Wird Netanjahu einen „Krieg“ gegen Kritiker im eigenen Land führen?
Die israelische Regierung
hat angedeutet, dass sie dabei sei, eine harte Linie gegen
Menschenrechtsgruppen, Medien und den Obersten Gerichtshof
vorzubereiten
Jonathan Cook, Nazareth 6. Juni 15 --- zuerst
veröffentlicht in „Middle East Eve“
Einen Monat nachdem
Benjamin Netanjahu (N) seine Präsidentschaft wieder übernommen hat, ist
er wegen zunehmender autokratischer Herrschaft angeklagt worden, wie
Kritiker warnen: seine neue Regierung bereitet eine drakonische Linie
gegen israelische Institute vor, die gegen seine Politik sind.
Israels neue Koalition
des rechten Flügels hat schon darauf hingewiesen, dass sie an drei
Fronten Prioritäten in Angriff nehmen wolle:
Menschenrechtsorganisationen, die Medien und den Obersten Gerichtshof.
Alle drei sind wiederholt mit Netanjahu während seiner vorherigen
Amtsperioden zusammengestoßen.
Der Führer der
parlamentarischen Opposition, Isaac Herzog löste im letzten Monat Alarm
aus, indem er N. warnte, seine Hand nicht gegen die Justiz, die Medien
oder die Minderheiten des Landes zu heben, einschließlich seiner 1,5
Millionen palästinensischen Bürger. N. schien von den Diktatoren der
Region „Tricks“ gelernt zu haben.
Seit langem fürchten
Beobachter von Israels Politik auch, dass die augenblickliche enge
Koalition des rechten Flügels dem Ministerpräsidenten eine freiere Hand
gibt. Bei seinen zwei früheren Amtszeiten war N. abhängig von der
Unterstützung der Mitte-Parteien, wie der Labor und Yesh Atid. Jetzt
steht er solchen Beschränkungen nicht gegenüber. Nachdem sich N. selbst
mit neuer Macht „belohnt“ hat, um in dieser Woche gegen die
Gerichtsbarkeit (Dor Khenin, das einzige jüdische Mitglied der arabisch
geführten, gemeinsamen Liste im israelischen Parlament oder der Knesset)
ein Veto einzulegen: „Sind wir für Autokratie?“
In ähnlicher Weise
folgert Uri Avnery, Führer der Gush-Shalom-Friedensbewegung und ein
früheres Knesset-Mitglied, in einer Kolumne vor kurzem: „Wer wird Israel
erretten?“ dass „ die extreme Rechte ihre Selbstversicherung gefunden
habe und entschlossen sei, ihre Macht auszunützen. „
Die Bedenken wachsen
Die Ursachen für Bedenken
sind schnell gewachsen
Sie haben die Ankündigung
eines Regierungsgesetzes eingeschlossen, das die Menschenrechtsgruppen,
die den Palästinensern in den besetzten Gebieten und den Rechten der
großen palästinensischen Minderheit innerhalb Israels und den
afrikanischen Asylsuchenden helfen, strafen.
Außerdem teilte eine
diplomatische Quelle Middle East Eye mit, dass hinter der Szene
Israels Offizielle die europäischen Regierungen unter Druck zu setzen
versuchen, die israelischen Menschenrechtsgemeinschaft (MRO) nicht mehr
finanziell zu unterstützen. Man war auch von N’s Entscheidung sehr
erstaunt gewesen, das Kommunikationsministerium für sich selbst zu
reservieren, das die Medien ihm selbst dient. Dies geschieht trotz der
Kürzung ministerieller Posten, mit denen er Koalitionspartner belohnt.
Analytiker haben gewarnt,
dass N. sich darauf vorbereitet, Teile der gegen ihn kritischen Medien,
einzuschüchtern und die Position von Israel Hayom, eine kostenlose
Tageszeitung, abzustützen, die zur größten Auflage unter den
nationalen Zeitungen geworden ist. Sie gehört dem US-Kasino Milliardär
Sheldom Adelson, es ist die Zeitung die N. unterstützt.
