig die Hamas als einzig Schuldigen
verurteilt und Israel – wie immer – einseitig verteidigt
und auch nicht davor zurückschreckt, ihre
Neujahrsansprache dafür zu missbrauchen. Gerade hier in
Deutschland sollten wir nicht wieder die schon einmal
gemachten Fehler wiederholen und wegschauen. Ich frage
mich, gerade auch als deutsche Jüdin, wie kann ein
jüdischer Staat, nämlich Israel, das immer wieder auf
den Holocaust hinweist und alle Besucher nach Jad
Vaschem führt, so viel Leid, so viel Menschenrechts
verletzende und brutale Besatzung und Blockade über ein
anders Volk, nämlich die Palästinenser, bringen. Fühlt
sich Israel inzwischen so überhöht, dass man andere
Menschen und deren Leid ignoriert.
Mich schmerzt und empört,
dass die mediale Berichterstattung, insbesondere hier
bei uns, mit wenigen Ausnahmen falsch und einseitig
berichtet. Man sollte nicht zögern, E-mails an Rundfunk-
und Fernsehanstalten zu schicken, um gegen diese
skandalöse Berichterstattung zu protestieren.
Mein neustes Beispiel von
Gestern: Nach meiner Rede hatte ich zwei Interviews,
nämlich mit dem WDR 2 Rundfunk und SAT 1 Fernsehen. Bei
der Berichterstattung über die gestrigen Demonstrationen
und Ausstrahlung über die Düsseldorfer Veranstaltung
wurde in beiden Nachrichtensendungen weder meine
Teilnahme, meine Rede, geschweige denn die Interviews
gebracht. Soviel zum sauberen Journalismus und
objektiver Nachrichtenberichterstattung. Das ist eine
Verdummung und Missachtung gegenüber uns
Gebührenzahler/Innen. Ich verlange nur, dass die
Sendeanstalten die minimalsten journalistischen
Standards einhalten. Deswegen empfehle ich allen, die
die Möglichkeit haben, sich z.B. bei BBC World zu
informieren.
Anstatt die These von der
Selbstverteidigung zu verbreiten, sollte man die
Tatsachen nicht mehr verdrehen und Druck ausüben. Israel
darf nicht belohnt werden durch die EU-Annäherung und
ständige finanzielle Unterstützung. Das Gegenteil muss
jetzt der Fall sein: Boykott, so lange der Luftkrieg und
die Bodenoffensive, die Besatzung, die Blockade und der
Siedlungsbau anhalten. 1.480.000 zivile
Gazastreifen-bewohner/innen werden angegriffen und
wahllos getötet, weil sich 20.000 Hamasanhänger im
Gazastreifen befinden. Seit Monaten war die Attacke
minutiös vorbereitet worden. Israel kann nur so
vorgehen, weil die USA, Europa und arabische Staaten,
die von den USA abhängig sind, zusehen. Das gilt auch
besonders für den Fatah-Präsidenten Abbas, dem König
ohne Land, der immer, wenn es brennt, im Ausland sitzt.
Ich rufe dazu auf, umzudenken, zumindest im Kleinen bei
uns in Deutschland: Üben wir Druck auf unsere Regierung
aus, unsere Medien, unsere Kirchen und alle aufrechten
Bürger/innen, dagegen zu protestieren und der Propaganda
Israels zu widersprechen. Israel führt keinen humanen
Krieg, wie es immer betont und hat auch keine
Verteidigungsarmee sondern führt einen
völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen beinahe
Wehrlose, ohne Rücksicht auf Verluste – gegen alle
Regeln und Gesetze. Das zeigt auch zusätzlich, dass
Israel trotz Urteil des Obersten Gerichtshofes noch
immer keine Journalisten in den Gazastreifen lässt. Wenn
man nichts zu verbergen hat, braucht man Journalisten
nicht auszusperren und deren Berichterstattung nicht zu
fürchten. Ich hoffe, manipulierte oder
Nichtberichterstattung wird sich für Israel nicht
auszahlen. Wehren wir uns im Namen der zerschundenen und
seit über 40 Jahren besetzten unschuldigen
Palästinenser, die keine Lobby haben. Sie haben
Solidarität verdient und brauchen unsere
uneingeschränkte Hilfe gegen diese Unrechtspolitik.
Informieren wir uns umfassend und glauben wir nicht mehr
alles, was uns täglich vorgesetzt wird. Es gab und gäbe
immer Gesprächspartner für Israel. Aber Israel, „die
einzige Demokratie im Osten mit der ausgestreckten Hand“
hat seinen Gesprächspartnern nie etwas Annehmbares
gegeben. Israel siedelt weiter, mauert weiter,
„abbombardiert“ weiter und mordet in den Bodenoffensive
weiter. Mit diesen israelischen Angeboten, diesem nicht
lebensfähigen Flickenteppich der Zersplitterung von Gaza
und dem Westjordanland, mit der ungebremsten Besiedlung
von Ostjerusalem, mit der willkürlichen Trennungsmauer
durch all diese Gebiete kann es keinen
Palästinenserstaat mehr geben. Die Konsequenz ist, dass
es nur einen Staat geben kann, einen demokratischen
Staat, wie auf der ganzen Welt, wo alle Religionen,
Ethnien und Menschen gleichberechtigt zusammenleben und
es nicht palästinensische Israelis Bürger zweiter und
dritter Klasse gibt. D.h. einen Staat mit einer
demokratischen Verfassung mit Trennung von Religion und
Staat. Nur das kann das erstrebenswerte Ziel sein, auch
wenn es nicht im Sinne von Israel ist. Die
Unterdrückung, Missachtung und Besatzung muss aufhören.
Das kann nur erreicht werden, indem wir die
Unterstützung Israels versagen, bis ein annehmbarer
Frieden für alle Seiten erreicht ist. Solange das nicht
geschieht, sollte man sich auch überlegen, ob Israel
noch einen Platz in der UNO haben sollte. |