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INTERNATIONAL SOLIDARITY MOVEMENT

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Stellt euch das vor und versucht zu verstehen!
Donna, ISM, Jerusalem 12.4,05

 

Während des letzten Wochenendes beobachtete ich wie 3000 schwer bewaffnete israelische Soldaten und Polizisten sich durch die engen Gassen Jerusalems drängten, um die alte Mauer der Stadt liefen und die Straßen in der Nähe mit Kontrollpunkten verstopften.

Die starke Präsens war eine Reaktion auf die Drohung  jüdischer Gruppen des rechten Flügels, den Tempelberg zu stürmen – also das Areal innerhalb der Altstadt, das von  Muslimen in aller Welt besonders verehrt wird.

Als das letzte Mal eine jüdische Person vom rechten Flügel  eine solch provokative Schaunummer  abgab,( Ariel Scharon am 29.9.2000), begann die zweite Intifada, in deren Folge in den vergangenen vier Jahren es mehr als 3500 palästinensische  und mehr als 940 israelische Tote gab. Deshalb war die Stimmung in und rund um Jerusalem verständlicherweise  in diesen Tagen sehr angespannt.

Nun könnte man sich ja vorstellen, dass die Palästinenser glücklich waren, dass da 3000 Soldaten und Polizisten präsent waren, um sie und ihre heiligen Stätten an diesem Wochenende zu schützen.

Nun gut, in jedem normalen, demokratischen Land nimmt man an, dass  Polizei und Armee dorthin geschickt werden, wo von Extremisten Bedrohte geschützt werden müssen.

Aber hier in Israel, da ist nichts normal – und wenn dein Name Abdul ist, benimmt es sich dir gegenüber  nicht demokratisch. Der Polizeichef war gar nicht subtil, als  er den Medien gegenüber das starke Polizei- und Militäraufgebot erklärte. Dort machte er klar, dass die Soldaten da waren, um das jüdische Volk  vor einer  etwaigen palästinensischen Gegenreaktion (eines Siedlerangriffes)  zu schützen. So ist es! Genau so sagte er es. Ich war verblüfft, dass er gar keinen Versuch machte, den vom Staat sanktionierten Rassismus zu verbergen oder gar so zu handeln, als ob er daran interessiert wäre, die zu schützen, die wirklich bedroht waren.

 

Wie immer wurde den Palästinensern die Schuld zugeschoben. Falls irgend etwas passiert wäre, wäre es ihr Fehler gewesen, nicht der Fehler von den rechten jüdischen  Extremisten, die mit der provokativen Aktion gedroht hatten.

Es stellte sich dann heraus, dass die Demo der Rechten ein Flop gewesen war. Aber das ganze  Fiasko macht ein wenig deutlich, wie das Leben für  Palästinenser hier aussieht.

Während des ganzen Wochenendes waren es die Palästinenser, die an den Checkpoints rund um die Altstadt festgehalten wurden. Das heißt, dass die Jungen nicht zur Schule, die Männer  nicht zur Arbeit gehen konnten, ihre Läden nicht geöffnet wurden, sie konnten auch nicht zum Gebet in die Moschee gehen. Sie konnten nichts machen, was sonst für sie normal ist. Viele Geschäfte blieben geschlossen, weil die Angestellten nicht durchkommen konnten. Die Folge war ein großer finanzieller Verlust.

Inzwischen strömten religiöse Juden in großen Scharen ( ungehindert) durch die Altstadt ( zur Klagemauer). Kann man das verstehen?

Also diejenigen, die durch die Androhung von Gewalt ( der Siedler)  unter  Kollektivstrafe und  Provokation leiden – sind nicht diejenigen, die gedroht haben, sondern diejenigen, denen gedroht wurde – die Palästinenser. Kann man das verstehen?

 

Genau das geschieht oft in Hebron, einer Stadt in der Westbank, die Gemeinden mit extremen jüdischen Siedlern hat, die mitten in der Stadt wohnen. Sie sind ein „entzückender“ Haufen. Zu ihren Gewohnheiten gehört es, ihren Müll oder kochendes Wasser von ihren Fenstern aus auf  in die Schule gehende palästinensischen Kinder zu werfen bzw zu schütten; oder uralte Olivenbäume abzusägen, Besitz zu zerstören, die Leute zu schlagen, rassistische Graffiti an die Wände zu sprühen, zu fluchen und allgemein zu terrorisieren und umzubringen.

Wenn die Siedler besonders gewalttätig werden, kann man voraussagen, was geschehen wird.

Die Palästinenser werden darunter leiden. Ich meine nicht nur leiden unter den direkten  Misshandlungen, sondern in einer verrückten Weise  - irgendwie werden sie noch extra bestraft. Wenn z.B. Siedler auf eine gewalttätige, zerstörerische Tour durch die Stadt wüten, dann werden die Palästinenser unter Ausgangssperre gesetzt, weil sie (natürlich) gegen die gewalttätigen Gangster sind. Man stelle sich das nur einmal vor!

