Am
5. Februar 2015 wurde Abraham Melzer, einer der grossen
engagiert publizierenden Juden Deutschlands, Mitglied in der
Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost, 70.
Seine alte Streitlust hat er immer noch, um gegen
seinen Intimfeind Henryk M. Broder und dessen Mitläufer
vorzugehen, was er auch hier intensiv macht, womit der
Hintergrund des verbreiteten Israel-Palästina-Denkens in
Deutschland ausgeleuchtet wird. In seinem neuen Buch geht es,
wie Moshe Zuckermann im Vorwort schreibt, «zum einen um Kritik
und Anklage der israelischen (Außen-)Politik, die seit bald 50
Jahren auf der Barbarei der Okkupation und der Unterdrückung des
palästinensischen Volkes materiell wie ideologisch basiert ...
Zum anderen aber auch um die Wahrnehmung dieses Grundumstandes
im deutschen Diskurs, und zwar sowohl von Nichtjuden als auch
von Juden. Während Melzer mit Bezug auf Israels Wirklichkeit die
reale Repression und ihre ideologische Verbrämung anprangert,
sieht er sich im deutschen Kontext mit dem Problem konfrontiert,
dass die Protagonisten der politischen Klasse sich (aus
«historischen» Gründen) scheuen, eine realitätsadäquate Politik
Israel gegenüber zu verfolgen.»
«Wenn die Beziehung Deutschlands zu Israel (und
Israels zu Deutschland) letztlich durch die nazistische
Vergangenheit Deutschlands kodiert ist, diese Vergangenheit aber
mittlerweile zur schändlichst fetischisierten Ideologie geronnen
ist, so kann man sich dieser verfestigten Kodierung einzig durch
Umwendung des Kodierten aus sich heraus entwinden.» Mit der
Haltung der Bundeskanzlerin und deren Aussage, dass die
Sicherheit Israel zur deutschen Staatsräson gehöre, geht der
Autor hart ins Gericht. Denn sie behauptet, dass «einseitige
Schritte dem Friedensprozess» schadeten. Wer solches sagt, so
Melzer, handelt nach derselben Logik, die behauptet, «dass
Arbeit frei mache». «Der Zynismus und die Häme mit denen die
Israelis und die Bundeskanzlerin Angela Merkel die Bestrebungen
der Palästinenser nach Anerkennung und Beachtung beantworten,
sind mindestens genauso widerlich und unmoralisch wie der
Zynismus der Nazis ... Wie lange sollen wir noch diese Heuchelei
ertragen», fragt er. «Russlands Vorgehen auf der Krim ist nicht
akzeptabel, sagt Merkel und fügt hinzu, dass territoriale
Integrität ein unverzichtbarer Teil der europäischen
Nachkriegsordnung sei. Was ist aber mit der territorialen
Integrität Palästinas? Warum schweigt sie zum israelischen
Landraub, während sie die Russen kritisiert?» Gehört die
Freiheit und die Würde der Palästinenser nicht zur «deutschen
Staatsräson», sondern nur die der israelischen Besatzer?
Die drei Dutzend Essays des Bandes, die
notgedrungen Wiederholungen enthalten, sind zwischen 2010 und
2014 veröffentlicht worden. Sie zeugen vom grossen Mut und der
Gradlinigkeit, die man in Deutschland in Bezug auf Israelkritik
selten antrifft. Angst, politisches Duckmäusertum und mangelnde
Zivilcourage in Bezug auf das völkerrechtswidrige Verhalten der
israelischen Regierungspolitik sind allerorten anzutreffen. Den
Vorwurf des «Antisemitismus» weist Melzer zurück. Denn
«Antisemitismus bedeutet, Juden zu hassen und töten zu wollen,
nur weil sie Juden sind.» Folglich stelle Kritik an der
Besatzungspolitik Israels keinen Antisemitismus dar. Ein Kampf
für Gerechtigkeit und das Anprangern von Ungerechtigkeit könne
nicht antisemitisch sein. «Nicht die Kritik an Israel ist
antisemitisch, sondern die Politik Israels selbst.»
