Palästinensische
Frauenverband in Deutschland e.V. - 30.04.2016
Informations- und
Diskussionsveranstaltung in Berlin.
„Palästinensische Frauen und Jugendliche in
israelischen Gefängnissen -
Narben für das ganze Leben“.
Text - Foto - Video
Der
Palästinensische Frauenverband
in Deutschland e.V. begrüßte
am 30.04.2016 zahlreiche
interessierte Gäste zu seiner
zweiten Informations- und
Diskussionsveranstaltung in Berlin.
Diesmal hieß das Thema:
„Palästinensische Frauen und
Jugendliche in israelischen
Gefängnissen - Narben für das
ganze Leben“.
Im Rahmen dieser
Veranstaltung stand die
menschenunwürdige
Lebenssituation der
palästinensischen Frauen und
Kinder in israelischer
Militärjustiz im Mittelpunkt.
Unsere Absicht
war es,
die breite Öffentlichkeit zu
informieren und der Stimme der
in israelischen Gefängnissen
sitzenden Häftlinge Gehör
zu verschaffen, aber auch deren
Familien, die ständig in
Ungewissheit und Sorge um Ihre
Kinder und
andere Familienangehörige leben.
Es wurde ebenso auf das
Schicksal vieler Gefangenen mit
erschütternden Videobeiträgen
und in den Ansprachen eingegangen.
Trotz Israels
systematischer Anwendung
von Rechtsbrüchen erfährt die
Problematik in der
Öffentlichkeit keine ausreichende
Aufmerksamkeit.
Nach Angaben der
Vereinten Nationen wird die Zahl
der in israelischen
Militärgerichten verurteilten
palästinensischen Frauen,
Männer, Jugendliche und
Kinder auf mehr als 700 000
geschätzt.
Dies entspricht
fast 25 Prozent der gesamten
palästinensischen Bevölkerung in
den israelisch besetzten
Gebieten.
Derzeit befinden
sich insgesamt über 7000
Palästinenser unter
menschenunwürdigen Bedingungen
in israelischen Gefängnissen,
darunter
– etwa 750
Menschen in illegaler
sogenannter Administrativhaft
– um die 126 Frauen und
– rund 430 Minderjährige im
Alter von 11 bis 17 Jahren.
Jährlich werden
zwischen 500 und 700 Kinder
durch israelische Polizei,
das Militär oder Militärgerichte
verfolgt, was
durchschnittlich fast zwei
Festnahmen am
Tag bedeutet.
Die
palästinensische Bevölkerung in
den besetzen Gebieten untersteht
im Gegensatz zur israelischen
nicht dem Zivilrecht, sondern
einer
israelischen Militärgerichtsbarkeit, die auf
vielfältige Art und Weise das
tägliche Leben der Menschen
erschwert.
So wird es den
Häftlingen verweigert,
palästinensische Anwälte zu
konsultieren und Familien aus
den besetzten Gebieten können
oftmals aufgrund von nicht
erteilten Genehmigungen ihre
Angehörigen im Gefängnis nicht
besuchen. Die Zustände in
israelischen Gefängnissen sowie
die Behandlung der
palästinensischen Gefangenen
sind menschenunwürdig und
verletzen in vielerlei Hinsicht
internationales Recht.
Palästinensische
Gefangene berichten immer wieder von
Folter und
Misshandlungen bei der Festnahme
und in der Haft, dass sie in
schmerzhaften Positionen
festgebunden, geschlagen, über
längere Zeit in Einzelhaft
gehalten werden, dass ihnen
ausreichende Nahrung und
medizinische Versorgung
vorenthalten werden. Auch die
hygienischen Bedingungen in den
israelischen Gefängnissen sind
unzureichend.
Die
brutale
Festnahme von Minderjährigen erfolgt
in den meisten Fällen mitten in
der Nacht,
in der die Kinder und
Jugendlichen aus den Wohnungen
gezerrt, verhaftet und später
allein verhört werden. Die
verzweifelten Eltern müssen die
Festnahme hilflos mitansehen.
JA, es wurde ausführlich
über diese Tragödie informiert,
gemeinsam wurde diskutiert
und zusammen überlegt,
wie den Menschen in den
besetzten Gebieten geholfen
werden kann und auch den
palästinensischen Gefangenen signalisiert:
"Bitte gebt nicht auf,
verzweifelt nicht, auch wenn
eure Situation so tragisch ist."
Wir wollen ihnen sagen: "Es gibt
zwar momentan keine Sicherheit,
dennoch gibt es Hoffnung!
Verliert euren Lebenswillen
nicht, denn die Hoffnung auf
Frieden stirbt zuletzt!!!"
Es wurde über die
systematische und exzessive
Anwendung der Administrativhaft
gesprochen, die ebenso
völkerrechtswidrig ist
und ein schwerer Bruch des
internationalen Rechts.
