Ayman Odeh,
palästinensisch-israelischer
Spitzenpolitiker, inspiriert von Dr.
Martin Luther King Jr.
James
North -
11.12.2015
Die neue Prominenz
von Ayman Odeh, dem dynamischen und
populären
palästinensisch-israelischen
Politiker, zeigt, dass die
Apologeten für Israel nicht länger
behaupten können, es gebe dort keine
gewaltfreien Bewegungen von
Bedeutung, die für Gerechtigkeit
kämpfen. Odeh ist der 40-jährige
Chef der Joint List, der Koalition
arabischer Parteien, die bei den
Wahlen im März 13 Sitze errang und
damit die drittstärkste politische
Gruppe in der Knesset wurde. Er ist
(zur Zeit, Ü.) auf einer
arbeitsreichen 2-Wochen-Tour durch
die Vereinigten Staaten und besuchte
die Ebenezer Baptist Church in
Atlanta, der Heimatkirchengemeinde
von Dr. Martin Luther King Jr., wo
er von der Kanzel vorgestellt wurde
und eine standing ovation erhielt.
Am nächsten Tag
machte er Halt in den Büros des
Magazins The Nation in New York, wo
er erklärte, Dr. King sei sein Hero.
"Für Sie in Amerika ist Dr. King
vielleicht schon langweilig
geworden, weil Sie so viel über ihn
hören", sagte er. "Aber für mich ist
er der Mann, der mich am meisten
inspiriert hat. Während der (Wahl-)Kampagne
sprach ich ständig über ihn. In
meiner ersten Rede vor der Knesset
habe ich ihn zitiert."
Ayman Odeh sprach in
einer Mischung von Englisch und
Hebräisch, flüssig gedolmetscht von
seinem (jüdischen) Pressesekretär
Reut Mor. "Der Approach von Premier
Benjamin Netanyahu ist Hass zu
schüren", sagte er. "Aber wir wollen
nicht Juden gegen Araber, Araber
gegen Juden. Wir möchten eine andere
Herangehensweise: Araber und Juden
gegen Rassismus und Segregation."
Er betonte, dass er
und die Joint List sich nicht als
ausschließliche Repräsentanten
palästinensischer Israels sehen.
"Wir haben offen über alle
marginalisierten Gruppen
gesprochen", fuhr er fort.
"Äthiopische Juden, Holocaust
Überlebende, Arbeitslose und
Alleinerziehende."
Odeh, ein Rechtsanwalt aus Haifa,
ist kein gutmeinender, nebulöser
Idealist. Er ist einer der
bedeutendsten Politiker der 20%
nicht-jüdischer Bevölkerung in
Israel. Er ist freundlich, humorvoll
und versteht es die Leute
anzuziehen. Er sagt, er habe unter
den Amerikanern viel Ignoranz über
die palästinensischen Israelis
gefunden, sie haben nur ein
allgemeines Verständnis von
Israel/Palästina. "Die Leute wissen
nicht viel über uns", sagt er. "Aber
ohne uns wird es keinen Frieden
geben." Er sagte, die
palästinensischen Israelis litten
unter "struktureller
Diskriminierung" und listete große
statistische Ungleichheiten
bezüglich Wohnen, Bildung und
öffentlicher Dienste auf.
Trotz Ayman Odehs
gewaltfreiem Approach hat die
israelische Rechte ihn und die Joint
List während und nach der
Wahlkampagne bösartig angegriffen.
In einem bejubelten Schlagabtausch
in einer TV-Debatte sagte Avigdor
Lieberman, der frühere israelische
Außenminister: "Warum sind Sie in
dieses (TV) Studio gekommen und
nicht in ein Studio in Gaza...?
Warum sind Sie ausgerechnet hier?
Sie sind hier nicht erwünscht."
Odeh antwortete
ruhig: "Ich bin in meiner Heimat
sehr erwünscht. Ich bin Teil der
Umgebung (Landschaft), Teil der
Region. Ich bin ihr ähnlich. Ich
denke, wir müssen unser Verhalten
ändern und Demagogik durch Dialog
ersetzen."
Er lachte, als er
schilderte, dass Lieberman seine
Bosheit sogar beibehält, wenn die
Kameras ausgeschaltet sind.
Premierminister Netanyahu sei
jedenfalls schlauer. Er hat Odeh zu
einem Meeting eingeladen, aber es
war eine Falle, ein Versuch zu
suggerieren, seine hässlichen
Kommentare vom Wahltag über Araber
seien vergessen. "Sie hatten geplant
viele Kameras da zu haben," sagte
Odeh. "Ich bin ein warmherziger
Mensch, ich lächle viel. Sie wollten
mit den Kameras bis zu einem solchen
Moment warten, dann hätten sie ein
Foto von mir gehabt, wie ich
Netanyahu zulächle." Er machte das
nicht. Er hatte sich schon mehrere
Male mit dem Premierminister
getroffen, aber ohne Medienpräsenz.
Odeh warnt, Netanyahu
sei "das Hauptproblem". Er sagt,
Netanyahu sei fraglos ein "Rassist",
seine Bemerkungen seien aber auch
politisch kalkuliert. "Mit der
Dämonisierung der gesamten
arabischen Bevölkerung versucht er
uns zu delegitimieren", erklärte er.
"Um damit zu beginnen, das Land in
eine andere Richtung zu bewegen,
brauchen wir noch weitere 30%."
Odeh ist sich bewußt,
dass die Leute meinen, einige seiner
Ansichten seien zu utopisch. "Aber
wenn Ihr vor 20 Jahren die
afrikanisch-amerikanische Gemeinde
gefragt hättet, ob sie meinen, dass
es eines Tages einen schwarzen
amerikanischen Präsidenten geben
würde, ich denke, sie hätten gesagt:
Nie im Leben!"
Gestern gab es in der
New York Times eine angenehme
Überraschung: einen kurzen Artikel
des exzellenten Rick Gladstone über
Odehs Besuch in den Vereinigten
Staaten. Odeh war für die meiste
Zeit in diesem Jahr eine
herausragende Nachricht: Allison
Deger von Mondoweiss hat ein
Interview mit ihm im März gemacht.
The Times hat Korrespondenten in
Israel/Palästina, aber es scheint,
sie hatten Schwierigkeiten ihn
ausfindig zu machen. Schade, dass
Ayman Odeh nach New York reisen
musste, um seine gewaltfreie,
versöhnliche Botschaft in dieser
bedeutenden Zeitung zu Gehör zu
bringen.
Übersetzung: K.
Nebauer
Quelle:
www.mondoweiss.net/2015/12/palestinan-israeli-inspired?utm_source=Mondoweiss+List&utm-campaign=4d9238707-RSS_EMAIL_CAMPAIGN |