Unterdessen gibt es
Befürchtungen, dass der israelische Oberste Gerichtshof, der während
der letzten Amtszeit mit N. wiederholt Probleme hatte und zwar wegen des
Gefängnisaufenthalts und der Abschiebung von Asylsuchenden …
Der Ministerpräsident
war damit einverstanden, Ayelet Shaked („Pro-Siedler-jüdisches
Heim“-Partei) zur Justizministerin zu ernennen. Shaked ist gegenüber dem
Gericht sehr kritisch gewesen. Sie hat vor kurzem versucht, Gesetze
einzuführen, um es zu neutralisieren.
N. tut wegen
Meinungsverschiedenheiten gut daran, Krieg zu erklären, sei es gegen die
MRO oder gegen die Medien,“ sagte Jafar Farah, Direktor von Mossawa,
einer Anwaltsgruppe für die israelisch palästinensische Minderheit.
Israel ist nicht perfekt.
N. hat seine Akte gegen
solche Anklagen verteidigt.
Die folgende Kritik von
Seiten Präsident B. Obamas, dass seine Sicherheitsweltsicht nur „ die
schlechteste der Möglichkeiten voraussetzt“, sagte am Donnerstag:
„Israel ist nicht perfekt, aber es ist mit den größten Demokratien auf
der Welt auf einem Level und es steht vor Herausforderungen, die viel
schwieriger sind.
Er fügte noch hinzu, dass
seine Regierung mächtig investiert habe, um Israels palästinensischer
Minderheit zu helfen, und er versprach, die Unabhängigkeit des Obersten
Gerichtes zu erhalten, während er betonte, es sei nur seine Absicht,
die Medien zu größerer Kompetenz zu öffnen, nicht, sie zu kontrollieren.
„Ich glaube an Konkurrenz
bei Produkten, Waren und auch von Ideen,“ sagte er bei einer
Pressekonferenz. Aber die Kritiker waren nicht beruhigt.
Ein europäischer Diplomat
in Jerusalem sagte zu MEE, dass Israel eine aggressive Kampagne in
Europas Hauptstädten führen will, um sie zu überzeugen, dass sie damit
aufhören, MROs in Israel zu unterstützen.
„Der Druck, der hinter
der Szene auf uns ausgeübt wird, ist enorm,“, sagte die Quelle, die
nicht genannt werden will.
Der Diplomat fügte hinzu,
Israel wünsche besonders, dass israelische Gruppen, deren Arbeit es
sei, die internationale Boykott-Kampagne zu ermutigen oder bei
Untersuchungen durch den Internationalen Gerichtshof beizustehen, dem
sich die Palästinenser offiziell im April angeschlossen haben.
Der Diplomat wies darauf
hin, dass B’tselem und Breaking the Silence – beide auf die
Menschenrechtsverletzungen konzentriert -, von europäischen Regierungen
finanziert – auf Israels Abschussliste ganz oben stehen.
Klamauk über die
Zeugenaussagen der Soldaten
Die Spannungen
explodierten in dieser Woche in der Öffentlichkeit, als Israels
Außenminister einen Streit mit der Schweiz hatte, weil sie eine
Ausstellung von „Breaking the Silence“ eröffnete. Yigal Caspi, Israels
Botschafter in der Schweiz, denunzierte die Ausstellung in Zürich als
eine „Schande“, weil sie Fotos und Zeugenaussagen von israelischen
Soldaten zeige, die die Verletzungen der palästinensischen
Menschenrechte zeige. Caspi verlangte, dass die Schweizer Regierung
sofort aufhöre, die Ausstellung zu finanzieren. Israel hat erst
kürzlich verlangt, dass Großbritannien, die Niederlande, Spanien und
auch Dänemark die Unterstützung dieser Gruppe beendeten.
Der Klamauk folgte
unmittelbar auf eine Entscheidung des Kultusministeriums, das die
Finanzierung einer Tanz-Veranstaltung in Tel-Aviv zurückzog, bei der
Video-Clips von B’tselem gezeigt wurden, die in den besetzten Gebieten
aufgenommen waren.