Diese Art und
Weise des Umgangs
mit palästinensischen Administrativhäftlingen
in Israel, einschließlich
ihres Unterbringungsortsund der
Haftbedingungen, läuft
allerdings nicht
nur den internationalen
Menschenrechtsstandards, sondern
auch dem humanitären Völkerrecht
zuwider.
Wir bewundern
diese Menschen
in den israelischen
Gefängnissen, wie sie
ihren Alltag unter solch
menschenunwürdigen Umständen
bewältigen und immer noch an
ihrem Lebenswillen und dem
Wunsch nach Freiheit und
Gerechtigkeit festhalten.
Diesen
Lebenswillen wollen wir
stärken!
Unter den
namhaften ReferentInnen waren
Frau Felicia Langer, Herr
Abraham Melzer, Herr Ayed Abu
Eqtaish, Herr Ihsan Adel
(Euro-Mid) und Frau Ulrike
Vestring
(FrauenWegeNahost). Ihre
Solidarität mit dem
palästinensischen Volk hat ihr
berufliches und privates Leben
bestimmt, weil sie sich ganz
besonders, jeder in seinem
Bereich, für einen gerechten
Frieden einsetzen. Für diesen
Einsatz sind wir Ihnen sehr
dankbar.
Es ist die
Juristin, Friedensaktivistin und
Trägerin des
Bundesverdienstkreuzes und
Buchautorin Felicia Langer aus
Tübingen, sie gehört sicherlich
zu den wichtigsten und mutigsten Stimmen,
wenn es um Frieden und
Gerechtigkeit im Nahen-Osten
geht.
Frau Felicia
Langer war
als Rechtsanwältin die erste,
die die Palästinenser vor
israelischen Militärgerichten
verteidigt hat nach dem Krieg
von 1967. Insgesamt 23
Jahre kämpfte sie für
Gerechtigkeit und setzte ein
Zeichen gegen
das israelische Besatzungs-Regime.
Und nicht nur
das, sofort begann sie neben
dieser juristischen Arbeit ihre
schrecklichen Erlebnisse
in israelischen Gefängnissen und
vor dem Militärgericht aufzuschreiben.
Ihr erstes Buch, das
schließlich in 10 Sprachen
erschienen ist, heißt "With my
own eyes" - "Mit eigenen Augen",
denn Frau Langer schilderte,
ebenfalls als Erste, dass und
wie palästinensische Gefangene
in israelischen Gefängnissen
gefoltert wurden.
Den damals
22jährigen Palästinenser Sami,
der ohne sie sicherlich im
Gefängnis verzweifelt wäre, weil
er die Folter und die falschen
Beschuldigungen nicht mehr
ertragen konnte, hat Frau
Felicia Langer verteidigt und
gerettet. Sami lebt heute in
Amerika, ist verheiratet, hat
drei Kinder und seine Tochter
heißt, wie übrigens mehrere
Frauen in Palästina, Felicia -
das heißt "die Glückliche" – aus
Dankbarkeit für ihre Hilfe
und für die Liebe, die
Frau Felicia Langer den Menschen
immer gezeigt hat.
Frau Felicia
Langer berichtete in ihrer Rede
„Die Lage der palästinensischen
Gefangenen unter der
israelischen Besatzung -Israel
verachtet das Völkerrecht" über
ihre Erlebnisse und die
Schwierigkeiten bei ihrer Arbeit
als Menschenrechtsanwältin der
palästinensischen Gefangenen in
israelischen Gefängnissen.
Abschließend in ihrer Rede
appellierte Frau Felicia Langer
an die Menschheit: „Wir müssen
unsere Stimme erheben; Wir
müssen die Welt alarmieren, im
Namen der Menschlichkeit! Jede
Stimme zählt! Zusammen sind wir
stark!"
Ebenso
referierte die Friedensaktivistin und
Nahost-Expertin Frau Ulrike
Vestring. Frau Vestring hat
lange in verschiedenen Ländern
des Nahen und Mittleren Ostens
gelebt. Sie ist
Gründungsmitglied des
Internationalen Frauenzentrums
FrauenWegeNahost und des
Arbeitskreises Israel/Palästina
in Bonn und gehört dem Bonner
Friedensbündnis an. Neben ihrer
Übersetzertätigkeit schreibt sie
Berichte, Geschichten und
Gedichte und ist Autorin der
Broschüre: „Palästinensische
Minderjährige in den Fängen der
israelischen Militärjustiz.“
Frau Vestring
ging in ihrer Rede hauptsächlich
auf die erst kürzlich
freigelassene jüngste Gefangene,
die 12jährige Dina Al Wawi ein.
Sie schilderte, welcher
psychischen und physischen Qual
und Folter die Kinder in
israelischen Gefängnissen
ausgesetzt sind und wie es den
Kindern nach einer Entlassung
geht. Hier wurde der Titel der
Veranstaltung „Narben für das
ganze Leben“ sehr deutlich.