Das Buch, das in seinen Aussagen auf den Neuen
Historikern und israelischen Journalisten fusst, ist allen an
Israel und Palästina Interessierten zu empfehlen, insbesondere
der politischen Klasse in Deutschland – und in der Schweiz,
damit auch hier und dort in Medien und Politik endlich Wissen
vor Mythen, Zivilcourage vor Anpassung Einzug halten.
Abraham
Melzer "Merkel erwache! Israel vor Gericht"
Essays eines antizionistischen Juden. Mit einem Vorwort von
Moshe Zuckermann.
Verlag Zambon Verlag
Worum geht es Abi Melzer in seinen Texten? Um zweierlei. Zum
einen um Kritik und Anklage der israelischen (Außen) Politik,
die seit bald 50 Jahren auf der Barbarei der Okkupation und der
Unterdrückung des palästinensischen Volkes materiell wie
ideologisch basiert und diese letztlich auch bewusst und
zweckgerichtet zum Inhalt hat. Zum anderen aber auch um die
Wahrnehmung dieses Grundumstandes im deutschen Diskurs, und zwar
sowohl von Nichtjuden als auch von Juden. Während Melzer mit
bezug auf Israels Wirklichkeit die reale Repression und ihre
ideologische Verbrämung anprangert, sieht er sich im deutschen
Kontext mit dem Problem konfrontiert, dass die Protagonisten der
politischen Klasse sich (aus "historischen" Gründen) scheuen,
eine realitätsadäquate Politik Israel gegenüber zu verfolgen,
was die institutionellen wie publizistischen Sachwalter des
Jüdischen in Deutschland interessengeleitet weidlich auszukosten
verstehen. Moshe Zuckermann
Merkel erwache! Israel vor Gericht.
Essays eines antizionistischen Juden -
Dr. Ludwig Watzal - Die Aufnahme diplomatischer
Beziehungen zwischen Deutschland und Israel jährt sich in diesem
Jahr zum 50. Mal. Auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse war
Israel Gastland. Bei dem ganzen Tamtam gerät leicht in
Vergessenheit, dass hier ein Besatzerstaat bejubelt wird, der
seit 48 Jahren einem anderen Volk die Freiheit und die
Existenzgrundlage entzieht und es einem rassistischen
Besatzungsregime unterworfen hat.
Organisiert wurde dieser Event von der israelischen Botschaft
und Bertelsmann! In zwei Jahren wird des 50. Jahrestages der
israelischen Besatzung Palästinas gedacht. Wird es dann auch ein
so gut organisiertes und orchestriertes Tamtam à la Leipziger
Buchmesse geben? Vielleicht dann anlässlich der Frankfurter
Buchmesse?
In den Staatsmedien wurden auf der Buchmesse die üblichen
Autoren und Schriftsteller bejubelt, die die grausame Besatzung
feuilletonistisch relativieren und das bilaterale Verhältnis
traktieren. Von Büchern, die tatsächlich relevant sind und sich
mit der brutalen Realität vor Ort, der zionistischen
rassistischen Ideologie und den israelischen
Besatzungsverbrechen auseinandersetzen, hört man in den
Verlautbarungen jedoch nichts. Dazu gehören u. a. “Die Hölle von
Gaza” (Leika Verlag), “Die Krise des Zionismus und die
Ein-Staat-Lösung (ProMedia Verlag) und “Merkel erwache! Israel
vor Gericht” (Zambon Verlag).
Abraham Melzer, Chefredakteur der Online-Zeitschrift “Der
Semit”, hat einen besonders provokanten Buchtitel mit “Merkel
erwache!” gewählt, der zwangsläufig Assoziationen zu
“Deutschland erwache” weckt; auch der Untertitel “Essays eines
antizionisitischen Juden” lässt Unkonventionelles über Israel
erwarten. In seinem Vorwort hat der israelische Historiker Moshe
Zuckermann diese Assoziation ins rechte Licht gerückt. >>> |