Tzipi Hotovely,
Netanjahus Vertreterin im Außenministerium warnte am Dienstag, dass die
Regierung gegen Gruppen handeln würde, die gegen Israel von innen und
von außen handeln würden. Breaking the Silence antwortete mit Kritik an
der „anti-demokratischen“ Kampagne.
Nichtregierungsorganisationen –Gesetz in der Leitung
Der Clash mit der Schweiz
sieht aus wie die Eröffnungsrunde bei einem umfassenderen Schritt, um
die Menschenrechtsgruppen mundtot zu machen, sagte Rina Rosenberg, im
Vorstand der Anwälte von Adalah, ein Rechtszentrum für Israels
palästinensische Bürger. Die Richtung dieser Regierung scheint ein Fall
für große Sorge zu sein,“ sagte sie zu MEE: Es sieht aus, als ob wir
einen großen Kampf vor uns haben.“
Die Koalitionsparteien
bestimmten in ihrem Abkommen im letzten Monat, dass sie das voranbringen
würden, was sie ein „NGO“-Gesetz bezeichnen würden und auf Gruppen
zielen, die als Linke angesehen werden und pro-palästinensisch sind.
Shaked, die neue Justizministerin, ist die treibende Kraft hinter dieser
Maßnahme
Nach den israelischen
Medien ist die Gesetzesvorlage wahrscheinlich dafür gedacht, dass sie
die Genehmigung zur Finanzierung, die sie von fremden Regierungen
erhalten, vom Verteidigungs- und Außenminister brauchen – ein Schritt,
der erwartet wird, der aber nur für MR- und propalästinensische Gruppen
gedacht ist. Wenn solche Gesetze durchgehen, werden diese Gruppen sehr
zu kämpfen haben, um finanziell zu überleben, sagte Rosenberg.
In der letzten Knesset
versuchte N’s Regierung Gesetze gegen die MRO durch zu bekommen, nahm
sie aber wieder zurück, als westliche Regierungen dagegen protestierten.
Ein Vorschlag wurde einer linken Gruppe zugeteilt, die auch von Übersee
finanziell unterstützt wird – sie wird jetzt als „fremder Agent“
angesehen
Zur gleichen Zeit wird
Gruppen wie die Rabbiner für Menschenrechte oder die Ärzte für
Menschenrechte der steuerfreie Status zurückgenommen. Das begrenzt ihre
Fähigkeit, an Spenden zu kommen, während Gruppen vom rechten Flügel
genau dieser Status verliehen wird.
Rosenberg sagte, N’s neue
Regierung scheint ihre Lektion gelernt zu haben und vermeidet nun
offene politisierte Gesetzgebung“.
Dieses Mal sieht es so
aus, als gingen sie vorsichtiger damit um – und das macht die Situation
gefährlicher“, sagte sie. Durch das Finanzieren mit Genehmigung durch
das Verteidigungsministerium oder ein Knesset-Komitee, können sie sagen,
dass sie Praktiken folgen, die von Ländern wie Ägypten, Jordanien und
Indien angenommen werden.
Sie fürchtet, dass Israel
in der Lage sei, Kritik zurückzuweisen, indem es behauptet, es wäre
ausgeschieden.
Der „Zar“ der
Kommunikationen
Farah von Mossawa,sagte,
N. versucht auch seine Macht über die Medien zu konsolidieren – als
einen weiteren Weg, Kritiker zum Schweigen zu bringen.
So wie er
Kommunikationsminister wurde, so machte er sich selbst für die
Rundfunkbehörde verantwortlich und vergrößerte seine Kontrolle des
ministeriellen Komitees, das die Gesetzgebung übersieht.
Als Teil des
Koalitionsabkommens, besteht N darauf, dass seine Partner sich
verpflichten, jede Kommunikationsinitiative unterstützen, die er
einführt.
Amir Teig, ein
Medien-Analytiker, warnte, dass N. entschlossen sei, sich in den
Kommunikationszar zu verwandeln.