Herr Melzer, der
Buchautor, Journalist und
Verleger ist, hat viele wichtige
Bücher herausgebracht,
hauptsächlich zum Thema
Nahostkonflikt, aber auch
Gedichte von Erich Fried und
vieles weitere - u.a. die
Übersetzung des über 600 Seiten
starken Goldstone-Reports über
den israelischen Überfall auf
Gaza Ende Dezember 2008 bis zum
18. Januar 2009.
Herr Melzer
ging in
der Podiumsdiskussion auf die
Politik Israels ein und
berichtete über sämtliche
Menschen- und
Völkerrechtsverletzungen der
israelischen Besatzungsmacht.
Am Tag dieser
Informations- und
Diskussionsveranstaltung stand auch
die Neuauflage des Buches „Mit
eigenen Augen“ von Felicia
Langer zum Verkauf. In diesem
Buch beschreibt Felicia ihre
ersten Jahre als Rechtsanwältin
in Jerusalem. Das erschreckende an
diesem Buch ist, dass seit 1968,
also beinahe seit 50 Jahren,
alles nicht nur so geblieben
ist, wie es damals war,
sondern es ist viel schlimmer
geworden.
Felicia Langer
beschreibt, wie nach und nach
die ersten Palästinenser zu ihr
gekommen sind mit der Bitte um
Rechtsschutz und um Vertretung
vor den feindlichen Behörden und
der feindlichen Militärjustiz.
Sie beschreibt es mit viel
Engagement, mit Herzblut und
Streben nach Recht und
Gerechtigkeit.
Herr Ihsan Adel,
der sich wegen seiner Promotion
momentan in Deutschland
aufhält, gehörte ebenso zu
den wichtigen Referenten der
Veranstaltung. Herr Adel ist
Rechtsberater, Buchautor und
Vertreter des Euro-Mediterranean
Human Rights Monitor.
Euro-Med-Monitor
ist eine gemeinnützige,
nichtstaatliche
Menschenrechtsorganisation, die
sich mit den
Menschenrechtsverletzungen
auseinandersetzt und sich für
die Einhaltung
der Menschenrechte einsetzt.
Der Hauptsitz dieser
Organisation ist in Genf.
Herr Ihsan Adel
berichtete aus seinem Fachgebiet
über sämtliche Verstöße der
israelischen Besatzungsmacht und
schilderte teilweise anhand von
konkreten Beispielen, durch welche
Art von Verstoß die israelische
Besatzungsmacht
völkerrechtswidrig handelt.
Der extra aus
Ramallah angereiste Herr Ayed
Abu Eqtaish zählte ebenso zu den
Ehrengästen dieses Tages. Herr
Abu Eqtaish ist seit dem Jahre
2000 im "Defense for Children
International-Palestine" als
Vorsitzender tätig. "Defense for
children International
–Palestine" ist eine unabhängige
palästinensische
Kinderrechtsorganisation mit dem
Ziel, die Rechte von Kindern zu
verteidigen und zu fördern, im
Westjordanland, in Ost Jerusalem
und in Gaza. Herr Abu Eqtaish
stellte den Report vor "No Way
to Treat a Child: Palestinian
Children in the Israeli Military
Detention System“, der erst
aktuell im April 2016
veröffentlicht wurde. In dem
Report werden
die auf Menschenrechtsverletzungen
an Kindern untersucht und
dokumentiert.
In der Rede von
Herrn Ayed Abu Eqtaish wurden
die Zuhörer in eine
Welt versetzt, in der sie
Schritt für Schritt über die
brutale Vorgehensweise bei einer
Festnahme der palästinensischen
Kinder und Jugendlichen informiert
wurden. Dieses von der
israelischen Besatzungsmacht
angewandte grausame Vorgehen
schockierte die Gäste sehr.
Auch ein Grußwort
von der Bundestagsabgeordneten der
Fraktion Die Linke, Frau
Christine Buchholz, wurde vom
Mitarbeiter der Fraktion Die
Linke vorgelesen.
Der
Palästinensische Frauenverband
in Deutschland e.V. spürt die
Solidarität der Mitmenschen in
Deutschland, seien es Politiker,
Journalisten, Juristen
oder Menschen aus anderen
Bereichen, so dass es uns motiviert,
solche
Informationsveranstaltungen zu
organisieren und in den Dialog
mit den deutschen Bürgern zu
treten, um
mehr Transparenz zu schaffen.
„Dieses
Engagement der Mitmenschen
wollen und können wir nicht
übersehen, jedoch benötigt das
palästinensische Volk in den
besetzten Gebieten noch deutlich
stärkere Solidarität bezüglich
des Nahost-Konfliktes auf der
palästinensischen Seite. Unsere
Stimme muss noch lauter werden
und die deutsche Bundesregierung
erreichen, um durch die Politik mehr
Druck auf die israelische
Besatzungspolitik auszuüben und
dem Frieden näher zu kommen.“,
so Frau Ghousun Abu Shammala,
Organisatorin dieser
Informations- und
Diskussionsveranstaltung.
VIDEOS
Alone

Narben für das ganze
Leben 1

Narben für das ganze Leben 2

Narben für das ganze Leben 3

FOTOS
















