Dieter
Graumann und die
Palästinenser
Antisemiten glauben,
dass alle Juden
reich und klug
seien. Sie müssten
mal Dieter Graumann,
den Präsidenten des
Zentralrats der
Juden in
Deutschland,
kennenlernen, damit
sie endlich
erführen, dass es
auch andere Juden
gibt.
In seinem
antipalästinensischen
Beitrag in der
Jüdischen
Allgemeinen vom
15.9.2011 zeigt sich
Graumann von seiner
proisraelischen
Seite, und
beweist, dass er als
Freund Israels,
diesem auch Schaden
zufügen kann. Denn
wer den Unfug liest,
den Graumann
geschrieben hat,
muss daran zweifeln,
dass hier ein
verantwortungsbewusster
Politiker spricht.
Ich verstehe, dass
er bereit ist,
alles, wirklich
alles, für Israel zu
tun, auch wenn er
Israel damit
keineswegs hilft.
Man fragt sich
jedoch, wie ein
Mensch so dogmatisch
und blind sein kann,
dass er den Wald vor
lauter Bäumen nicht
sieht, oder nicht
sehen will.
Schon der erste Satz
in Graumanns
Pamphlet ist
vollkommen
unverständlich und
absurd: „Wer jetzt
einen Staat ausruft,
lobt damit die
Verweigerung des
Friedensprozesses“.
Die Logik dieses
unsinnigen Satzes
mag sich mir auch
nach mehrmaligem
Lesen nicht
eröffnen. Wann
sollen die
Palästinenser ihren
Staat denn ausrufen,
wenn nicht jetzt?
Immerhin haben die
Juden schon seit
mehr als
zweiundsechzig
Jahren ihren eigenen
Staat. Sollen die
Palästinenser
warten, bis Dieter
Graumann oder der
Zentralrat der Juden
in Deutschland es
ihnen in einem
Gnadenakt erlaubt?
Und wieso ist das
überhaupt eine
Frage, zu der Dieter
Graumann uns
unbedingt seine
Meinung aufzwingen
muss? Hat er denn in
seinem Job als
Präsident des
Zentralrats nichts
zu tun, sodass er
Mahmud Abbas
unbedingt seine
naiven und absolut
inkompetenten
Ratschläge erteilen
muss? Und wieso
können die
Palästinenser nicht
mehr mit Israel
verhandeln, wenn sie
einen eigenen Staat
haben? Ist es nicht
eher so, dass sie
dann noch mehr
Interesse an einem
Frieden haben
müssten, um das
soeben Erreichte
nicht zu gefährden?
Und dass man sehr
wohl
weiterverhandeln
kann, obwohl man
bereits unabhängig
ist, beweist doch
der Fall Südsudan.
Aber wir sollten uns
nicht allzu viele
Gedanken über diese
absurde Logik und
politische
Inkompetenz machen,
die sich Graumann
sicher bei Lieberman
oder jedem anderen
rechtsradikalen
israelischen
Politiker abgeschaut
hat, um sich als
würdiger Vertreter
der israelischen
Regierung
auszuweisen.
Graumanns Problem,
welches auch das
Problem Liebermans
und Netanjahus ist,
scheint die Tatsache
zu sein, dass Abbas
sich weigert, eine
Gegenleistung zu
präsentieren. Wieso
eigentlich
„Gegenleistung“?
Schuldet Abbas den
Israelis eine
Gegenleistung dafür,
dass er nicht um
ihre Zustimmung zu
seinem mutigen Gang
vor die
UN-_Generalversammlung
gefragt hat? Und was
sollte das für eine
„Gegenleistung“
sein? Israel als
„jüdischen Staat“
anzuerkennen? Wenn
Abbas das getan
hätte, dann wären
doch Netanjahu und
Liebermann sofort
mit weiteren
Forderungen
gekommen. Aber
selbst wenn Abbas
versprochen hätte,
jeden Morgen die
israelische
Nationalhymne „Hatikva“
zu singen, hätte ihm
das nicht geholfen,
denn man wäre sehr
bald auf eine neue
Forderung gekommen,
in der Hoffnung,
Abbas würde sie
nicht erfüllen
können. Und wieso
sollte die
palästinensische
Führung Israel nicht
mehr nur als
demokratischen
Staat, sondern
zusätzlich als
„jüdischen Staat“
anerkennen? Dazu
waren sogar die
Amerikaner nicht
bereit, weshalb
Präsident Truman den
Zusatz „jüdischer
Staat“ auf dem
Dokument, mit dem
die USA Israel
seinerzeit
anerkannten,
durchstrich. Kein
anderer Staat, der
Mitglied der UN ist,
einschließlich
Deutschlands, der
beste Freund
Israels, der dessen
Sicherheit in Form
einer „Staatsräson“
in Stein gemeißelt
hat, hat Israel als
„jüdischen Staat“
anerkannt. Und von
keinem anderen Staat
hat Israel bisher
einen derartigen
Unfug verlangt.