Yossi Verter, ein
politischer Analytiker von Haaretz, behauptet, dies wäre eine Rachezeit
für N. Von N. wird berichtet, er sei durch Berichterstattung während der
Kampagne in Wut gebracht worden, die ihn nicht in ein schmeichelhaftes
Licht gebracht hätte.
Drohungen gegenüber
TV-Kanälen
N.‘s Hauptziel – nach den
Analytikern – ist jede Bedrohung von Einschränkungen für die nationale
Tageszeitung Israel Hayom zu beenden N.‘s Koalitionspartner der letzten
Knesset denunzierte die Zeitung als Israels „Prawda“ nach dem
offiziellen Sprachrohr des früheren Sowjetregime.
N. rief im letzten
November zu frühen Wahlen auf. und zwar kurz nachdem die Knesset ihre
erste Lesung des Gesetzes zur Sperrung der nationalen Verteilung einer
kostenlosen Zeitung hatte, um Israel Hayoms Einfluss zu
begrenzen. Die Zeitung, die Adelson geschätzte $5Millionen im Jahr
kostet, hat die größte nicht kostenlose Zeitung Yedioth Aharonot, die
aber gegenüber N. nicht kritiklos ist, wird um ihre Existenz kämpfen
müssen
N. hat auch seine
Kommunikationsrolle benützt, um das Leben in Israel schwieriger zu
machen, indem er zwei Verluste machende kommerzielle TV-Kanäle schloss,
Kanal 2 und 10. Er hat für ihre hohen Schulden keinen Nachlass
angeboten. Kanal 10 ist besonders in Gefahr, geschlossen zu werden.
Farah sagte N’s
finanzielle Drohungen waren ein wirksamer Weg, die Rundfunksprecher
einzuschüchtern, die auf Werbung angewiesen sind.
Richter sind bereit zu
kämpfen
Die Sorgen für den
Obersten Gerichtshof, das Berufungsgericht für die Palästinenser in den
besetzten Gebieten, als auch für die Minderheiten innerhalb Israel
wachsen auch. N. schockiert im letzten Monat viele in der juristischen
Sprechergemeinschaft, indem er auf die neue Justizministerin Shaked
hinwies. Sie war eine herbe Kritikerin des Gerichts, das zu liberal
sei.
Die in den Ruhestand
gegangene Richterin des Obersten Gerichts wurde zitiert: Sie sagte nach
ihrer Ernennung:“Die Regierung wird zum Kampf einladen.“
Shaked ist dafür bekannt,
dem Obersten Gerichtshof das Recht zu verweigern, Gesetze umzudrehen und
das juristische Ernennungs-System zu verändern, sodass Richter vom
rechten Flügel dominieren.
„Der Gedanke des Gerichts
als eines liberalen Institutes ist ein Mythos,“ sagte Daphna Golan, eine
Professorin der Justiz an der Hebräischen Universität in Jerusalem, die
sich auf Menschenrechte spezialisiert hat. Es ist tatsächlich ein sehr
konservatives und selten schützt es die Rechte der Palästinenser in
Israel oder in den besetzten Gebieten.
„Aber soweit es Shaked
und die Rechte betrifft, so ist das Gericht zu aktiv und sie wolle es
schwächen.“ In der letzten Woche führte Shaked ihren ersten
Gesetzesentwurf als Justizministerin ein: Zehn-Jahre Gefängnis für jene,
die man beim Steine-werfen schuldig befunden hat. Beobachter erwarten,
dass dies Gesetz nur bei Palästinensern angewandt wird.
Golan sagte, die Gefahr
bestände darin, dass es Drohungen der Regierung gegenüber stünde, dann
würde der Oberste Gerichtshof immer unwilliger, die Menschenrechte
einzuhalten und würde den demokratischen Schutz immer mehr beseitigen.
(dt. Ellen Rohlfs)
http://dissidentvoice.org/2015/06/is-netanyahu-waging-war-on-critics-at-home