Und wenn die Siedler die Marktstände umwerfen und auf dem Markt ein Chaos anrichten, werden die Palästinenser von der Polizei gezwungen,  den Markt zu verlassen und danach die Läden tage-, wochen- oder gar monatelang zu schließen – es werden nicht etwa diejenigen bestraft, die das Chaos verursacht haben. Man stelle sich das nur einmal vor!

In der vergangenen Woche wurden zwei meiner Freunde, junge Amerikaner, die auf dem Land ein kleines Dorf vor dem regelmäßigen Terror jüdischer Siedler schützen wollten, von diesen zusammengeschlagen. Als sie sich per Handy an die Polizei wandten und von dem Vorfall berichten wollten, hängte die Polizei auf. Als es den beiden verwundeten Amerikanern gelang,  schließlich die Polizei zu erreichen, waren sie es, die verhaftet wurden, weil sie geschlagen wurden (Ich mache keinen Scherz !) Man stelle sich das mal vor!

Als die Siedler im südlichen Hebroner Gebiet Gift auf die Weidehügel  eines nahen palästinensischen  Dorfes streuten , um deren Herden umzubringen, verhaftete die Polizei niemanden, obwohl eine Reihe Leute Zeugen des Verbrechens war. Stattdessen bestellten sie einen Mann aus der Siedlung, die das Gift streute, um ihn nach dem Vorfall zu befragen. Trotz der Tatsache, dass viele kostbare Tiere umgekommen waren und der Boden für Jahre kontaminiert ist, erwarten wir keine Verhaftungen – und dies in einem Land, das behauptet, eine Demokratie zu sein. Es ist kaum zu glauben.

 

Während die Medien von friedvollem Waffenstillstand reden, wissen wir von Dutzenden von Palästinensern , die seit dem Sharm el.Sheik-Abkommen getötet worden sind. Habt ihr je von ihnen gehört? Haben die Medien davon berichtet?  Stellt such das vor und fragt, warum ist das so!

Die de-humanisierenden Kontrollpunkte, die Palästina zu einem Open-Air-Gefängnis machen, die Tausenden, die tatsächlich hinter Gittern ohne Gerichtsverhandlung und ohne Anklage sitzen, das gestohlene palästinensische Land, um Israels Apartheidmauer zu bauen, die Befehle zum Zerstören von Hunderten von  Häusern,  die terrorisierten Hirten, die drei getöteten Teenagers in Rafa in dieser Woche, die durch Siedler vergifteten Viehweiden  und die dadurch umgekommenen Tiere usw.usw.

So sieht das Leben der Palästinenser während des Waffenstillstands aus. Dies ist „Frieden“ für sie. Diesen Standpunkt habt ihr noch nicht gehört?  Bevor ich nach Palästina kam, habe ich nie wirklich den Standpunkt der Palästinenser gehört. Wenn ich nicht gekommen wäre und dies nicht selbst erlebt und gesehen hätte, hätte ich es vielleicht nicht geglaubt, dass  hier so etwas  geschieht.

 

In der letzten Woche  war ich noch eine Zeit lang im eigentlichen Israel und redete mit vielen Israelis. Sie erzählten mir das, was sie  die israelische Seite der Geschichte nennen. Es kam mir so bekannt vor. Dann fiel mir ein, dass ich diese Seite der Geschichte schon einmal gehört habe.

Tatsächlich hatte ich sie fast jeden Tag in meinem Leben gehört: in der Sonntagsschule, im Geschichtsunterricht, in den Medien, im Fernsehen, in Büchern und Filmen. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich als Kind, als junger Mensch je etwas anderes als die israelische Seite der Geschichte gehört habe. Also akzeptierte ich sie.

 Aber jetzt habe ich die palästinensische Seite der Geschichte nicht nur gehört, ich habe sie gesehen  und  bin  davon tief  beunruhigt und kann sie nicht verstehen. Ich bin auch davon beunruhigt, dass ihr nichts davon erfahren habt. Es sollte auch euch beunruhigen und wir sollten fragen, warum uns die andere Seite der Geschichte so absichtlich von uns fern gehalten wird.

Ursprünglich wollte ich nur für ein paar Wochen nach Palästina kommen – aber nun verlasse ich morgen nach drei ein halb Monaten das Land mit schwerem Herzen, traurig, verwirrt und zornig.

Da ich nun nach Hause (Australien) fahre, bitte ich euch dringend: kommt her und seht selbst, was hier in der Vergangenheit geschah, hört die Geschichten, die ihr nie gehört habt und seht , was jetzt geschieht, seid Augenzeugen der Geschichten, die ihr nie auf dem Bildschirm seht. Dann macht euch selbst ein Urteil.

Ihr werdet Menschenrechtsverletzungen sehen, Landraub, eine schmutzige große Betonmauer, institutionalisierten Rassismus und Apartheid, dehumanisierende Kontrollpunkte, Gewalttätigkeit, die nicht bestraft wird, den Bruch von UN-Resolutionen, Missachtung des Internationalen Rechts .... all dies in einer „Demokratie“ nach  westlichem Stil .... und die Welt lässt es geschehen.

 

(dt. Ellen Rohlfs)

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