Warum sollten es die
Palästinenser also
tun?
Graumann klagt
darüber, dass die
PLO sich mit der
Hamas verbrüdert
habe. Hat sich 1948
nicht auch die
Hagana mit dem Irgun,
dem terroristischen
Arm der jüdischen
Bevölkerung
Palästinas,
verbrüdert? Man
sollte nicht
vergessen, dass die
Hamas immerhin eine
Erfindung Israels
ist und 2006 aus
absolut freien und
fairen Wahlen als
Siegerin
hervorgegangen ist.
Das Ergebnis hat den
Amerikanern und
Israelis freilich
nicht gefallen.
Manche Ergebnisse
der israelischen
Wahlen gefallen auch
den Palästinensern
und vielen anderen
Menschen auf der
Welt nicht, zum
Beispiel das
Ergebnis der letzten
Wahlen, aus denen
zwei solch
rechtsradikale
Führer wie Netanjahu
und Lieberman
hervorgegangen sind.
Es ist nun mal so
bei demokratischen
Wahlen, dass das
Volk entscheidet,
und nicht der Feind.
Alle europäischen
und amerikanischen
Wahlbeobachter
bestätigen aber,
dass es eine durch
und durch
demokratische Wahl
gewesen ist. Was
nun, Herr Graumann?
Ich verstehe, dass
Ihnen die Hamas
nicht gefällt, aber
vielleicht gefallen
Sie ja auch der
Hamas nicht?
Sie meinen, dass die
Hamas nicht nur das
„zionistische
Gebilde“ vernichten
wolle, sondern alle
Juden der Welt. Das
ist wohl ein
ähnlicher Unsinn wie
der von den
„Protokollen der
Weisen von Zion“,
jetzt aber umgemünzt
auf die
Palästinenser.
Worauf stützen Sie
sich bei dieser
Behauptung? Auf
zionistische
Reaktionäre wie
Ulrich Sahm,
Matthias Küntzel
oder Gudrun Eussner,
die alle ihrem Guru
Henryk Broder
nacheifern, und es
mit der Wahrheit
nicht so besonders
ernst nehmen, zumal
es ja darum geht,
die Hamas zu
diffamieren? Was
wollen Sie der Hamas
vorwerfen? Dass sie
in ihrer Charta
festgeschrieben hat,
dass „das Land
Palästina „heiliger
Besitz“ sei“?
Behaupten das die
national-religiösen
Siedler und sogar
der Likud nicht auch
in ihrer Charta, und
steht das nicht auch
in der
Unabhängigkeitserklärung
des Staates Israel?
Wollen Sie der Hamas
vorwerfen, dass an
den Händen ihrer
Aktivisten Blut
klebt? Nebbich. Wie
viel Blut klebt denn
an den Händen
Scharons,
Netanjahus, Baraks
und manch anderer
israelischer
Politiker? Blut ist
im Nahen Osten
billig, besonders
arabisches Blut. Und
Barak ist nicht als
Kriegsverbrecher
verurteilt worden,
als er bei einem
Terrorakt in Beirut
mutmaßliche
palästinensische
Terroristen und
Zivilpersonen
ermordet hat. Im
Gegenteil, er ist
dafür mit den
höchsten Orden der
israelischen Armee
dekoriert worden.
Betonen denn nicht
die Israelis immer
wieder, dass sie
sich im Krieg
befänden? Hat nicht
erst kürzlich der
ehemalige
Oberrabbiner der
israelischen Armee
die Soldaten
aufgefordert, keine
Gefangenen mehr zu
machen – damit man
keine mehr
eintauschen kann –,
sondern die
„mutmaßlichen“
Terroristen in ihren
Betten zu töten? Ist
das keine
Aufforderung zum
Mord?
Sie beschweren sich
darüber, dass die
Hamas Israel nicht
anerkennt. Hat denn
Israel die Hamas
anerkannt? Ist denn
Israel bereit, die
Hamas anzuerkennen?
