Kirchenführer setzen Bush unter Druck wegen der Probleme, die Christen im
Heiligen Land haben.
(7. Mai 2004)
- Jim Wetekam ENS 050704 –3
(ENS/CMEP)
Der vorsitzende Bischof Frank Griswold hat sich 50 Kirchenführern der
evangelikalen, hauptsächlichen protestantischen, katholischen und
orthodoxen Kirchen und kirchen-bezogenen Organisationen in den USA
angeschlossen und einen Brief an Präsident George Busch gesandt und um
volles Verständnis der „Krisis“ gebeten, „ denen die christlichen
Palästinenser, die christlichen Institutionen und die den Geburtsort der
Christenheit besuchen wollen, konfrontiert sind.“
Nachdem sie berichten, dass sich „die Kirchen mit ihren Anliegen schon
direkt an die israelische Regierung – aber ohne Ergebnis - gewandt
hatten,“ bitten die Kirchenführer um eine Intervention des Präsidenten,
um das normale Funktionieren der christlichen Institutionen in Israel und
in den besetzten Gebieten wieder herzustellen. Sie behaupten auch, dass
„von allen Seiten bestätigt wird, dass die Beziehungen der Kirchen und
ihrer Institutionen zur israelischen Regierung noch nie so schlecht
waren wie jetzt.“
Der Brief der Kirchenführer greift vor allem die speziellen Auswirkungen
auf, die die von Israel gebaute Trennungsmauer auslöst, Steuerprobleme,
die einige Kircheninstitutionen zwingt, ihre Tätigkeit einzustellen, weil
der Status der Steuerbefreiung fallen gelassen wurde und die Weigerung
und Verzögerung von Seiten Israels, Visa für Angestellte und kirchliches
Personal, das so in Seminaren, Kirchen, Krankenhäusern, Schulen und
anderen Institutionen fehlt, auszustellen“.
Negative Auswirkungen der Trennung
Als einer der für die Unterzeichnergruppen spricht, sagte Griswold: Unsere
Kirchen, Krankenhäuser, Schulen und andere Institutionen sind ein
wichtiger sichtbarer Ausdruck unseres Glaubens, was die Menschlichkeit
betrifft. Während sie Christen und Nicht-Christen gleichermaßen dienen,
sind sie auch Ausdruck unseres christliches Erbes und Beitrages in der
Region.“
Ein anderer Unterzeichner, Bruder Robert Schieler, Provinzial der
christlichen De la Salle-Brüder, die die Bethlehemer Universität
verwalten, betont die negativen Auswirkungen der Trennungsmauer für die
christliche und palästinensische Bevölkerung: selbst wenn die Mauer aus
Gründen der Sicherheit gebaut wurde, so ist ihre reale Auswirkung, dass
sie die Studenten und das Lehrpersonal von den Hörsälen und Klassenzimmern
trennt, Familien von einander, die Bauern von ihren Feldern, die Christen
von ihren Kirchen.
Im Brief an den Präsidenten bemerken die Kirchenführer: „es fällt uns
schwer, nach Ihrer Äußerung vom 14. April 2004, zu glauben, dass die
Mauer nur „vorübergehend“ sein soll, da nach Israels Plänen sich die Mauer
weit jenseits der 1967-Grenze erstreckt und große Siedlungen der Westbank
umläuft, dass sie auf die israelische Seite kommen und so zu einem Teil
Israels werden, wie Sie auch andeuten.“
......
Der Text des
Briefes : 7. Mai 2004
Ehrenwerter George W. Bush
Weißes Haus
Washington – DC 20500
Sehr geehrter Herr Präsident,
wir schreiben an Sie über die Situation und die Zukunft der Christenheit
und der Christen im Heiligen Land. Wir denken nicht daran, damit das Leid
der Muslime und der Juden zu bagatellisieren, glauben aber, dass es sehr
wichtig ist, dass Sie die Krisis verstehen, mit der sich die christlichen
Palästinenser und christlichen Institutionen im Heiligen Land
konfrontiert sehen, und auch jene, die den Geburtsort der Christenheit
besuchen wollen.
Individuell und
kollektiv haben Christen ihre Probleme der israelischen Regierung
mitgeteilt – doch ohne Ergebnis. Diejenigen unter uns, die mit religiösen
Institutionen in Israel oder in den besetzten Gebieten arbeiten, sind
nicht mehr in der Lage, normal zu funktionieren. Und es ist allgemein
bestätigt worden, dass die Beziehungen der Kirchen und die dieser
Institutionen zur israelischen Regierung noch nie so schlecht waren wie
heute. Treffen mit Botschaftsangehörigen in Tel Aviv und mit den
entsprechendem Außenamtsvertretern in Washington, waren, auch wenn sie
hoch geschätzt wurden, ohne befriedigende Ergebnisse. Deshalb glauben wir,
dass eine Intervention von Ihrer Seite in dieser schwierigen Zeit
notwendig ist.
Ganz besonders: die Visa. Die Verweigerung und Verzögerung der
Ausstellung von Visa für Geistliche und kirchliches Personal durch
Israel hat zur Folge, dass die Priesterseminare, Kirchen, Krankenhäuser,
Schulen und anderen Institutionen nicht genügend Personal haben. Es fehlt
an Geistlichen und Fachkräften, die dringend benötigt werden. ( Dies ist
genau die Art von auf Glauben gegründeten Initiativen, die Sie für die USA
unterstützten) Zum Beispiel arbeitet die katholische Kirche mit 151
Institutionen ( einschließlich 33 Gemeinden, 7 Krankenhäusern, 11
Ambulanzen, 8 Waisenheimen, 5 Altersheimen, 7 Heimen für Behinderte, 70
Schulen, 5 theologischen Seminaren und 5 Institutionen für Höhere
Bildung.) Die verschiedenen protestantischen Kirchen haben ähnliche
Institutionen, und viele leiden wegen der Visaprobleme unter nicht
ausreichendem Personal. Mitgliedern von säkularen Institutionen,
bevollmächtigten Laienmitarbeitern und sogar Freiwilligen, ohne die einige
Institutionen nicht arbeiten können, wird ein Visum verweigert.