Sie beschuldigen die
Hamas, Israel
vernichten zu
wollen. Will denn
Israel nicht auch
die Hamas
vernichten? War denn
die Invasion Gazas
vom Dezember 2008
kein solcher
Versuch? Ich habe
von Ihnen kein Wort
der Kritik und erst
recht kein Wort des
Bedauerns gehört,
allein schon über
die mehr als 1400
Opfer, darunter
viele Frauen und
Kinder.
Sie meinen, dass
wichtige Fragen
eines künftigen
Friedens so nicht
gelöst werden
könnten, weil damit
„erfolgreiche
Verhandlungen“ in
weitere Ferne
rückten. Wen wollen
Sie hier überzeugen?
Sich selbst
vielleicht oder
diejenigen, die so
denken wie Sie? Von
welchen
erfolgreichen
Verhandlungen
sprechen Sie?
Erfolgreich
vielleicht für die
Israelis, die, wie
es ihr Außenminister
Avigdor Lieberman,
sagte, auch
neunundneunzig Jahre
lang verhandeln
würden, um die
Entstehung eines
palästinensischen
Staates zu
verhindern. Sie sind
blind oder tun nur
so, um uns allen
Sand in die Augen zu
streuen und von der
Schuld der Israelis
an der seit Jahren
desolaten Situation
abzulenken. Dass
sich die
Verhandlungen in
einer Sackgasse
befinden, ist
wahrlich nicht die
Schuld der
Palästinenser. Von
ihrer Seite macht es
absolut keinen Sinn,
die Verhandlungen zu
blockieren. Es macht
aber auch keinen
Sinn, mit den
Israelis über einen
eigenen Staat zu
verhandeln, während
diese Tag für Tag
mehr Land rauben und
Tag für Tag
Palästinenser
enteignen und aus
ihren Häusern
vertreiben.
Sie schreiben
richtig, dass ein
„gemeinsamer Frieden
niemals einseitig
aufgezwungen werden
kann“. Dabei geht es
den Palästinensern
bei ihrem Antrag
zunächst einmal
nicht um den
Frieden, so wichtig
dieser auch ist,
sondern einzig und
allein um ihre
Anerkennung als
Volk, als Nation,
als Staat. Warum
sollte diese
verweigert werden,
wenn nicht allein
aus dem Grund, dass
man einen
palästinensischen
Staat verhindern
will? Und was ist
daran einseitig? Hat
denn Israel die
Palästinenser um
Erlaubnis gefragt,
als Ben-Gurion
„einseitig“ den
jüdischen Staat
ausgerufen hat? Hat
denn Israel die
Palästinenser um
Erlaubnis gefragt,
als es begonnen hat,
einseitig Siedlungen
in den besetzten
Gebieten zu bauen,
unter eklatanter
Missachtung des i
geltenden
Völkerrechts? Hat
denn Israel
irgendwen um
Erlaubnis gefragt,
als es angefangen
hat, die Mauer zu
bauen, um damit noch
mehr
palästinensisches
Land konfiszieren zu
können? Sie
schreiben weiter,
vollkommen zu Recht:
„Wer die
Einseitigkeit zum
Prinzip erklärt, der
offenbart, dass es
ihm gar nicht um den
Frieden geht“.
Merken Sie
eigentlich nicht
selbst, wie sehr
dieser Satz zur
Politik Israels
passt ?
Wieder sind die
Israelis dabei, eine
Chance zu verpassen,
und wieder stehen
jüdische Funktionäre
wie Sie bereit und
applaudieren laut
und peinlich. Ich
frage mich, wieso
Sie sich überhaupt
zum Nahostproblem
äußern. Sie sind
Präsident des
Zentralrats der
Juden in Deutschland
und sollten sich um
die Probleme der
Juden in Deutschland
kümmern. Ich habe
nirgendwo in der
Satzung des
Zentralrats gelesen,
dass es zu Iihren
Aufgaben gehört,
sich um den
Nahostkonflikt zu
kümmern. Hören Sie
doch endlich auf,
die jüdischen
Mitbürger/innen, die
zumeist deutsche
Staatsbürger sind,
zu verwirren, indem
Sie ihnen eine
doppelte Identität
vorgaukeln. Wenn Sie
diese israelische
Staatspropaganda
immer wiederholen
und sich geistig auf
das Niveau der
Israelis einlassen,
dann ist es wohl
wahr, was schon Ihre
Vorgängerin in aller
Öffentlichkeit
gesagt hat, dass
nämlich Israel ihre
„geistige Heimat“
sei. Dies trifft
offensichtlich auch
auf Sie zu, und es
fällt einem schwer,
das zu begreifen.
Man fragt sich, was
dann Deutschland
ist, etwa immer noch
ein Durchgangsland?
Auch Sie scheinen
sich in einer
doppelten Identität
zu bewegen und
stürzen damit auch
den gesamten
Zentralrat samt
seinem agilen und
oftmals peinlichen
Generalsekretär in
eine
Identitätskrise,
dass man zuweilen
glauben möchte, der
Zentralrat sei die
Außenstelle des
israelischen
Propagandaministeriums.
Ist Ihnen Ihre
Aufgabe zu klein, zu
eng, zu provinziell,
weshalb Sie sich nun
auch um die
Weltpolitik kümmern
müssen? Woher nehmen
Sie die Arroganz und
Überheblichkeit, zu
glauben, dass die
Palästinenser Ihren
Ratschlag nötig
haben? Haben Sie
denn schon einmal
den Israelis einen
ehrlichen und
wahrhaftigen
Ratschlag gegeben?
Haben Sie die
Israelis schon
einmal vor ihrer
Hybris gewarnt und
sie ermahnt, endlich
mit ehrlichen und
aufrichtigen
Gesprächen mit den
Palästinensern zu
beginnen? Haben Sie
etwa protestiert,
als Avigdor
Lieberman gesagt
hat, dass er nicht
einmal in
neunundneunzig
Jahren bereit sein
werde, mit den
Palästinensern über
ihren Staat zu
reden? Haben Sie den
Oberrabbiner der
israelischen Armee
an die jüdische
Moral und Ethik
eines Ihrer
Vorgänger, des
Rabbiners Leo Baeck,
erinnert, der in
seinem Buch über das
Judentum, „Religion
der Vernunft“, an
die Ethik eines
Rabbi Hillel
erinnerte und diese
der christlichen
Ethik
gegenüberstellte?
Halten Sie es für
„vernünftig“, was
Israel seit Jahren
und Jahrzehnten tut?
Die Palästinenser
und die gesamte
Arabische Liga haben
schon längst ihre
Bereitschaft zum
Frieden mit Israel
signalisiert. Israel
hat aber immer
wieder abgelehnt
oder diese
Bereitschaft
schlichtweg
ignoriert. Wie viele
Friedensangebote
will Israel noch
ablehnen? Wie viel
Land will es noch
rauben? Wie viele
Israelis und
Palästinenser müssen
noch sterben, bis
eine Wende im
israelischen (und in
Ihrem) Verhalten
eintritt?
Sie werden indes
nicht müde, vor
sogenannten
einseitigen
Schritten zu warnen.
Wie können Sie so
blind und
selbstgerecht sein
und glauben, dass
all Ihre Leser es
Ihnen abnehmen, wenn
Sie behaupten, die
Palästinenser
machten einseitige
Schritte? Jeder
Schritt der
Palästinenser wird
von den Israelis
überwacht und
beizeiten gestoppt,
wenn er Israel nicht
passt. Die
Palästinenser warten
schon seit mehr als
sechzig Jahren auf
einen eigenen,
unabhängigen Staat,
und insofern ist es
zynisch und
unverschämt von
Benjamin Netanjahu
und Barack Obama, zu
behaupten, es gebe
keine Abkürzung auf
dem Weg zum Frieden.
Die Palästinenser
sind schon sämtliche
Umwege gegangen, die
sogenannte „Roadmap“
ist für sie zu einem
Kreisverkehr
geworden, in dem sie
sich seit Jahren
drehen, ohne, dass
die Israelis ihnen
auch nur einen
Schritt
entgegenkommen. Von
einer Abkürzung kann
daher keine Rede
sein; das weiß
Obama, das wissen
Sie und inzwischen
fast die ganze Welt.
Immer mehr Staaten
sympathisieren offen
mit dem Kampf der
Palästinenser für
Unabhängigkeit von
der israelischen
Besatzung. Wobei das
Wort „Besatzung“
eigentlich ein
Euphemismus ist,
denn in Wirklichkeit
handelt es sich um
eine brutale,
gewaltsame
Kolonisation,
einhergehend mit
ethnischer
Säuberung. Sehen Sie
der Wahrheit doch
endlich ins Auge.