Steuern :
eine Anzahl kirchlicher Organisationen – besonders der Lutherische
Weltbund, das katholische Hilfswerk und das Mennonitische Zentralkomitee –
haben seit langer Zeit bestehende, ausgedehnte Abkommen über
Steuerbefreiung mit der israelischen Regierung. Seit mehr als 50 Jahren
haben diese Organisationen Wohltätigkeitsdienste und
Entwicklungshilfeprogramme angeboten, die zum Wohl und der Sicherheit von
beiden, den Palästinensern und den Israelis beitrugen. In den letzten
Jahren hat die israelische Steuerbehörde versucht, sich aus diesen
Steuerbefreiungsabkommen zurückzuziehen. Diese Kirchenorganisationen haben
seit fast 6 Jahren erfolglos versucht, dieses Problem mit den israelischen
Behörden zu lösen. Die Entscheidung der israelischen Steuerbehörde wird,
falls dies von den israelischen Gerichtshöfen aufrecht erhalten wird,
große wirtschaftliche Probleme für alle genannten Organisationen schaffen,
ganz besonders aber für das Auguste-Viktoria-Hospital des Lutherischen
Weltbundes auf dem Ölberg, das dann geschlossen werden müsste.
Die Trennungsmauer:
während wir verstehen, dass es Israelis gibt, die ernsthaft glauben, dass
diese Mauer sie vor Terrorakten schützt, fürchten wir, dass sie genau das
Gegenteil bewirkt, weil sie die palästinensische Verzweiflung nur
intensiviert. Eine nüchterne Untersuchung der Realität muss mit
anhaltender Gewalt innerhalb Gaza und von Gaza ausgehend rechnen – trotz
der totalen Absperrung. Für diejenigen, die diese Mauer nicht selbst
gesehen haben, ist die volle Auswirkung auf die Psyche von christlichen
und muslimischen Palästinensern nicht verständlich. Die Mauer schadet den
christlichen Institutionen und dem täglichen Leben der einzelnen Christen.
Sie trennt das Leben der Familien von einander, die Schüler und Studenten
von ihren Schulen, Arbeiter von ihrer Arbeitsstelle, die Bauern von ihrem
Land, Ärzte und Patienten von ihren Krankenhäusern und vor allem
symbolisch Bethlehem von Jerusalem. Für die Christen weltweit bedeutet
dieser Bau, von den heiligen Stätten abgeschnitten zu sein. Ob man dies
nun einen Zaun, eine Mauer oder eine Barriere nennt, „die Konsequenzen
werden für die christliche Gemeinde verheerend sein“ , sagen die
Jerusalemer Bischöfe und Patriarchen in ihrem Statement vom 26. August
2003.
Ihre Äußerung vom 14.April, die versichert, dass die Barriere nur eine
„vorläufige“ sei, können wir nur mit Schwierigkeiten akzeptieren. Israels
Pläne, die Mauer weit hinter der 1967-Grenze, der Grünen Linie, verlaufen
zu lassen und dabei große Westbanksiedlungen zu umgehen, zeigen, dass
diese ein Teil Israels werden, wie Sie auch andeuteten. Wir stimmen mit
der weithin herrschenden Ansicht überein, dass die Trennungsmauer, sobald
sie von der Grünen Linie abweicht, eine Taktik Israels ist, um das Land
und die Wasserreserven der Westbank und Jerusalems zu beanspruchen, die so
nötig für einen lebensfähigen palästinensischen Staat sind.
Herr Präsident, die Christen im Heiligen Land – und ihre Schulen,
Krankenhäuser und Kirchen -- spielen eine einzigartige Rolle.
Ministerpräsident Sharon hat bemerkt, dass seine einseitige Initiative die
Verhandlungen verzögern könnte und einen palästinensischen Staat auf die
nächste Generation hinausschiebt. Aber dies ist ein Zeitrahmen, in dem
unter dem Druck endloser Konflikte die einheimische, christliche
Bevölkerung im Heiligen Land wohl verschwinden könnte. Wir benötigen
dringend Ihre Hilfe: überzeugen Sie die israelische Regierung, dass
blühende christliche Institutionen im Interesse aller sind, auch für die
Zukunft eines sicheren Israels. Ja, noch mehr, Ihre Hilfe wird als Frieden
stiftende Kraft benötigt, die Brücken in eine neue hoffnungsvolle Zukunft
baut.“
Unterzeichner des
Briefes sind die leitenden Persönlichkeiten vieler katholischer Orden und
Organisationen in den USA; der Generalsekretär des Nationalrates der
Kirchen; die vorsitzenden Bischöfe und Leiter vieler christlicher
Denominationen, wie der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika,
Presbyterianische Kirche (USA); Reformierte Kirche in Amerika; Armenische
Kirche von Amerika, Evangelikale Leiter, einschließlich Leighton Ford,
Robert Seiple und Ron Sider; die Leiter der Hilfs- und
Entwicklungsagenturen wie die World Vision, Katholische Hilfsdienste,
Kirchen Weltdienst und das Mennonitische Zentralkomitee und viele andere.
(Aus dem Englischen: Ellen Rohlfs)
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