Die Palästinenser
sind mit 50 Prozent
des Landes
zufrieden, dass
ihnen die UN 1947
zugeteilt hat, und
mit 22 Prozent
ihrers
ursprünglichen
Heimat Palästina,
von vor 1947. Sie
haben einen Antrag
gestellt, nachdem
ihnen vor einem Jahr
US-Präsident Obama
in klaren Worten
signalisiert hat,
dass er sie
„nächstes Jahr“ als
vollwertiges
Mitglied der
Vereinten Nationen
begrüßen wolle. Aus
der Begrüßung ist
jedoch inzwischen
eine schroffe
Ablehnung geworden.
Dass Obama
schließlich vor den
Israelis und ihremn
gewaltigen Druck im
Kongress und in der
amerikanischen
Öffentlichkeit auf
die Knien gegangen
ist, kann man den
Palästinensern nicht
vorwerfen, sondern,
wenn überhaupt, den
Israelis. Wenn Sie,
Herr Graumann, das
Format eines Leo
Baeck, eines Martin
Buber oder eines Uri
Avnery hätten, dann
würden Sie im Namen
der jüdischen Ethik
und im Namen der
deutschen Juden, die
Sie nun mal
repräsentieren,
Israel auffordern,
endlich den Antrag
der Palästinenser zu
unterstützen.
Solange Sie das aber
nicht tun, werde ich
nicht müde, zu
behaupten, dass Sie
mich nicht
vertreten, niemals.
Nur als zwei
gleichberechtigte
und gleich souveräne
Staaten können
Palästinenser und
Israelis miteinander
Frieden schließen.
Wenn aber „Experten“
wie Sie auch
weiterhin
leichtfertig Gift
und Misstrauen
verbreiten und
weiter ihre
unmaßgebliche und
leider auch
vollkommen
inkompetente Meinung
von sich geben, wird
jede weitere Chance
für die Zukunft
verspielt. Sie
behaupten
leichtfertig und
arrogant, dass die
Palästinenser
„wieder dabei sind,
alle Möglichkeiten
zu einem wirklichen
Ausgleich
auszulassen“. Sie
denken dabei wohl an
den berühmten
Ausspruch Abba Ebans:
„Die Palästinenser
nutzen jede
Gelegenheit, eine
Gelegenheit zu
verpassen“. Die
Chance, die hier
verspielt wird, ist
nicht die Chance der
Palästinenser,
sondern die Chance
der Israelis. Die
Palästinenser sind
ein geduldiges Volk,
sie haben die 200
Jahre währende
Herrschaft der
Kreuzritter
überlebt, die fast
700 Jahre andauernde
Herrschaft der
Osmanen und 30 Jahre
britischer
Herrschaft. Sie
werden auch die
Herrschaft der
Israelis überleben,
wenn die Israelis
nicht bald aus dem
Leben im
Nebeneinander, ein
Leben im Miteinander
machen. Schon Martin
Buber hat vor fast
100 Jahren gesagt:
Wenn aus dem
Nebeneinander nicht
bald ein Miteinander
wird, dann wird es
am Ende ein zu einem
Gegeneinander
ausarten. Bei einem
Gegeneinander haben
aber die
Palästinenser den
längeren Atem und
die größere Geduld.
Denn, lieber Herr
Graumann, wir Juden
sind doch bekannt
als ein sehr
ungeduldiges Volk.
Last but not least
darf ich Ihnen dazu
noch Folgendes
sagen: Bevor die
Kreuzritter ins
Heilige Land kamen,
lebten dort schon
die Menschen, die
man heute
Palästinenser nennt.
Wenn Sie aber
zeitgeschichtlich
linear zurückgehen,
dann werden Sie
zwangsläufig
herausfinden, dass
diese Menschen, die
Mitte des 7.
Jahrhunderts Muslime
geworden sind,
vorher, im 4.
Jahrhundert,
Christen geworden
waren und davor
Juden gewesen waren
–, nichts anderes
also, als unsere
antiken Schwestern
und Brüder, auf die
wir ja unseren
angeblichen Anspruch
auf Palästina
stützen. Es ist also
die Ironie der
Geschichte, dass die
Palästinenser die
direkten Nachfahren
der antiken Juden
sind, während solche
Juden wie Sie und
ich nur auf Umwegen
die Nachfolger des
antiken Judentums
sind. Es ist der
Treppenwitz der
Geschichte, dass wir
heute so brutal und
kompromisslos gegen
die Nachkommen
unserer eigenen
Vorfahren kämpfen.
Allerdings ist es
eine altbekannte
Weisheit, dass
Auseinandersetzungen
innerhalb der
Familie brutaler
sein können, als die
mit Fremden